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Kein Kanadier ist auch keine Lösung

Kein Kanadier ist auch keine Lösung

Titel: Kein Kanadier ist auch keine Lösung
Autoren: Joy Fraser
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sage Bescheid und schicke euch Hilfe. Fox drei, out.“
    Sandra atmete hörbar aus. Ein Seitenblick von Connie verdunkelte ihre Stimmung.
    „ Sie sollen sich beeilen, wir haben nur noch einen halben Tank und das alte Ding ist durstig wie ein Gaul“, sprach sie in das Mikrofon.
    O Scheiße! Auch das noch.
    „ Roger. Out“, antwortete der Junge.
    „ Was soll das mit dem Roger und Out?“, fragte Sandra.
    Connie zuckte die Achseln. „Das kapier ich auch nicht so genau. Aber Out beendet das Gespräch, also bedeutet Roger wohl, dass er uns verstanden hat. Der Kleine ist sicher ganz stolz, ein richtiger Funker zu sein, und freut sich bestimmt, dass er helfen kann.“
    Sandras Finger kamen wieder zu sich und schmerzten dabei höllisch. Ihre Oberschenkel befanden sich noch im Dauerfrost. Sie sah dem Auftauen und den damit zu erwartenden Schmerzen nicht mit Freude entgegen. Dennoch war sie froh, sich keine Körperteile amputationsreif gefroren zu haben. Sie war nicht weit davon entfernt gewesen. John hatte ihr erzählt, das passiere schneller als man es fühlen könne. Schon viele Unvorsichtige hatten sich, ohne es zu bemerken, Finger, Zehen, Ohren oder die Nase abgefroren. Der Gedanke jagte einen Schüttelfrost durch ihren Körper.
    „ Fox drei hier. Ist jemand verletzt?“
    Connie drückte den Sprechknopf. „Nein, nur halb erfroren.“
    „ Okay, Roger und out.“
    „ Nein, warte!” Sie ließ den Knopf los. Es rauschte am anderen Ende.
    „ Ja?“
    „ Wo bist du? Im Reservat?“
    „ Roger.“
    „ Ist John bei euch? John Stuart?“
    Es knisterte und dann spuckte das Gerät ein paar abgehackte statische Rauschgeräusche durch den Äther.
    „ Roger.“
    „ Kann ich mit ihm sprechen?“
    „ Nein. Er ist bereits unterwegs zu euch.“
    Sandras Herz wurde warm und lief über. Sie tauschte einen erfreuten Blick mit Connie aus.
    „ Bist du bitte so nett und gibst ihm unsere Frequenz?“
    „ Bereits geschehen. Roger und out.“
    Connie behielt das Mikro in der Hand.
    „ Da wird er aber Augen machen, der liebe John, wenn er dich hier sieht.“ Sie fing an zu kichern.
    Sandra stimmte mit ein, obwohl ihr mulmig zumute war. Wie würde er reagieren? War er sauer auf sie? Hatte er sich wegen ihr im Reservat verkrochen und meldete sich nicht bei der Arbeit? Oder hatte er sich einfach eine Auszeit genommen und das Wetter hatte ihn von der Außenwelt abgeschnitten? Es bestand keine Telefonverbindung zurzeit.
    „ Bist du nervös?“, wollte Connie wissen.
    Sie schenkte ihr ein schiefes Grinsen.
    „ Im Augenblick macht mich mehr der Gedanke nervös, doch noch zu erfrieren. Was glaubst du, wann er hier sein wird? Und sag jetzt nicht wieder dieses nichtssagende: es dauert nicht lange. “
    Connie überlegte laut. „Ich glaube, er kommt nicht schnell voran. Selbst mit einem neueren Wagen, besseren Reifen oder sogar einer Raupe. Vielleicht wäre er am schnellsten mit einem Snowmobil.“
    Sandra versuchte die Strenge einer Lehrerin in ihren Blick zu legen.
    „ Wie lange?“
    Connie wandte den Blick ab und starrte durch die Windschutzscheibe, wo der Wischer die Aussicht auf eine weiße Unendlichkeit freigab. Sandra kam sich vor wie auf einem Eisplaneten gestrandet. Alles an Kanada war extrem. Die Menschen extrem freundlich, die Zimtschnecken extrem zimtig, die Stein- und Eiswüsten extrem einsam.
    „ Zu lange für unser Benzin.“
    „ Scheiße.“
    Connie nickte. „Ich schätze, es wird bereits dunkel sein, wenn jemand hier ankommt. Ich würde ja Benzin sparen und das Auto zwischendurch ausmachen, aber im Stand wird es nicht mehr richtig warm und dann springt es vielleicht nicht mal mehr an. Mit der Nacht wird es noch kälter und die alte Mühle ist empfindlich wie mein Opa.“
    Sandra nickte nur. Die Kälte fing an unter ihre Jacke zu kriechen. Klammheimlich, über die gefühllosen Beine. Zwar war es im Wagen nicht kalt genug, um zu erfrieren, aber ein leichtes inneres Zittern hatte sich bereits eingestellt. Bald würde sie mit den Zähnen klappern.
    „ Ich habe meinen Koffer im Büro gelassen, ich Depp“, klagte sie Connie ihr Leid. „Da wären noch ein paar warme Sachen drin gewesen.“
    Connie sah sich im Wagen um. „Außer den beiden Decken hab ich leider nichts mehr.“
    „ Schon gut. Das ist ja schon mal was.“
    Das Funkgerät krächzte.
    „ Hallo? Ihr beiden Schneefrauen, hört ihr mich?“
    Sandras Herz setzte einen Moment aus. Johns weiche Stimme verbannte den Gedanken an Kälte. Connie grinste und drückte
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