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Kein Durcheinander

Kein Durcheinander

Titel: Kein Durcheinander
Autoren: Jules Verne
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Kapitän Nicholl sich mit über den Tasterknopf erhobenem Finger bereit hielt, den elektrischen Strom zu schließen.
    »Nur noch zwanzig Secunden!« – »Nur noch zehn!« – »Noch fünf!« – »Nur noch eine Secunde!«…
    Man hätte auch nicht das leiseste Erzittern an der Hand dieses phlegmatischen Nicholl wahrnehmen können. Er und sein College waren heute nicht mehr erregt als in jenem Augenblicke, wo sie, in dem Aluminiumgeschoß einquartiert, den Zeitpunkt erwarteten, in dem die Columbiade von Florida sie in den Bereich des Mondes befördern sollte.
    »Feuer!« rief der Präsident Barbicane.
    Der Zeigefinger der Kapitän Nicholl drückte auf den Knopf.
    Eine furchtbare Explosion, deren donnerndes Echo sich bis zu den entferntesten Grenzen des Horizonts vom Wamasai verbreitete. Ein scharfes Pfeifen einer Masse, welche die Luftschichten unter dem Drucke von Milliarden Litern Gas durchsauste, das durch die urplötzliche Verpuffung von zwei Millionen Tonnen Meli-Melonit erzeugt worden war. Man hätte sagen mögen, eines jener Meteore, in denen alle Gewalt der Natur aufgespeichert ist, brauste dicht über der Oberfläche der Erde hin. Und schrecklicher wäre die Wirkung auch nicht gewesen, wenn sich alle Artilleriecorps der Erde mit allen Blitzen des Himmels verbunden hätten, um zusammen zu donnern!
Fußnoten
    1 Siehe desselben Verfassers »Reise durch die Sonnenwelt«.
Neunzehntes Capitel.
In dem J. T. Maston vielleicht die Zeit bedauert, wo das Volk ihn lynchen wollte.
    Die Hauptstädte der beiden Welten, aber auch alle einigermaßen wichtigeren Städte bis herab zu den kleinsten Flecken harrten in fürchterlichster Erwartung. Dank den in so großer Anzahl über den ganzen Erdball verbreiteten Zeitungen kannte Jedermann den genauen Zeitpunkt, der mit Schlag Mitternacht an dem fünfunddreißig Grade östlich gelegenen Kilimandjaro – entsprechend dem Längenunterschiede jedes Ortes – zusammenfallen mußte.
    Um nur die wichtigsten Städte anzuführen, war das – da die Sonne einen Grad in vier Minuten zurücklegt:
     
    In Paris um 9 Uhr 40 Minuten Abends
    In Petersburg um 11 Uhr 31 Minuten Abends
    In London um 9 Uhr 30 Minuten Abends
    In Rom um 10 Uhr 20 Minuten Abends
    In Madrid um 9 Uhr 15 Minuten Abends
    In Berlin um 10 Uhr 20 Minuten Abends
    In Constantinopel um 11 Uhr 26 Minuten Abends
    In Calcutta um 3 Uhr 4 Minuten Morgens
    In Nanking um 5 Uhr 5 Minuten Morgens
     
    In Baltimore war es, wie erwähnt, zur Zeit des Sonnendurchganges durch den Meridian des Kilimandjaro um 4 Uhr 24 Minuten Nachmittags.
    Wir brauchen wohl nicht erst von dem tödtlichen Entsetzen zu sprechen, das in diesem Augenblicke überall herrschte. Die mächtigsten Federn unserer Zeit hätten das nicht zu schildern, der Pinsel eines Makart hätte es nicht zu malen vermocht.
    Daß die Bewohner von Baltimore keine Gefahr liefen, von der aufschäumenden Fluthwelle der aus ihrem Becken gedrängten Meere weggespült zu werden – mag sein! Daß es für sie nicht in Frage kam, die Cheasapeake-Bai sich entleeren und das dieselbe abschließende Cap Hatteras sich wie ein Gebirgskamm über den trocken gelegten Atlantischen Ocean verlängern zu sehen – zugegeben! Doch würde auch die Stadt, gleich vielen anderen nicht von Ueberfluthung oder plötzlicher Erhebung bedrohten Städten, nicht durch den Stoß durcheinander gewürfelt, würden ihre Denkmäler nicht zerstört, oder Einzeltheile derselben nicht von Abgründen verschlungen werden, die sich an der Oberfläche des Erdbodens aufthun konnten? Und waren derartige Befürchtungen nicht gar zu gerechtfertigt für verschiedene andere Gebiete der Erde, welche die bezüglich ihres Niveaus veränderten Wassermassen nicht bedecken sollten?
    Gewiß, das lag auf der Hand.
    Das ganze Menschengeschlecht fühlte denn auch die Schauer des Entsetzens in dieser unglücksschwangeren Minute bis ins Mark der Gebeine ausstrahlen. Ja – Alle erzitterten – nur einer ausgenommen: der Ingenieur Alcide Pierdeux zitterte nicht. Bei dem Mangel an Zeit zur öffentlichen Kenntnißgabe dessen, was eine letzte Arbeit ihm ergeben hatte, schlürfte er in einem der schönsten Bars der Stadt ein Glas Champagner auf das Wohlbefinden der Alten Welt.
    Die vierundzwanzigste Minute nach vier Uhr – genau entsprechend der Mitte der Nacht am Kilimandjaro – verrann…
    In Baltimore… nichts!
    In London, Paris, Rom, Constantinopel, in Berlin… nichts! Nicht der geringste Stoß!
    John Milne, der in einer Kohlengrube von
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