Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Mann für jeden Tag: Roman (German Edition)

Kein Mann für jeden Tag: Roman (German Edition)

Titel: Kein Mann für jeden Tag: Roman (German Edition)
Autoren: Alice Peterson
Vom Netzwerk:
ich hab nicht den leisesten Schimmer, wo er in den nächsten Monaten wohnen soll. Auf dem langen Eichentisch in der Mitte des Raums stapeln sich bereits alle Arten von Kostbarkeiten. »Hast du viel mitgebracht?«, frage ich und folge ihr nach draußen.
    »Weniger als beim letzten Mal, aber mehr als das Mal davor.«
    Ich helfe Mari, ihren ramponierten weißen Lieferwagen leer zu räumen. Der Bürgersteig ist vor Vasen und Lampions unpassierbar.
    »Frisch gestrichen und mit fluffigen Stoffkissen sehen sie bestimmt toll aus«, erklärt Mari, als sie mich dabei ertappt, angesichts einiger verrosteter Gartenstühle die Nase zu rümpfen.
    Mari – übrigens die Abkürzung für Marigold – gehört zu meinen extrovertiertesten Hundefreundinnen. Sie ist Ende vierzig, hat pechschwarzes, zu einem schicken Bob geschnittenes Haar und trägt heute einen knallgrünen Overall. Ich habe sie vor vier Jahren im Ravenscourt Park kennengelernt. Sie stand im Schatten einer Eiche in der Nähe der U-Bahn-Station, rauchte eine Mentholzigarette und warf für Basil immer wiedereinen Ball zum Apportieren. Mari ist geschieden und hat keine Kinder. »Ich wollte nie welche«, erklärte sie mir bei einem unserer Spaziergänge. »Ich wollte immer nur einen Hund.«
    Ihr Laden in der Pimlico Road ist auf antike Kerzenleuchter, Spiegel, Lampions und Vasen spezialisiert. Gerade hat sie sich in Frankreich bei diversen brocantes nach Schnäppchen umgesehen. Mari hat einen todsicheren Riecher und stößt auf Dinge, an denen unsereins glatt vorbeilaufen würde. Stattdessen wischt sie einfach die Spinnweben beiseite, und hervor kommt ein georgianischer Leuchter.
    »Die hier ist wirklich interessant«, sagt Mari. Gemeinsam hocken wir auf dem Boden und betrachten eine große, runde, silberne Lampe. »Ich vermute, sie stammt aus den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts und wurde bei chirurgischen Operationen eingesetzt. Irgendein schlauer Zeitgenosse hatte die Idee, sie nach dem Vorbild einer Bauernlampe aus dem achtzehnten Jahrhundert zu gestalten.«
    »Sie ist wunderschön«, sage ich und stelle mir die Lampe in meiner nach französischem Vorbild rustikal gestalteten Küche vor, die allerdings nur in meiner Fantasie existiert.
    »Weißt du, was ich an Antiquitäten ganz besonders mag?«, fragt Mari. »Alle Sachen haben Leuten gehört, die längst schon tot sind. Stell dir mal all die tollen Partys vor, die dieser Leuchter miterlebt haben muss«, fährt sie fort und deutet auf einen Kerzenständer, der aussieht, als hätte sie ihn aus dem Müll gezogen. »Schon gut, warte nur, bis Bob ihn in die Finger bekommt. Danach ist er wie neu.« Robert Chamerette ist Maris Mann für Glas und Metall, und Mari liebt ihn fast so sehr wie ihren Basil. »Denk doch nur an die Dienstmädchen, die ihn in der Hand hatten«, sagt sie, »und an die Kratzer, die er in seinem Leben abbekommen hat. Und jetzt steht er hier in meinem Laden.«
    »Und wie viel hat er gekostet?«
    »Ach, Gilly!« Mari schüttelt entrüstet den Kopf. »Es geht doch nicht darum, wie viel er gekostet hat. Wichtiger ist, für wie viel ich ihn verkaufen kann.«
    Später am Tag, als Mari sich mit einem Journalisten trifft, der für ein Fotoshooting einige Leuchter mieten möchte, widme ich mich wieder den Stellenangeboten in meiner Zeitung. Leider springt mir kein Job wirklich ins Auge. Ob es vielleicht daran liegt, dass ich einfach keine Einstellungsgespräche mehr ertrage? Ich glaube, ich würde lieber eine Wurzelkanalbehandlung über mich ergehen lassen, als wieder eine Absage zu bekommen. Mit geschlossenen Augen denke ich an die schlechten Erfahrungen zurück.
    Erstes Einstellungsgespräch: »Gilly Brown, bitte treten Sie ein«, fordert mich eine glamourös gekleidete Empfangsdame auf. Es geht um einen Job in der Modebranche, daher habe ich meinen Stil angepasst und trage ein eng anliegendes Kleid und Stiefeletten wie die eines Gladiators.
    Als ich auf die edel gestylte Blondine zugehe, stolpere ich über einen Teppich, verliere das Gleichgewicht, fliege sozusagen auf die Dame zu und beende meinen stürmischen Auftritt mit einer Bruchlandung auf dem Stuhl ihr gegenüber.
    Sofort weiß ich, dass ich mir den Job abschminken kann. Das gleiche Gefühl hatte ich bei meiner Fahrprüfung, als ich in der ersten Minute über die Bürgersteigkante holperte.
    Zweites Einstellungsgespräch: »Wo liegen Ihre Stärken und Schwächen?«, fragt mich der Mann. Ich habe mich um einen Job in einer Bank beworben.
    »Ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher