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Kein Schwein bringt mich um

Kein Schwein bringt mich um

Titel: Kein Schwein bringt mich um
Autoren: Martin Michael; Springenberg Bresser
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vermeiden.
    Â»Denk dran, dies ist deine letzte Chance. Ich kann mein Vermögen auch Greenpeace vererben, auch wenn ich Unruhestifter genauso wenig mag wie meine Krebszellen. Immerhin haben die mich noch nicht angelogen. Zurück zum Thema: Mein Physiotherapeut hat ein Sportprogramm zusammengestellt und diesem Chuck zugefaxt. Ferner haben wir einen schriftlichen Vertrag abgeschlossen, in dem er deine sportlichen Fortschritte garantiert. Und glaube mir: Chuck steht das Wasser bis zum Hals. Er wird schon aus reinem Selbsterhaltungstrieb dafür sorgen, dass du deinen Körper wieder auf Vordermann bringst.«
    Das war ein nettes Schlusswort. Wir legten auf. Klaus Nannen mit dem Gefühl, der allmächtige Zampano zu sein, und ich in der Gewissheit, dass ich mit ihm in diesem Leben auf keinen grünen Zweig kommen würde. Aber es gab Schlimmeres, zum Beispiel die Pflichtbesuche in der Muckibude.
    Was nun? Warum nicht meine schlechte Laune mit Arbeit vertreiben?
    Und so verbuchte ich im Laufe des Vormittags zahlreiche Ausgangsrechnungen über Schweinehälften und Eingangsrechnungen über Futter, wobei das Pendel eindeutig Richtung Schweinehälften ausschlug. War schon lukrativ, was Günter da auf die Beine gestellt hatte.
    Die Schweinezucht war jedoch nicht die einzige Einnahmequelle: Günter Rexforth war alleiniger Eigentümer des Hagenhofs, eines Ferienbauernhofs im Merfelder Bruch, dem Dülmener Vorzeigeortsteil. Denn in Merfeld hausten die Wildpferde. Die Herzöge von Croy hatten vor hundertfünfzig Jahren für die rund dreihundert Tiere ein Reservat geschaffen. Als einziges Wildgestüt dieser Art in Europa wurde der 1975 Dülmen angeschlossene Ortsteil das Aushängeschild der Stadt. Marlboro Country mitten im Münsterland. Wer grenzenlose Weite, Freiheit und den Geruch der Wildnis erleben wollte, war hier genau richtig. Ich liebte diesen Flecken.
    Der Hagenhof war ursprünglich ein konventioneller Vieh- und Getreideanbaubetrieb gewesen mit Tausenden Schweinen, Ziegen, Kühen und anderem Getier. Vor drei Jahren hatte Günter genau an seinem fünfzigsten Geburtstag die Eingebung gehabt, die Schönheit der Kulisse für einen Ferienbauernhof zu nutzen, hatte alle Tiere bis auf die Schweine und ein paar Pferde verkauft und zehn Ferienwohnungen hochgezogen. Mit Erfolg, wie man im Dorf munkelte. Das rief natürlich Neider auf den Plan. So hatte ich in der Kirche oder bei Dorffesten gehört, dass Günter neuerdings die Nase gen Himmel streckte und auf seine popeligen Nachbarn herabschaute. Konnte ich noch nicht beurteilen. Bisher hatte er sich mir als wortkarger Landwirt mit ausgeprägtem Geschäftssinn präsentiert.
    Ich kannte Günter, Spitzname »Bär«, bereits aus der Kirche, wo ich ab und an die Tasten der maroden Orgel malträtierte. Eigentlich gehörte er zur Merfelder Gemeinde St.   Antonius, aber als Geschäftsmann ließ er sich auch in Buldern und allen anderen Dülmener Gemeinden blicken. Den Spitznamen »Bär« besaß er seit der Jugend wegen seines nicht gerade knabenhaften Körperbaus.
    Das erst mal zu Rexforth. Bär weilte bis zum frühen Nachmittag auf einer Agrarkonferenz in Münster, sodass ich meine Mittagspause ausdehnte und mir noch einen türkischen Mokka gönnte.
    Zurück auf dem Hagenhof, erwartete mich Günter im Wohn-/Esszimmer des Haupthauses, das rustikal gemütlich eingerichtet war. Vorhänge mit naiven Bauernmalereien, ebensolche auf Tapete und Tür. Ein Eichentisch mit zwölf Sitzgelegenheiten und vor dem Kamin die Ledergarnitur. Bequem, solange man nicht drin sitzen musste.
    Neben Günter, der in einen grauen Arbeitsanzug mit Tierexkrementen gekleidet war, thronte seine Gattin Emily, die mit ihren fünfunddreißig Lenzen knappe zwanzig Jahre jünger als der Großbauer war und nicht so recht zum zünftigen Ambiente passte. Mit ihren offensiv zur Schau getragenen Reizen hatte sie durchaus das Zeug zum Z-Promi Marke Verena Kern. Heute steckten ihre langen Beine in einer dunkelgrauen Röhrenjeans, und der Bereich zwischen Hosenbund und Kinn wurde von einem knallengen kurzärmeligen Rollkragenpulli umhüllt. Die Haare strahlten blond und die Augen leuchteten blau, wie es sich für eine Frau gehörte, die als modisches Accessoire an Günters Seite die dörfliche Tristesse verschönerte und sein Portemonnaie erleichterte. Dies war zumindest meine Theorie
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