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Kaylin und das Reich des Schattens

Kaylin und das Reich des Schattens

Titel: Kaylin und das Reich des Schattens
Autoren: Michelle Sagara
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Alten – welche, wissen wir nicht – die Rassen erschaffen haben. Die ersten, die Unsterblichen, waren ihre beste Kreation. Aber sie konnten ihnen kein Leben geben, ohne ihnen Namen zu geben. Die Worte hatten Macht inne”, fügte er hinzu, “aber ich glaube, diese eine Tatsache verstehst du besser als selbst ich.
    Dennoch schufen die Alten unsere Hüllen, doch diese Hüllen lebten nicht. In ihre Herzen schnitzten sie Runen und Symbole, jedes einzigartig, und als sie fertig waren,
sprachen
sie diese Namen zum ersten und einzigen Mal. Und die Macht dieser Worte, heißt es, ist unsere Schwäche – die der Drachen und auch der Barrani. Damals waren wir nur wenige.
    Doch die Namen waren die Quelle unseres Daseins, und wir waren an die gebunden, die sie kannten.” Er hielt inne. “Keinem von uns gefiel es, regiert zu werden, Kaylin. Das kannst du nicht verstehen, egal, wie sehr du vom Gegenteil überzeugt bist. Du bist sterblich.”
    “Aber Unsterbliche – können doch auch Kinder bekommen. Geben sie denen keine Namen?”
    “Nein.” Er hob seine unteren Augenlider.
    Sie kannte ihn gut genug, um das Thema zu wechseln. “Und der Rest von uns?”
    “Wie ihr erschaffen wurdet, wissen wir nicht. Es steht noch zur Debatte. Einige Gelehrte glauben, dass ihr auf eine Art in diese Welt gekommen seid, die uns, die wir an sie gebunden sind, von den alten Gesetzen her verboten ist.” Sein Schulterzucken hatte etwa so viel Ausdruck wie sein Gesicht.
    “Aus einer anderen Welt? Es gibt mehr als eine?”
    Sie konnte an seinem Gesicht ablesen, dass er nicht vorhatte, diese Frage zu beantworten. Falls er es konnte. Sie stellte fest, dass mit Drachenstolz ebenso schwer umzugehen war wie mit Rechtsbarrani. Dennoch, sie hatte mehr aus ihm herausbekommen als jemals zuvor, und sie wollte nicht, dass seine gedämpfte Offenheit endete, ehe sie alles erfahren hatte, was sie konnte. “Aber … die Toten?”
    “Als deutlich wurde, dass die Namen selbst eine Fessel darstellten, heißt es, dass einige der Lebenden rebelliert haben. Diejenigen, die Namen hatten, versuchten, sich von dieser einen Schwäche zu befreien. Sie haben die Sprachen der Alten studiert. In ihrer Überheblichkeit dachten sie sogar, sie hätten sie verstanden. Sie versuchten, was bei ihrer Erschaffung geschrieben worden war, mit Worten zu ersetzen, über die sie selbst die Kontrolle hatten. Und wenigstens einer hatte Erfolg damit.
    Deshalb tragen sie jetzt eine größere Schwäche in sich. Die Macht, die sie statt ihrer Namen erfüllte, hat sie ausgehöhlt. Sie sind nicht, was sie waren.”
    “Erinnern sie sich überhaupt daran, was sie waren?”
    Sein Lächeln war dünn wie die Schneide eines Messers. Eines frisch geschliffenen Messers. “Sehr wenige von uns wissen davon, und nur sehr wenige von uns haben Grund, lange mit den Toten zu sprechen. Es ist … gefährlich”, fügte er leise hinzu. “Sie können uns unsere Namen nehmen, wenn wir nicht vorsichtig sind, und auch wenn sie sich diese Namen nicht zu ihren eigenen machen können, so können sie doch Macht aus ihnen ziehen, die sie mit dem anhaltenden Zustand ihres endlosen Todes ersetzen.”
    “Und was sind dann
die
?” Sie streckte einen Arm aus. Eine schlechte Idee, ihre Hände zitterten.
    “Noch älter”, flüsterte er. “Und ein Zeichen, dass alte Mächte daran sind, zu erwachen. Die … Gelehrten glauben, dass sie die Wörter sind, aus denen die Namen erschaffen wurden. Jedenfalls diejenigen”, fügte er hinzu, “die ihre Studien überlebt haben. Und vielleicht stimmt es. Ich werde nicht sagen, was ich denke. Ich sage nur eins – lass sie ruhen, Kaylin, wenn du kannst.” Er zögerte. “Das Vertrauen, das der Falkenlord in dich gesetzt hat, war nicht unbegründet. Ich weiß nicht, warum du die Auserwählte bist, falls du das fragen wolltest – und das wolltest du, auch wenn du es selbst noch nicht weißt.”
    “Aber die Zeichen haben sich verändert –”
    “Ja. Sie haben sich verändert. Hätte Severn beim ersten Mal nicht eingegriffen –” Er verstummte. Sah ihren grimmigen Gesichtsausdruck, den Schmerz, den sie es müde war, zu verbergen. “Es tut mir leid”, sagte er sanft, “aber du bist stark genug, um es zu ertragen. Das weißt du bereits. Hätte Severn beim ersten Mal nicht eingegriffen, wärest du verloren gewesen, für ihn und auch für uns. In Form und Aussehen wärest du noch Kaylin Neya – aber nur eine Hülle, und dazu noch eine Hülle, deren Hals in den Händen des
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