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Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One

Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One

Titel: Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One
Autoren: Harlan Coben
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wollte.« Dann brach ich ab und wartete. Ich wartete so lange, bis er mich anschaute. Es dauerte eine Weile, aber schließlich tat er es. Und ich sah es in seinen Augen. Er blinzelte nicht und versuchte nicht, es zu leugnen. Ich sah es. Und er wusste, dass ich es sah.
    »Hast du meinen Vater umgebracht, Hoyt?«
    Er nahm einen kräftigen Schluck aus seinem Glas, ließ ihn kurz im Mund kreisen und schluckte schwer. Etwas Whiskey blieb in seinem Mundwinkel hängen. Er wischte ihn nicht ab. »Schlimmer«, sagte er und schloss die Augen. »Ich habe ihn verraten.«
    Die Wut in meiner Brust wollte überkochen, meine Stimme klang jedoch überraschend ruhig. »Warum?«
    »Ach komm, David. Das muss dir doch inzwischen klar geworden sein.«
    Wieder packte mich die Wut. »Mein Vater hat mit Brandon Scope gearbeitet«, fing ich an.
    »Mehr noch«, unterbrach er mich. »Griffin Scope hatte deinen Vater gebeten, Brandon anzulernen. Sie haben sehr eng zusammengearbeitet.«
    »So wie später Brandon und Elizabeth.«
    »Ja.«
    »Und während dieser Zusammenarbeit hat mein Vater entdeckt, was für ein Monster Brandon in Wirklichkeit war. Stimmt’s?«
    Hoyt trank einfach weiter.
    »Er wusste nicht, was er machen sollte«, fuhr ich fort. »Er hatte Angst, es jemandem zu erzählen, konnte es aber auch nicht einfach auf sich beruhen lassen. Die Schuld hat an ihm genagt. Darum war er in den Wochen vor seinem Tod so still.« Ich hielt inne und dachte an meinen Vater: verängstigt, allein, ausweglos. Warum hatte ich das damals nicht erkannt? Warum hatte ich nicht über meinen Horizont hinausgeblickt und seinen Schmerz gesehen? Warum war ich nicht auf ihn zugegangen? Warum hatte ich ihm nicht geholfen?
    Ich sah Hoyt an. Ich hatte eine Pistole in der Tasche. Es wäre so einfach gewesen. Ich hätte nur die Waffe zu ziehen und abzudrücken brauchen. Peng. Weg.
    Nur dass ich aus eigener Erfahrung wusste, dass das keine Lösung war. Ganz im Gegenteil.
    »Weiter«, sagte Hoyt.
    »Irgendwann hat Dad sich dann einem Freund anvertraut. Aber nicht irgendeinem Freund, sondern einem Cop. Einem Cop, der für die Stadt arbeitete, in der die Verbrechen begangen wurden.« Wieder geriet mein Blut in Wallung. »Dir, Hoyt.«
    In seinem Gesicht bewegte sich etwas.
    »Liege ich so weit richtig?«
    »So ziemlich«, antwortete er.
    »Du hast es den Scopes erzählt, stimmt’s?«
    Er nickte. »Ich dachte, sie würden ihn versetzen oder so was. Ihn von Brandon fern halten. Ich hätte nie erwartet …« Er verzog das Gesicht, offenbar gefiel ihm das Rechtfertigende in seiner Stimme nicht. »Wie bist du drauf gekommen?«
    »Zum einen der Name Melvin Bartola. Er war Zeuge des angeblichen Unfalls, bei dem mein Vater umgekommen ist, aber natürlich hat auch er für Scope gearbeitet.« Das Lächeln meines Vaters blitzte vor meinem geistigen Auge auf. Ich ballte die Fäuste. »Und dazu kam die Lüge, dass du mir das Leben gerettet hättest«, fuhr ich fort. »Du bist zum See zurückgekommen, nachdem du Bartola und Wolf erschossen hattest. Aber nicht um mich zu retten. Du hast kurz nachgeschaut, keine Bewegung gesehen, und du dachtest wohl, ich wäre tot.«
    »Ich dachte, du wärst tot«, wiederholte er. »Das heißt nicht, dass ich mir deinen Tod gewünscht habe.«
    »Wortklauberei«, sagte ich.
    »Ich hab nie gewollt, dass dir etwas passiert.«
    »Aber als es dann doch dazu gekommen ist, warst du nicht gerade untröstlich«, sagte ich. »Du bist zum Wagen zurückgegangen und hast Elizabeth erzählt, ich sei ertrunken.«
    »Ich wollte sie überreden unterzutauchen«, sagte er. »Das half natürlich.«
    »Du musst ziemlich überrascht gewesen sein, als du erfahren hast, dass ich noch am Leben bin.«
    »Eher schockiert. Wie hast du das überhaupt gemacht?«
    »Spielt keine Rolle.«
    Hoyt lehnte sich erschöpft zurück. »Wahrscheinlich nicht«, stimmte er zu. Wieder veränderte sich sein Gesichtsausdruck. Mit der nächsten Frage überraschte er mich: »Und was willst du sonst noch wissen?«
    »Du streitest nichts davon ab?«
    »Nein.«
    »Und du kanntest Melvin Bartola, stimmt’s?«
    »Stimmt.«
    »Bartola hat dir den Tipp mit dem geplanten Mord an Elizabeth gegeben«, sagte ich. »Ich weiß nicht, was da passiert ist. Vielleicht hat er Gewissensbisse bekommen. Vielleicht wollte er nicht, dass sie stirbt.«
    »Bartola und Gewissensbisse?« Er gluckste. »Jetzt mach mal halblang. Er war ein hinterhältiger, asozialer Aasgeier. Er ist zu mir gekommen, weil er dachte, er
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