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Kebabweihnacht

Kebabweihnacht

Titel: Kebabweihnacht
Autoren: Lale Akgün
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klingelte.
    Maria Rohowsky öffnete die Tür und war sichtlich erfreut, ihn zu sehen.
    »Da ist ja das Kindchen«, sagte sie, »komm doch rein.«
    Umut erzählte vom anstehenden Weihnachtsgeschäft. »Dieses Jahr wird ein gutes Weihnachtsgeschäft erwartet, und ich bin für die Weihnachtsabteilung eingeteilt!«
    »Das sind doch mal gute Nachrichten«, schmunzelte der alte Rohowsky, »da hatten die von der Leitung wohl ein gutes Händchen.« »Ich freue mich auch. Und wenn ihr was braucht, so für die Weihnachtsdekoration – sagt mir einfach Bescheid! Ich sitze jetzt quasi an der Quelle.«
    »Das sind ja noch mal gute Nachrichten«, sagte Oma Rohowsky. »Ich finde, wir sollten dieses Jahr alles mal neu machen. Jedes Jahr die alte Kiste raus, |37| die alten Sachen hingestellt, dann wieder in die Kiste, das ist nicht mehr gut. Die Kugeln haben an Glanz verloren, die Engel schimmern auch nicht mehr richtig, aber ich finde, Weihnachten muss leuchten, deswegen brauchen wir neue Kugeln und Engel.«
    War es wirklich so? Ging es um Kugeln und Engel? Wie brachte man Weihnachten zum Leuchten? Musste Weihnachten leuchten? Oder leuchtete Weihnachten, wenn Umuts Augen leuchteten. Das Gespräch drehte sich jetzt sehr ernsthaft darum, wie man das Wohnzimmer der Rohowskys auf den neuesten Stand der Weihnachtsdekoration bringen konnte.
    »Ihr bekommt alles neu, was ist denn mit dem anderen Dekorationsmaterial?«
    »Ja, was denkst du, was wir so alle brauchen?«, fragte jetzt Heinz. »Maria hat recht, ich kann das alte Zeug auch nicht mehr sehen.«
    Es stellte sich im Laufe des Gesprächs heraus, dass die Rohowskys die Entwicklung auf dem Weihnachtsdekomarkt hoffnungslos verschlafen hatten. Seit mehreren Jahrzehnten benutzten sie das gleiche olle Zeug. So wurde beschlossen, dass Umut alles neu besorgen solle.
    »Und wenn ich alles sage, dann meine ich auch alles«, stellte Rohowsky mit Nachdruck fest. »Hier soll eine ganz neue Pracht einziehen!«
    Wie genau diese ganz neue Pracht in das Wohnzimmer einer Dreizimmermietwohnung einziehen solle, wurde zwar nicht genau definiert, aber vielleicht war das auch gut so. Es blieb der Phantasie jedes Anwesenden |38| überlassen, was damit gemeint sei. Die Diskussionen drehten sich schnell um die bevorzugten Farbzusammenstellungen des Jahres.
    »Macht euch um das Geld keine Sorgen«, sagte Umut ganz schnell, »ich bekomme Prozente, die gebe ich natürlich an euch weiter.«
    »Das hoffe ich doch sehr, junger Mann«, sagte der alte Rohowsky, »obwohl – ich muss sagen, Geld spielt in dem Fall keine Rolle, wir wollen es so richtig schön haben dieses Jahr, prächtig, wie bereits erwähnt.«
    Es wurde beschlossen, dass Umut in den nächsten Tagen noch einmal mit möglichen Mustern und Vorschlägen für das Gesamtkunstwerk »Weihnachtszimmer Rohowsky« kommen solle, und dann würde man gemeinsam die Entscheidung fällen.
     
    Nachdem Umut gegangen war, schauten sich Maria und Heinz an.
    »Lächelst du, oder grinst du?«, fragte Maria Heinz.
    »Spielt das eine Rolle?«, fragte er zurück. »Ich freue mich jedenfalls, dass wir ein prächtiges Weihnachtszimmer haben werden, auf dem neuesten Stand der Weihnachtsdekorationsmode!«
    »Ach, du Gutster!« Maria Rohowsky stupste ihren Mann in die Seite. »Die Weihnachtsdekoration ist dir so egal wie Weihnachten selbst. Glaubst du, dass ich das nicht weiß? Seit Jahren bestehst du doch nur auf dem Baum und dem anderen Tralala wegen des Jungen, weil es ihm so eine Freude macht.«
    |39| »Ja, und?« Heinz Rohowsky warf seiner Frau einen schelmischen Blick zu. »Ich weiß es, du weißt es, und wir wissen voneinander, dass wir es beide wissen. Was ist schließlich wichtig an diesem ganzen Weihnachten? Dass man jemandem eine Freude macht! Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob ich dir jedes Jahr mit meinem ziemlich phantasielosen, mir von einer Verkäuferin aufgeschwatzten Geschenk eine Freude mache. Und wenn du ehrlich bist, weißt du auch nicht, ob du mir mit deinen Geschenken eine Freude machst, obwohl du sie – was ich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit annehme – selber aussuchst!
    Alles ist zur Routine geworden, und in der Routine gibt es kein Weihnachtsgeheimnis mehr. Doch Umuts Freude auf die Dekoration und seine Vorfreude auf das Fest, das ist das Weihnachtsgeheimnis. Und das ist mir die Sache wert, auch wenn es hier aussehen wird wie bei Neureichs!«
    »Reich sind wir nie geworden«, erwiderte Maria. »Dank Umut können wir wenigstens so tun,
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