Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Entkommen

Kein Entkommen

Titel: Kein Entkommen
Autoren: Linwood Barclay
Vom Netzwerk:
dass sie mit Druckerschwärze beschmiert war. Stirnrunzelnd warf er einen Blick an sich herunter, offenbar um sicherzugehen, dass er sich nicht auch seinen schnieken Anzug versaut hatte.
    Ich musste nicht lange überlegen: An Sebastian würde ich mit Sicherheit leichter vorbeikommen als an Welland.
    Ich rannte los. Sebastian duckte sich leicht und erwartete mich mit gestrafften Schultern, aber ich ließ mich nicht beirren. Mit voller Wucht krachte ich in ihn hinein, doch er umklammerte meinen Nacken, so dass wir zusammen zu Boden gingen.
    »Schluss jetzt!«, brüllte er. »Geben Sie mir die Liste!«
    Wir rollten über den Metallrost. Ich stieß mit dem Knie zu, in der Hoffnung, ihn zwischen den Beinen oder in der Magengegend zu treffen. Und tatsächlich musste ich ihn irgendwo erwischt haben, denn er ließ gerade lange genug los, dass ich mich aufrappeln konnte.
    Taumelnd kam ich auf die Beine, doch Sebastian war fast genauso schnell wie ich wieder oben und warf sich seitlich auf mich, so dass ich in einen der Gänge zwischen den Maschinen stolperte. Zu beiden Seiten donnerte Rotationspapier an uns vorbei, so schnell, dass Schlagzeilen, Bilder und Lettern nicht zu erkennen waren.
    Wir rangen miteinander, bis es mir gelang, ihn von mir zu stoßen. Sebastian prallte mit dem Bauch so hart gegen das Geländer, dass sein Oberkörper über die stählernen Querstreben gedrückt wurde. Er riss die Hände hoch, um sich irgendwo abzustützen, doch war da nichts, wo er sich hätte festhalten können.
    Alles passierte so blitzschnell, dass wahrscheinlich selbst eine Zeitlupenaufnahme zu rasant für das menschliche Auge gewesen wäre.
    Sebastians rechte Hand landete auf dem Band, wurde in Sekundenbruchteilen wieder in die Höhe geschleudert und geriet zwischen die Rotationszylinder der Druckmaschine, die sich in einem so aberwitzigen Tempo drehten, dass Sebastian auch nicht den Hauch einer Chance hatte, zu reagieren.
    Sein Arm wurde ihm an der Schulter abgerissen und zwischen den Rollen zermalmt.
    Elmont Sebastian schrie wie am Spieß, als er rücklings zu Boden ging. Instinktiv griff er mit seiner Linken an die Stelle, wo einmal sein rechter Arm gewesen war.
    Welland tauchte hinter mir auf.
    »O Gott«, stieß er hervor, als er seinen Boss erblickte.
    Sebastian krümmte sich vor Schmerzen, ehe sein Kopf abrupt nach hinten sackte. Mit blicklosen Augen starrte er zu uns auf, doch glaubte ich nicht, dass er tot war.
    »Wir müssen einen Krankenwagen rufen«, sagte ich zu Welland.
    Ich kramte mein Handy hervor, doch im selben Augenblick wurde mir klar, dass mich bei dem Höllenlärm kein Mensch verstehen würde.
    Ich wandte mich ab, um nach draußen zu laufen, aber Welland ergriff mich am Arm. Seltsamerweise lag nichts Bedrohliches in seiner Geste.
    »Nein«, sagte er.
    »Er verblutet, wenn wir nichts tun!«, brüllte ich gegen den Maschinenlärm an.
    »Nur mit der Ruhe«, sagte er.
    »Verdammt, was soll das?«
    Von unten drangen Rufe zu uns herauf. Durch den Metallrost erspähte ich ein paar Drucker, die mit den Fingern auf uns zeigten. Allerdings konnte ich nicht sagen, ob sie erkennen konnten, was mit Sebastian geschehen war.
    »Wir werden ihn sterben lassen«, sagte Welland.
    »Was?«
    »Der Dreckskerl«, sagte Welland. »Es wäre besser gewesen, er hätte nicht um ein Haar meine Eier pulverisiert und dann auch noch meinen Kleinen bedroht.«
    Sprachlos starrte ich ihn an.
    »Was für ein Schwein.« Er schüttelte den Kopf, ehe er fortfuhr: »Er hat Ihren Sohn nicht entführt. Das hätte ich nie zugelassen.«

52
    Jemand hatte die Maschinen abgeschaltet. Der Lärm ebbte langsam ab.
    Welland – oder Buddy, wie ich ihn nun auch hätte nennen können – schob sich an mir vorbei.
    »Ich bin raus aus dem Spiel«, sagte er.
    Irgendwo ging ein Alarm los, und aus allen Richtungen strömten Druckereiarbeiter herbei.
    »Wo wollen Sie hin?«, fragte ich Welland, während ich fieberhaft nach einer Erklärung suchte, wieso dem Vorstandsvorsitzenden von Star Spangled Corrections in unserer Druckerei der Arm abgerissen worden war.
    »Ich werde erst mal untertauchen«, sagte er. »Erzählen Sie den Cops, was Sie wollen.« Er sah auf und deutete nach oben. »Das sind doch Kameras. Wahrscheinlich ist der ganze Laden überwacht. Damit dürften Sie ja wohl aus dem Schneider sein. Und bis die Cops hier sind, bin ich über alle Berge.«
    Ohne ein weiteres Wort eilte er zur Treppe. Keiner der Drucker stellte sich seiner massiven, einschüchternden
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher