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Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One

Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One

Titel: Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One
Autoren: Harlan Coben
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Leben, würden wir den 21. Strich in den Baum ritzen. So seltsam das auch klingen mochte, aber morgen würde für mich kein besonders anstrengender Tag werden. An Jahres-, Feier- oder Geburtstagen bin ich so überdreht, dass ich sie meist problemlos überstehe. Die ganz normalen Tage sind bitter. Wenn ich mit der Fernbedienung herumspiele und in eine alte Folge von Mary Tyler Moore oder Cheers gerate. Wenn ich durch eine Buchhandlung gehe und ein neues Buch von Alice Hoffman oder Anne Tyler sehe. Wenn ich mir Stücke von den O’Jays, den Four Tops oder Nina Simone anhöre. Die ganz normalen Dinge.
    »Ich habe Elizabeths Mutter versprochen, dass ich bei ihr reinschaue«, sagte ich.
    »Ach, Beck …« Sie wollte schon anfangen zu drängeln, fing sich dann aber und fragte: »Und danach?«
    »In Ordnung«, sagte ich.
    Shauna ergriff meinen Arm. »Du verschwindest schon wieder, Beck.«
    Ich antwortete nicht.
    »Ich liebe dich. Das weißt du. Wenn du auch nur das geringste bisschen Sexappeal hättest, hätte ich damals wahrscheinlich etwas mit dir angefangen statt mit deiner Schwester.«
    »Das ist jetzt aber sehr schmeichelhaft«, meinte ich. »Ehrlich.«
    »Mach mir gegenüber nicht dicht. Wenn du mich nicht an dich ranlässt, lässt du niemanden ran. Rede mit mir, okay?«
    »Okay«, sagte ich. Aber es ging nicht.

    Fast hätte ich die E-Mail gelöscht.
    Ich kriege so viel Junk-Mails, Werbe-Mails, Spam und was sonst noch alles dazugehört, dass ich mit der Löschtaste ziemlich fix geworden bin. Zuerst lese ich die Adresse des Absenders. Wenn es jemand ist, den ich aus der Klinik kenne, ist alles in Ordnung. Wenn nicht, drückte ich voller Begeisterung die Löschtaste.
    Ich saß am Schreibtisch und ging die Planung für den Nachmittag durch. Der Terminkalender war gerammelt voll, was nicht weiter überraschend war. Ich drehte den Schreibtischstuhl, sah den Computer an und machte den Löschfinger startklar. Nur eine einzige E-Mail. Die, die Homer vorhin zum Jubilieren gebracht hatte. Ich überflog sie kurz und mein Blick blieb an den ersten beiden Buchstaben in der Betreffzeile hängen.
    Was zum …?
    Das Fenster war so aufgeteilt, dass ich nur diese beiden Buchstaben und die E-Mail-Adresse des Absenders sehen konnte. Ich kannte die Adresse nicht. Ein paar Ziffern @comparama.com. Ich kniff die Augen zusammen und drückte auf den rechten Scroll-Button. Buchstabe für Buchstabe erschien der Betreff der Mail. Mit jedem Klick schlug mein Herz ein bisschen schneller. Mein Atem ging stoßweise. Ich hielt meinen Finger auf der Taste und wartete.
    Als ich fertig war, als alle Zeichen sichtbar waren, las ich die Zeile noch einmal, und während ich das tat, spürte ich einen harten, dumpfen Schlag in der Brust.

    »Dr. Beck?«
    Ich bekam kein Wort heraus.
    »Dr. Beck?«
    »Einen Augenblick, Wanda.«
    Sie zögerte. Ich hörte, dass sie den Knopf der Gegensprechanlage noch gedrückt hielt. Dann ließ sie ihn los.
    Ich starrte weiter auf den Bildschirm.
    An: [email protected]
Von: [email protected]
Betreff: E.P.+ D.B. /////////////////////
    Einundzwanzig Striche. Ich habe sie schon vier Mal gezählt.
    Es war ein gemeiner, kranker Scherz. Das war mir klar. Meine Hände ballten sich zu Fäusten. Ich fragte mich, welcher feige Wichser mir das geschickt hatte. Es war so leicht, anonyme E-Mails zu schicken. Ein ideales Medium für verklemmte Techno-Angsthasen. Aber nur sehr wenige Menschen wussten von dem Baum und unserem Jahrestag. Die Medien hatten nie davon erfahren. Dass Shauna Bescheid wusste, verstand sich von selbst. Und Linda. Vielleicht hatte Elizabeth es ihren Eltern oder ihrem Onkel erzählt. Aber ansonsten …
    Von wem war die Mail also?
    Natürlich wollte ich die Mail lesen, doch irgendetwas hielt mich davon ab. Tatsache ist, dass ich häufiger an Elizabeth denke, als ich es nach außen hin zeige. Ich glaube nicht, dass ich dadurch jemanden täuschen kann - trotzdem rede ich fast nie über sie oder über das, was geschehen ist. Viele Leute halten das für Macho-Allüren oder Tapferkeit, sie meinen, dass ich meine Freunde und Bekannten nicht damit behelligen will, dass ihr Mitleid mir peinlich ist oder ähnlichen Unsinn. Aber das stimmt nicht. Es tut weh, wenn ich über Elizabeth rede. Es tut sogar sehr weh. Es erinnert mich an ihren letzten Schrei. Es erinnert mich an die vielen offenen Fragen. Es erinnert mich an das, was hätte sein können. (Ich versichere Ihnen, dass kaum etwas eine so verheerende Wirkung entwickelt,
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