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Kein Schatten ohne Licht

Kein Schatten ohne Licht

Titel: Kein Schatten ohne Licht
Autoren: Michelle Guenter
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Austausch für deines zu geben, war Luzius letzte Möglichkeit, den Heldentod zu sterben. Ja... doch. Ich glaube, dass das der Grund ist, warum er Stefan und Zane nicht einfach getötet hat. Er wollte sterben. Natürlich konnte er das nicht laut und offen sagen und hat stattdessen behauptet, du würdest mit ihm sterben. Er hat eine falsche Spur legen wollen. Wahrscheinlich sollten wir nicht merken, dass er sich wirklich umbringen wollte. Er hat schon viel zu lange gelebt.“
    Jedes ihrer Worte war wie ein kleiner Tritt direkt gegen Melicas Herz. Sie hoffte, dass Jane sich irrte und hoffte es gleichzeitig auch nicht. „Oh Gott“, flüsterte sie, schüttelte fassungslos den Kopf. „Wenn das tatsächlich stimmt... wenn du tatsächlich recht hast...“
    „ Wenn ich tatsächlich recht habe, dann haben wir ein Problem. Gregor plant, Luzius Seele durch einen Zauber dauerhaft an die Hölle zu binden. Er wird niemals in den Himmel kommen können“, sagte Jane leise. „Wenn du helfen willst... vielleicht solltest du dich beeilen. Auf mich wird Gregor nicht hören.“
    Melica erlebte ihre Mutter gerade von einer völlig neuen Seite. Wer war diese Frau, die sich nicht nur um sich selbst, sondern auch um andere Gedanken machte? Die wirklich Mitgefühl zeigen konnte? Es war nicht Jane, so viel war sicher.
    Allerdings hatte Melica im Moment auch größere Probleme. Sie zögerte nicht, sprang auf und verlor beinahe das Gleichgewicht. Vielleicht hatte sie doch mehr Schäden aus der Begegnung mit Luzius davongetragen als zunächst angenommen. Zumindest ihre Beine fühlten sich seltsam an, viel schwächer, viel gebrechlicher als sonst.
    Trotzdem... sie waren stark genug, um sie in Windeseile aus dem Raum und die Gänge entlang zu tragen. Wo sie sich zum ersten Mal einem Problem stellen musste, dass sie bis dahin vollkommen verdrängt hatte. Natürlich hatte ihr Tizian alles über Gregor erzählt. Sie wusste, wer er war, wusste, was seine Ziele waren. Doch das in diesem Moment Wichtigste hatte ihr Tizian verschwiegen: Melica hatte nicht den Hauch einer Ahnung, wie sie zu seinem Büro gelangen konnte.
    Also drehte sie sich zurück, mit schwerem Herzen und deprimierten Gesichtsausdruck. Als sie die Krankenstation Augenblicke später wieder betrat, hatte sich Jane noch immer nicht aus ihrer nachdenklichen Position gelöst.
    Nun jedoch hob sie den Kopf. „Brauchst du meine Hilfe?“, fragte sie, doch ihrer Stimme fehlte die übliche Schärfe.
    Unter anderen Umständen wäre es Melica vielleicht nicht so leicht gefallen, zu nicken. So allerdings zögerte sie keine Sekunde. „Ja. Wo finde ich Gregor?“
    „ Allein findest du ihn gar nicht“, antwortete Jane, während sie sich galant vom Bett erhob. „Ich werde dir den Weg zeigen müssen.“
    So sehr Melica sich auch bemühte, sich ihre Verwirrung nicht anmerken zu lassen, es gelang ihr einfach nicht. Selbst ihre Ohren strotzten nur vor Verwunderung. Trotzdem biss sie ihre Lippen zusammen, schwieg. Sie würde nicht als Erste die Stille brechen.
    Doch mit jedem Schritt, den sie durch das gigantische Antrum machten, bröckelte ihre Entschlossenheit, fiel Stück für Stück in sich zusammen. Einen langen Gang später platzten die Worte förmlich aus ihr heraus: „Seit wann interessierst du dich für Luzius?“
    Jane warf ihr einen herablassenden Blick zu. „Glaubst du, dein abstruses Verlangen danach, das Richtige zu tun, hättest du von deinem Vater?“
    Melica war sich zwar nicht hundertprozentig sicher, dass sie ihre Mutter richtig verstanden hatte, aber sie riss ihre Augen dennoch weit auf: „Du willst das Richtige tun? Du? Seit wann?“
    „ Darauf erwartest du wohl keine Antwort, oder?“, entgegnete Jane genervt und beschleunigte ihren Schritt ein wenig. „Ich bekomme Bauchschmerzen von Ungerechtigkeit. Und leider glaube ich momentan, dass eine Kopplung von Luzius Seele an die Hölle mehr als nur ungerecht wäre. Luzius ist mir egal. Ich will nur keine Schmerzen. So einfach ist das.“
    Sollte Melica ihr verraten, wie wenig sie ihr glaubte? Melica zögerte, verwarf den Gedanken jedoch schnell. Für einen Streit war der Zeitpunkt ganz und gar nicht geeignet. Außerdem war es doch ohnehin nebensächlich.
    Da blieb Jane plötzlich stehen, deutete mit einem harschen Nicken auf eine eher unauffällige Tür. „Sein Büro“, sagte sie knapp, bevor sie sich umdrehte und wortlos davonging. Melica dachte gar nicht erst daran, anzuklopfen. Sie stieß die Tür einfach auf. Eine Wolke
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