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Kein Kind ist auch (k)eine Lösung

Kein Kind ist auch (k)eine Lösung

Titel: Kein Kind ist auch (k)eine Lösung
Autoren: T Wolf
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Überraschungen habe ich erst einmal genug. Und ja, ich habe Wünsche: einen Auftragskiller, der seinen Job gut macht.«
    Als ich wieder vor unserem Hauseingang stand, versuchte Hans gerade einzuparken, was hier ein echtes Kunststück war. Ich stellte mich hinter ihn und winkte ihn in die viel zu kleine Parklücke.
    Eine Stunde später, nachdem wir doch noch gemütlich Jowis Kuchenkreation, Kekse und Kaffee verputzt hatten und Körbchen und Hündchen verstaut waren, war alles aus.
    Ich war zu Tode betrübt. Heulen, weil ein großer Hund und ein paar kleine für eine Weile Ferien auf dem Lande machten, war sicher albern, aber nicht zu verhindern. Hans nahm mich noch einmal in den Arm.
    »Es ist doch nicht für immer.«
    Josephine gab mir noch einen Kuss rechts und links. Ich nahm alle Hunde noch einmal in den Arm, knutschte sie und erklärte, es sei das Beste für sie, und versprach, wir würden uns bald wiedersehen. Dann fuhren sie ab.
    *
    »Huch, was ist denn nun kaputt?«, fragte Micha eine halbe Stunde später, als er mich inmitten eines Tempotaschentuchhaufens vor dem Sofa sitzend fand.
    »Meine Kleinen …«, kam es stockend aus mir raus, »sind weg.« Ich fühlte mich, als hätte man mir ein Körperteil amputiert.
    Er tröstete mich mit Mango-Chili-Salat, Hähnchen in Knoblauch, Schmetterlingsnudeln mit Pesto und Pinienkernen, Mousse au Chocolat und einem – Achtung, kitschig – »Ich liebe dich«-XXL-Lebkuchenherz, das er was weiß ich woher hatte. Zum krönenden Abschluss schenkte er mir noch ein Foto der ganzen Rasselbande. Ich hatte keine Ahnung, wann er das gemacht hatte.
    Waltraud sah mich jetzt aus einem silbernen Bilderrahmen an, treudoof wie immer, und an ihren Zitzen saugten ihre Kleinen, die übrigens kein Auge für den Fotografen hatten. Ganz davon abgesehen, dass die noch geschlossen waren.
    Und dazu noch der Ärger mit den Plakaten. Das war zu viel!
    Ich sollte mich daran gewöhnen, in den eigenen Räumen zu essen, dachte ich mir. Günther sei Dank, denn Restaurantbesuche würden in den nächsten Wochen ausfallen, zumindest so lange, bis es neue Plakate an den Litfasssäulen gab. Außerdem beschloss ich, nur noch ins Kino zu gehen, wenn das Licht aus war und die Werbung vorbei. Sicher war sicher. Ich wollte mich nicht auch noch in der Regionalwerbung vorm Hauptfilm sehen.
    »Das ganze Leben ist ein Quiz – und wir sind nur die Kandidaten, das ganze Leben ist ein Quiz …«, trällerte es in meinem Kopf, dabei war mir echt nicht nach Witzigkeit.
    Nichts gegen Micha, aber schon am nächsten Abend nach diesem dramatischen Tag half nur noch eins: eine Freundin.
    Es klingelte exakt ein Mal, dann war Birgit dran. Als hätte sie neben ihrem Telefon gesessen und gewartet, dass ich anriefe. Dabei war doch gleich heilige Tatort-Zeit, in der man grundsätzlich nicht ans Telefon ging.
    »Wie sieht es bei dir morgen in der Mittagspause aus? Lass uns doch beim M.I.P. auf ein Sandwich treffen.«
    *
    Kurz vor eins, die Montagmittag-Konferenz war ausnahmsweise pünktlich beendet worden, stand ich am Tresen bei Fatima und bestellte mir frisch gepressten O-Saft und ein Ziegenkäse-Croissant, als die alte Glastür aufgedrückt wurde und Birgit mit einem dicken Mantel, Mütze und einem breiten Lächeln hereinspaziert kam.
    Sie riss die Arme auseinander und umarmte mich. »Ach, Mensch, schön dich wiederzusehen!«
    Ich wollte antworten, was aber nicht ging, da ich damit beschäftigt war, ihre vereinzelten langen Haare, die nicht so wie der Rest unter der Mütze steckten, aus meinem Gesicht zu wischen. Ich löste mich langsam aus ihrer Umarmung und strich mir noch ein paarmal übers Gesicht.
    »Und was macht das Leben so mit dir?«, fragte sie fröhlich. »Ich hab dich gesehen, also das Plakat, am Jungfernstieg, da wo …«
    »Da auch? Bitte lass uns über etwas anderes sprechen. Ganz schlechtes Thema …«
    Wir nahmen unsere Sachen und gingen durch das schmale Café, dessen wenige Regale mit Utensilien aus Fatimas portugiesischer Heimat gefüllt waren: bunte Porzellanhähne, Folkloretänzerinnen, Postkarten, Landesflagge. Ganz hinten, wo noch ein paar Plätze frei waren, setzten wir uns an einen der kleinen Tische.
    Ich erzählte ihr von Waltraud, von dem Morgen, als ich sie in der Kinderkarre in den Sender schieben musste, von Jowis Einsatz und natürlich voller Stolz von unserem, also ich meine, ihrem Nachwuchs. Und von meiner Sehnsucht, seitdem die pelzige Familie vorgestern nach Kiel gefahren war.
    »A lso,
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