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Kein Augenblick zu früh (German Edition)

Kein Augenblick zu früh (German Edition)

Titel: Kein Augenblick zu früh (German Edition)
Autoren: Sarah Alderson
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sitzen. Alex schien einen Mann zu beobachten, der halb verborgen in einem dunklen Hauseingang stand. Ab und zu hielt ein Wagen direkt vor ihm an; jedes Mal beugte sich der Mann herab und redete kurz mit dem Fahrer. Dann wurde irgendetwas übergeben und das Auto fuhr davon.
    »Ich dachte, wir interessieren uns für Pässe, nicht für Drogen«, flüsterte ich.
    »Zuerst folgst du dem Straßendealer, er bringt dich zum Boss im Viertel, der bringt dich zum Oberboss.«
    »Was für ein Oberboss? Für wen arbeiten die Leute?«
    »Mafia.« Alex ließ den Mann im Schatten keinen Moment lang aus den Augen. »In Mittelamerika gibt es verschiedene Kartelle. Sie kontrollieren alles – Drogen, Geldwäsche, Waffen, Pässe.«
    Ich starrte ihn ungläubig an. Eigentlich war nur das Wort Mafia bei mir angekommen. Aber Alex meinte es offenbar völlig ernst. Ich nickte langsam. »Wunderbar. Wir spazieren also zu dem freundlichen Herrn dort an der Ecke hinüber, bitten ihn höflich, uns zum Mafiaboss zu bringen, von dem wir dann ganz lieb ein paar neue Pässe verlangen. Klingt wie ein super Plan.«
    »Danke«, sagte Alex trocken, ohne auf meinen Sarkasmus einzugehen.
    »Okay«, begann ich noch mal, »sitzen wir nun die ganze Nacht hier im Taxi herum? Warum stellen wir uns nicht einfach dem Drogendealer vor?«
    Als wir schon aussteigen wollten, legte Alex plötzlich die Hand auf mein Knie. Okay – also blieben wir doch die ganze Nacht sitzen. Ich ließ mich wieder in den Sitz zurücksinken.
    »Lila …«, sagte Alex und brach ab.
    »Was ist?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nichts. Ich wollte dich gerade warnen, immer dicht hinter mir zu bleiben. Aber du kannst natürlich ganz gut selbst auf dich aufpassen.«
    Ich sah einen irritierten Ausdruck in seinen blauen Augen und ich konnte mir denken, woran das lag. Ich beugte mich zu ihm und legte meine Hand auf seine. »Ich brauche dich trotzdem, Alex«, flüsterte ich ihm zu.
    Er lächelte, aber seine Augen blieben ernst. Dann stieß er die Tür auf. Ich stieg ebenfalls aus. Kaum hatten wir die Türen geschlossen, als das Taxi auch schon mit quietschenden Reifen davonschoss.
    Ich blickte mich um und wappnete mich. Alex ging auf den Mann an der Ecke zu, der uns misstrauisch beobachtet hatte und nun hektisch in beide Richtungen sah, als rechnete er damit, dass bewaffnete Polizisten hinter jedem geparkten Auto hervorsprangen. Wir blieben vor ihm stehen.
    Er grinste nervös und entblößte eine große, schwarze Zahnlücke. Unruhig wechselte er immer wieder das Standbein. Ich musterte ihn von oben bis unten und suchte nach Anzeichen für eine versteckte Pistole oder ein Messer. Das hatte ich mir in den letzten Wochen angewöhnt. Tatsächlich entdeckte ich eine verräterische Beule unter dem Hemd oberhalb des Gürtels und auch sein rechtes Hosenbein hing ein wenig höher, wahrscheinlich weil er ein Wadenholster umgeschnallt hatte. Ich beschloss, mich zuerst um die Pistole zu kümmern, falls es sein musste.
    Alex unterhielt sich kurz mit dem Mann, der aber anscheinend nicht mitspielen wollte, sondern immer wieder den Kopf schüttelte. So unauffällig, dass ich es kaum bemerkt hätte, schob Alex ihm ein paar Dollarnoten in die Hand. Der Mann warf einen kurzen Blick darauf, zuckte dann die Schultern, murmelte etwas Unverständliches und ging die Straße entlang. Wir folgten ihm.
    »Was hat er gesagt?«, fragte ich flüsternd.
    »›Deine Entscheidung. Nur schade um die hübsche Mieze‹«, sagte Alex grinsend.
    »Oh, danke. Der ist aber lieb.«
    »Ich hätte dich nicht mitnehmen dürfen«, murmelte Alex und blickte stirnrunzelnd über die Schulter.
    »Du hattest gar keine andere Wahl«, gab ich zurück und stieß ihn mit dem Ellbogen an. »Du hast geschworen, mich nie mehr allein zu lassen, schon vergessen?«
    Statt einer Antwort legte er mir den Arm um die Schultern und drückte mich an sich, aber seine Miene blieb grimmig.
    Wir gingen eine enge, dunkle Hintergasse entlang und hielten vor einer schweren, mit Eisenbeschlägen verstärkten Tür an. Der Dealer hämmerte dreimal mit der Faust dagegen. Drinnen wurde ein Riegel zurückgeschoben und die Tür öffnete sich einen Spaltbreit. Es folgte ein längerer, immer lauter werdender Wortwechsel zwischen dem Dealer und der Person auf der anderen Seite. Dieser Jemand schien sich über unseren Besuch nicht sonderlich zu freuen. Ich presste Alex’ Hand und schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass sein Spanisch gut genug war, um uns hier wieder heil
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