Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Entkommen

Kein Entkommen

Titel: Kein Entkommen
Autoren: Linwood Barclay
Vom Netzwerk:
»Ich weiß überhaupt nichts von dir«, sagte ich.
    Sie nickte. »Nein, nichts. Absolut gar nichts.«
    »Wo habt ihr diesen Kurier überfallen?«, fragte ich.
    »In Boston«, antwortete sie.
    »Und anschließend musstest du also auf Tauchstation gehen«, sagte ich. »Und dazu hast du dir Promise Falls ausgesucht.«
    Sie nickte. Ihre Augen schimmerten.
    »Und mich geheiratet. Aber wozu? Warum hast du das getan?«
    Sie rang nach Worten, brachte aber keinen Ton heraus. Aber das musste sie auch nicht, da ich mir die Antwort schon zusammengereimt hatte.
    »Es war die perfekte Tarnung, stimmt’s? Ich kam dir wie gerufen, stimmt’s?! Tja, wer würde schon drauf kommen, dass die brave Hausfrau von nebenan etwas mit einem Diamantenraub zu tun hat?«
    Wieder nickte sie.
    »Aber brauchtest du ernsthaft ein Kind, um deine Tarnung zu perfektionieren?«, fragte ich. »War Ethan das für dich? Nichts weiter als ein Mosaiksteinchen für deine Lügengeschichte?«
    »Nein«, flüsterte sie.
    Ich schüttelte den Kopf. »Noch mal von vorn«, sagte ich. »Als dein Komplize aus dem Knast gekommen ist, wolltet ihr euch die Diamanten holen.«
    »Ja«, sagte sie. »Wir dachten, sie wären einen Haufen Geld wert.«
    »Genug, um für immer ausgesorgt zu haben«, folgerte ich.
    Sie schloss die Augen.
    »Und ich habe geglaubt, du wärst glücklich. O Gott, was war ich nur für ein Vollidiot!«
    Jan schluckte und wischte sich eine Träne von der Wange. »Aber sie waren nichts wert. Und als wir bei dem Hehler waren, dem wir die Steine verkaufen wollten, tauchte plötzlich Oscar Fine auf.«
    »Wer?«
    »Der Mann, dem ich damals die Hand abgesägt habe. Ich weiß es nicht genau, aber ich glaube, er hat Dwayne umgebracht. Jedenfalls hat er versucht, mich zu töten, bevor ich fliehen konnte.«
    Ich ließ mich an der Wand herabsinken und legte die Waffe neben mich auf den Boden.
    »Was ist hier eigentlich passiert?«, fragte Jan. »Wieso sind überall die Böden aufgerissen?«
    »Ich habe Jan Richlers Geburtsurkunde gefunden«, sagte ich. »Hinter den Leisten im Wäscheschrank.«
    »Unmöglich«, gab sie zurück. »Die Geburtsurkunde habe ich mitgenommen.«
    »Ich habe sie schon vor langer Zeit gefunden, aber wieder zurückgesteckt. Nachdem du verschwunden bist, habe ich mich gefragt, was du wohl sonst noch versteckt hast. Tja, und schließlich habe ich auch deine echte Geburtsurkunde gefunden. Warum hast du die nicht auch mitgenommen?«
    »Eigentlich brauchte ich nur den Schlüssel, der in dem anderen Umschlag war«, sagte sie. »Deshalb habe ich mir um den anderen keine Gedanken gemacht. Du … wusstest also von den Richlers?«
    »Ja, aber ich habe sie erst nach deinem Verschwinden aufgesucht. Und dabei habe ich von ihrer Tochter erfahren.«
    Jan senkte den Blick.
    »Tja, das kam dir wohl ziemlich gelegen, als du dir deine neue Identität zugelegt hast«, sagte ich. »Du wusstest, dass Jan Richler als Kind ums Leben gekommen war. Also hast du eine Kopie ihrer Geburtsurkunde beantragt und …«
    »Nein«, sagte sie.
    »Was? Aber …«
    »Es war das Original. Ich habe mich mit dem Tagesablauf der Richlers vertraut gemacht, und als sie irgendwann wieder zum Supermarkt gefahren sind, bin ich bei ihnen eingestiegen. Die Leute bewahren offizielle Dokumente immer an denselben Orten auf – in einer Küchenschublade, im Schreibtisch oder irgendwo im Schlafzimmer. Egal, nach einer knappen Stunde hatte ich die Geburtsurkunde gefunden. Danach war es ein Klacks, mir einen Führerschein und eine Sozialversicherungskarte auf meinen neuen Namen zu besorgen.«
    In gewisser Weise war es beeindruckend, wie sie ihr Ding durchgezogen hatte, doch sie widerte mich einfach nur an. »War es noch nicht genug, was du den Richlers ohnehin schon angetan hattest?«
    Sie musterte mich mit leisem Stirnrunzeln, ehe sie allem Anschein nach begriff, dass ich Bescheid wusste.
    »Wie konntest du das nur tun?«, fuhr ich sie an. »Auch noch den Namen ihrer Tochter zu benutzen, nachdem du …«
    »Na schön, dann bin ich eben ein Dreckstück«, zischte sie. »Und Unglück bringe ich obendrein. Jeder, der mit mir in Berührung kommt, steckt am Ende bis zum Hals in der Scheiße. Jan Richler, ihre Eltern, meine Eltern, Dwayne …«
    »Ich«, unterbrach ich. »Und Ethan.«
    Jan richtete den Blick auf mich. Es war schmerzhaft, ihr in die Augen zu sehen.
    »Deine sogenannte Depression hast du wirklich ganz hervorragend gespielt«, sagte ich.
    »Ich kannte das alles von meiner
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher