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Kein Entkommen

Kein Entkommen

Titel: Kein Entkommen
Autoren: Linwood Barclay
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»Wenn du irgendetwas hörst, ruf mich bitte sofort an, okay?«
    Ich steckte das Handy wieder ein und fuhr mit quietschenden Reifen vom Parkplatz. Das Herz schlug mir bis zum Hals, als ich zurück nach Hause fuhr.
    ***
    Da ich befürchtete, dass Duckworth mein Haus überwachen ließ, parkte ich in der angrenzenden Straße und ging den Rest des Wegs zu Fuß. Aber weit und breit war kein verdächtiger Wagen zu sehen. Ich kannte die Autos meiner Nachbarn, und auch sonst fiel mir nichts ins Auge, was irgendwie anders als sonst gewesen wäre.
    Ich ging zur Haustür. Und tatsächlich hatte ich vergessen, sie wieder abzuschließen.
    Es war stockdunkel im Haus, trotzdem machte ich kein Licht, nur für den Fall, dass da draußen jemand war, den ich nicht bemerkt hatte. Es dauerte einen Moment, bis sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten; ich wollte auf keinen Fall blindlings herumtappen, allein schon wegen der unzähligen Löcher, die ich in die Dielen gerissen hatte. Plötzlich machte ich mir Sorgen, dass Ethan nach Hause gekommen sein und sich schwer verletzt haben könnte.
    »Ethan!«, rief ich. »Ich bin’s, Dad. Alles okay? Wo bist du?«
    Ich hielt den Atem an und lauschte angestrengt ins Dunkel hinein, doch war nicht das kleinste Geräusch zu hören.
    »Ethan?«, rief ich noch einmal.
    Ich stieß einen entnervten Seufzer aus. Im selben Augenblick glaubte ich, ein leises Knarren gehört zu haben. Oben in Ethans Zimmer, wenn ich mich nicht täuschte.
    Vorsichtig ging ich zur Treppe. Zwar hatte Dad die herausgerissenen Dielen zur Seite gelegt und die Nägel entfernt, aber vergessen, die langen, schmalen Löcher abzudecken.
    Langsam ging ich die Stufen hinauf. »Ethan?«
    Leiser Argwohn beschlich mich. Ich glaubte nicht, dass Ethan ohne Licht im Haus herumgeistern würde. Er war ein kleiner Junge und hatte Angst im Dunkeln, wie alle anderen Kinder auch.
    »Bist du da oben?«, rief ich.
    Die Tür zu Ethans Zimmer stand halb offen. Ich trat über die klaffenden Löcher im Boden und stieß die Tür ganz auf.
    Der Schein einer Straßenlaterne fiel durch das Fenster.
    Ein dunkler Schatten hob sich gegen den Lichtschein ab. Jemand stand am Kopfende seines Betts. Jemand, der um einiges größer als Ethan war.
    Ich tastete an der Wand entlang und knipste das Licht an.
    Es war Jan.
    Ihr Anblick traf mich wie ein Schock. Und als wäre das nicht genug, hielt sie auch noch eine Waffe in der Hand, die direkt auf mich gerichtet war.
    »Wo ist Ethan?«, fragte sie. »Ich will meinen Sohn.«

53
    Die Schubladen von Ethans Kommode standen offen. Seine Sachen hatte sie aufs Bett geworfen, neben eine Reisetasche aus Nylon, die wir sonst für Ausflüge benutzten.
    Jan sah furchtbar aus. Ihr Haar war stumpf und zerzaust, ihre Augen blutunterlaufen. Es war gerade zwei Tage her, seit ich sie zuletzt gesehen hatte, aber sie wirkte, als sei sie um zehn Jahre gealtert. Die Pistole in ihrer Hand zitterte.
    »Nimm die Waffe runter, Jan«, sagte ich. »Wenn du willst, kann ich dich auch Constance nennen, aber ich habe mich an ›Jan‹ gewöhnt.«
    Sie blinzelte, hielt die Waffe aber weiter auf mich gerichtet.
    »Oder habe ich falsch recherchiert, und Constance ist auch nicht dein richtiger Name?«
    »Doch«, erwiderte sie tonlos.
    »Inzwischen verstehe ich, warum du mich deinen Eltern nicht vorgestellt hast«, sagte ich. »Die einen waren nicht deine richtigen, und die anderen sind tot.«
    Ihre Augen weiteten sich. »Was?«
    »Deine richtigen Eltern? Martin und Thelma Tattinger?« Ihr Blick schien meinen Schuss ins Blaue zu bestätigen. »Du weißt das etwa nicht? Sie sind vor ein paar Jahren ermordet worden. Jemand hat ihnen die Kehlen durchgeschnitten.«
    Falls sie diese Neuigkeit berührte, ließ sie es sich jedenfalls nicht anmerken. »Wo steckt Ethan?«, sagte sie. »Ist er bei Don und Arlene?«
    »Nein«, gab ich zurück. »Und wie du siehst, ist er hier auch nicht.«
    »Oh, nein«, sagte sie. »Nein, nein, nein.«
    Ich trat einen Schritt auf sie zu. »Nimm die Waffe runter, Jan.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Aber er muss hier sein«, sagte sie abwesend. »Wir wollen doch zusammen fortgehen.«
    »Selbst wenn er hier wäre, würde ich nie zulassen, dass du ihn mitnimmst«, sagte ich. »Gib mir die Waffe, Jan.«
    »Wir müssen ihn finden«, sagte sie.
    »Ich weiß«, erwiderte ich. »Aber nicht mit einer Pistole in der Hand.«
    »Du hast keine Ahnung«, sagte sie. »Ich muss mich schützen.«
    »Aber nicht vor mir.« Ich machte einen
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