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Kein Blick zurueck

Kein Blick zurueck

Titel: Kein Blick zurueck
Autoren: Nancy Horan
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zustande und schon gar kein Buch, wie ich es mir einmal vorgestellt hatte, dass ich es eines Tages schreiben würde.
    Ich war seit sechs Jahren in Port Huron. Die Freunde um mich herum heirateten allmählich. Als mein Blick an diesem Tag auf der anderen Seite des Wohnzimmers auf Ed Cheney fiel, dachte ich, vielleicht färben unsere jeweiligen guten Eigenschaften ja aufeinander ab.
    Ich schätze, ich sagte ja zu einem neuen Haus, wie ich zu dem jungen Mann mit dem schütter werdenden Haar ja sagte, der immer wieder von Chicago nach Port Huron gefahren kam, um michzu bitten, ihn zu heiraten. An einem gewissen Punkt stürzte ich mich einfach ins kalte Wasser.
    In jenen frühen Tagen unserer Ehe war Ordnung nicht das Einzige, wonach Ed sich sehnte. Er wünschte sich ein Zuhause, in dem er Gäste empfangen konnte. Vielleicht lag es an den zu vielen Jahren in der freudlosen Wohnung seiner Eltern, vielleicht lag es auch an der Trauer, die noch immer in den Räumen im Haus meiner Familie hing, er wünschte sich einen Ort voller junger Leute und Freunde und Spaß. Ich habe den Verdacht, dass er sich den fröhlichen Club aus seinem College im Wohnzimmer vorstellte, der »I Love You Truly« sang. Wie auch immer, alles ging sehr schnell, nachdem Catherine Wright in Franks Studio ein Treffen für uns vereinbart hatte.
    Wer unterläge nicht dem Charme von Frank Lloyd Wright? Edwin unterlag ihm. Ich unterlag ihm. Da standen wir mit Oak Parks Enfant terrible der Architektur, dem »Tyrannen des guten Geschmacks«, wie jemand im Club ihn genannt hatte, in dem lichtdurchfluteten oktagonalen Raum, einem Anbau ihres Hauses, und er hörte uns zu. Empfingen wir Gäste? Welche Art von Musik gefiel uns? Arbeitete ich im Garten?
    Er sah aus, als wäre er ungefähr fünfunddreißig, etwa in meinem Alter, und er sah sehr gut aus – gewelltes braunes Haar, eine hohe Stirn, intelligenter Blick. Die Leute nannten ihn exzentrisch, und ich schätze, das war er auch, wenn man die Tatsache zum Maßstab nahm, dass mitten durch sein Haus ein großer Baum wuchs. Darüber hinaus war er abwechselnd wahnsinnig komisch und ausgesprochen ernsthaft. Ich erinnere mich, dass zwei seiner Kinder über uns auf der Galerie standen und Papierflieger über die Zeichentische segeln ließen. Mehrere junge Männer standen über Zeichnungen gebeugt, aber sein wichtigster Architekt und Mitarbeiter war eine Frau – eine Frau! –, Marion Mahony. Frank saß scheinbar ungerührt irgendwo inmitten dieses Chaos und stellte seelenruhig eine Zeichnung fertig.
    Gegen Ende des Nachmittags hatten wir einen groben Entwurf, den wir mit nach Hause nehmen konnten: ein zweistöckiges Haus ähnlich dem der Huertleys, nur kleiner. Wir würden im oberen Stockwerk wohnen, mit einem Esszimmer, einem Wohnzimmer und einer Bibliothek, die alle ineinander übergingen; ein großer offener Kamin würde das Herz des Hauses sein; und Sitzmöglichkeiten in allen Fensternischen würden vielen Besuchern Platz bieten. Eine Wand aus Buntglastüren entlang der Front des Hauses sollte sich auf eine große Terrasse hin öffnen, die von einer Backsteinmauer umgeben sein würde, um gegen fremde Einblicke zu schützen. Von draußen auf dem Bürgersteig würde man dank der Mauer das Haus nicht einsehen können. Doch von innen, von hoch oben, hätte man eine schöne Aussicht auf die Welt außerhalb; tatsächlich würde man sich wie ein Teil der Natur fühlen, da Frank Wright das Haus um die auf dem Grundstück wachsenden Bäume herum entworfen hatte. An der Rückseite des Hauses waren kleine Schlafzimmer vorgesehen. Und es gab ein Erdgeschoss, wo schließlich meine Schwester Lizzie wohnen sollte.
    Nach diesem Besuch musste Ed mich nicht mehr drängen. Ich übernahm die Aufgabe, mit Frank zusammenzuarbeiten, der von meinen zaghaften Vorschlägen begeistert schien. Auf dem Bauplatz an der East Avenue begann ich, John auf die Hüfte gestemmt, zu verstehen, was vorspringende Dächer waren und worin die rhythmisierende Schönheit bleigefasster Fensterbänder bestand, die er als »Leinwände aus Licht« bezeichnete. Ziemlich bald war ich Teil der Mannschaft. Ich verbrachte Stunden damit, mir mit einem Landschaftsarchitekten, Walter Griffin, im Studio einen Gartenplan zu erträumen. Als wir schließlich in dieses »Haus für die guten Zeiten« zogen, wie Frank es von Anfang an genannt hatte, zählten wir die Wrights zu unseren Freunden.
    Ich denke immer noch an das alte Haus meiner Eltern an der Oak Park Avenue
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