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Kein Kanadier ist auch keine Lösung

Kein Kanadier ist auch keine Lösung

Titel: Kein Kanadier ist auch keine Lösung
Autoren: Joy Fraser
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den Sprachknopf.
    „ Hallo, John. Schön deine Stimme zu hören.“
    Wieder unterbrach ein Rauschen die Sprechpause.
    „ Connie? Was zum Teufel machst du hier draußen bei dem Wetter?“
    „ Und warum zum Teufel bist du nicht, wo du sein solltest? Im Büro!“
    „ Sorry, Babe, mich hat der Schnee eingeholt.“
    „ Pha, alles Ausreden.“
    „ Erwischt“, sagte er und lachte samtig. Etwas Warmes, Pelziges kroch über Sandras Rücken. „Und was machst du nun hier? Doch nicht etwa mich suchen?“
    „ Erwischt“, sagte sie. Pause. Connie sprach weiter, bevor er sich erholt hatte.
    „ Am Donnerstag kommen hohe Tiere ins Büro, auch aus Deutschland, und
    wenn du nicht da bist, dann kostet es dich deinen Job. Das konnte ich doch nicht zulassen.“
    Ein Knacken, dann ein Lachen.
    „ Das ist lieb von dir. Mami.“
    Connie und Sandra grinsten sich an.
    „ Gern geschehen. Holst du uns jetzt bitte hier raus? Es wird langsam etwas frisch.“
    „ Das kann ich mir vorstellen. Wen hast du denn als Verstärkung bei dir?“
    Connie übergab Sandra das Mikrofon. Sie drückte die kleine schwarze Taste mit dem Daumen, so wie Connie es getan hatte, und sprach in die schmalen schwarzen Schlitze.
    „ Hallo, John. Wie geht es dir?“ Stille auf der anderen Seite. Eine lange Stille. Wahrscheinlich überlegte er, ob er seinen Ohren trauen konnte. Sie gab ihm eine weitere Stimmprobe. „Hoffentlich besser als mir, denn ich bin steifer als ein gefrorenes Fischstäbchen.“
    Es kam keine Antwort. Connie und Sandra tauschten Blicke aus. „Das hat ihn aus den Boots gehauen“, vermutete Connie.
    „ Sandra ...?“
    „ Jawohl, höchstpersönlich.“
    Plötzlich kam Leben in ihn.
    „ Oh mein Gott! Ist dir warm genug? Habt ihr Decken im Auto? Läuft der Motor noch? Bist du ... bist du okay?“
    Connie schnaubte. „Und ich bin nur gehackte Leber, oder was?“
    Sandra drückte den Knopf. „Wir sind okay. Aber wenn du dir noch viel länger Zeit lässt, dann weiß ich nicht, ob das so bleibt.“
    „ Okay. Schlaf bloß nicht ein, hörst du? Alles, nur nicht einschlafen! Ich werde sicher noch eine Stunde brauchen.“
    Eine Stunde bedeutete zwei bis drei Stunden in Johns Zeitverständnis.
    „ Was? Warum denn so lange? Bist du zu Fuß unterwegs?“
    Sie hörte ihn ins Mikrofon lachen. Noch immer amüsierte ihn ihr Unverständnis gegenüber kanadischen Verhältnissen.
    „ Ich sitze in meinem Pickup, Honey. Aber bei dem Wetter kann ich nur Schritt fahren oder ich ende so wie ihr.“
    „ Ach so. Okay. Wir werden inzwischen nirgendwo hingehen, also sei bitte vorsichtig, ja?“
    „ Mach ich. Haltet euch gegenseitig warm, wenn nötig. Ich beeile mich. Wenn irgendwas ist, ruf mich über Funk. Einfach den Knopf drücken und ich höre euch.“
    „ Okay.“ Das war beruhigend.
    Das Rauschen der einsamen Eiswüste war zurück und Sandra fühlte sich noch isolierter, nachdem seine Stimme verklungen war. Gott, wie hatte sie ihn vermisst! Sie wartete darauf, dass er noch etwas Nettes sagen würde, aber das Gerät blieb stumm. Wahrscheinlich musste er sich auf den immer schlechter werdenden Zustand der Straße konzentrieren.
    „ Was meinst du, hat er mir verziehen?“
    Connie runzelte die Stirn, gab vor schwer nachzudenken. Dann lachte sie und knuffte gegen Sandras Schulter.
    „ Hast du das denn nicht gehört? Er macht sich mehr Sorgen um dich, als um alles andere.“
    „ Aber ob das als Verzeihen durchgeht? Er ist ausgezogen um zwei x-beliebigen Frauen in Not zu helfen. Was bedeutet, er würde sich um jeden sorgen, der in so einer Lage festsitzt.“
    „ Aber als er deine Stimme gehört hat, ist er fast durchgedreht. Glaub mir, er hat dir verziehen.“
    Nur zu gerne hätte sie Connies Worten geglaubt. Aber sie blieb skeptisch. Erst einmal würde sie ihn von Angesicht zu Angesicht sehen müssen, um ganz sicher zu sein.
     
    John näherte sich Connies Kilometerangabe. Es war schwer, etwas neben der Straße zu erkennen. Inzwischen war es dunkel und alles was er sah, war der nicht enden wollende Schauer dicker Schneeflocken im Licht der Scheinwerfer. Nach links musste er sein Augenmerk richten. Links, wo ein weißer Wagen begraben von weißem Schnee eine ungewöhnliche Erhebung auf der flachen Straße bilden würde. Der Kopf tat ihm weh, so konzentriert schaute er hin.
    Was zum Teufel machte Sandra hier? Warum war sie gekommen? Nicht ein Mal hatte sie versucht Kontakt mit ihm aufzunehmen. Selbst in seinem Selbstmitleidsnebel hatte er regelmäßig
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