Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One

Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One

Titel: Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One
Autoren: Harlan Coben
Vom Netzwerk:
lief um die Biegung. Da stand der Baum. Als ich näher kam, spürte ich, wie mir Tränen in die Augen stiegen.
    Unsere eingeritzten Initialen - E.P. + D.B. - waren mit der Zeit nachgedunkelt. Genau wie die dreizehn Striche, die wir hineingeritzt hatten. Ich starrte sie kurz an, streckte dann zaghaft die Hand aus und streichelte die Rillen. Nicht die Initialen. Nicht die dreizehn Striche. Meine Finger fuhren über die acht frischen, noch weißen Striche, aus denen Harz sickerte.
    Dann hörte ich sie sagen: »Ich weiß, du findest das kitschig.«
    Mein Herz explodierte. Ich drehte mich um. Und da war sie.
    Ich konnte mich nicht rühren. Ich konnte nicht sprechen. Ich starrte ihr nur ins Gesicht. Ihr schönes Gesicht. Diese Augen. Ich fühlte mich wie im freien Fall, als würde ich einen dunklen Schacht hinabstürzen. Ihr Gesicht war schmaler, die Yankee-Wangenknochen traten etwas stärker hervor, und ich glaube nicht, dass ich je in meinem Leben etwas so Vollkommenes gesehen hatte.
    Ich erinnerte mich an die Träume, die mich genarrt hatten - die nächtlichen Augenblicke des Entkommens, in denen ich sie in den Armen hielt, ihr Gesicht streichelte und die ganze Zeit den Eindruck hatte, dass mich etwas von ihr wegriss, wobei ich selbst in diesen Momenten der Glückseligkeit wusste, dass es nicht real war, dass ich schon bald wieder in die Welt des Wachseins zurückgeworfen werden würde. Die Angst, dass es auch jetzt so sein könnte, überrollte mich, presste mir die Luft aus der Lunge.
    Elizabeth schien meine Gedanken lesen zu können und nickte, als wollte sie sagen: Ja, es ist wahr. Sie machte einen zaghaften Schritt auf mich zu. Ich konnte kaum atmen, doch es gelang mir, den Kopf zu schütteln, auf die frisch eingeritzten Striche zu zeigen und zu sagen: »Nein, ich finde es romantisch.«
    Sie erstickte ihr Schluchzen mit der Hand und rannte auf mich zu. Ich breitete die Arme aus, und sie sprang hinein. Ich drückte sie an mich. Ich drückte sie an mich, so fest ich konnte. Mit geschlossenen Augen. Ich roch den Flieder und den Zimt in ihren Haaren. Sie presste ihr Gesicht an meine Brust und schluchzte. Wir umarmten uns, klammerten uns aneinander. Sie … passte noch immer zu mir. Die Konturen, die Linien unserer Körper brauchten sich nicht neu auszurichten. Ich legte die Hand um ihren Hinterkopf. Ihr Haar war kürzer, aber es fühlte sich immer noch genauso an. Ich spürte, dass sie zitterte, und ich bin sicher, dass es ihr mit mir nicht anders erging.
    Unser erster Kuss war heftig und vertraut und beängstigend inbrünstig. Zwei Menschen, die endlich wieder an die Oberfläche gekommen waren, nachdem sie die Tiefe des Wassers, in das sie eingetaucht waren, vollkommen falsch eingeschätzt hatten. Die Jahre schmolzen dahin, der Winter machte dem Frühling Platz. So viele Gefühle überwältigten mich. Ich versuchte nicht, sie zu ordnen oder zu verstehen. Ich ließ es einfach geschehen.
    Sie hob den Kopf und sah mir in die Augen. Ich konnte mich nicht rühren. »Es tut mir Leid«, sagte sie, und ich dachte, mein Herz würde gleich wieder zerspringen.
    Ich umklammerte sie. Ich umklammerte sie und fragte mich, ob ich es je riskieren könnte, sie wieder loszulassen. »Verlass mich bloß nicht noch einmal«, sagte ich.
    »Niemals.«
    »Versprochen?«
    »Versprochen.«
    Wir hielten uns umschlungen. Ich drückte mich an ihre wunderbare Haut. Ich streichelte ihren muskulösen Rücken. Ich küsste ihren Schwanenhals. Ich blickte sogar zum Himmel hinauf und hielt sie dabei einfach nur fest. Wie?, fragte ich mich. Wie konnte es etwas anderes sein als ein weiterer grausamer Scherz? Wie konnte sie am Leben und wieder bei mir sein?
    Es war mir egal. Ich wünschte mir so sehr, dass es wahr war. Ich wünschte mir, dass es weiterging.
    Aber noch während ich sie so an mich drückte, riss mich das Klingeln des Handys aus meiner Traumwelt. Einen Augenblick lang überlegte ich, ob ich es einfach klingeln lassen sollte, doch nach allem, was passiert war, hatte ich keine Wahl. Menschen, die wir liebten, hatten uns geholfen. Wir konnten sie nicht einfach links liegen lassen. Das wussten wir beide. Immer noch einen Arm um Elizabeth gelegt - ich wollte sie nie wieder loslassen -, hielt ich das Telefon ans Ohr und sagte: »Hallo?«
    Es war Tyrese. Und während er sprach, spürte ich, wie mir langsam wieder alles entglitt.

44
    Wir parkten auf dem unbewohnten Grundstück bei der Riker-Hill-Grundschule und gingen Hand in Hand über das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher