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Kaylin und das Reich des Schattens

Kaylin und das Reich des Schattens

Titel: Kaylin und das Reich des Schattens
Autoren: Michelle Sagara
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einzigen ausgestoßenen Drachen in der Geschichte meiner Art liegt.
    Und Elantra wäre jetzt keine Stadt mehr. Was aus ihr geworden wäre, weiß ich nicht, aber die Toten würden überhandnehmen – einige von ihnen Barrani, andere Drachen. Die Sterblichen wären einfach ins Wanken geraten, und auch sie bedeckten die Straßen wie Vieh.
    Was Severn getan hat, will ich nicht verteidigen – es war nicht meine Tat. Aber ich werde Folgendes sagen … er hat nicht nur Elantra, sondern das Kaiserreich gerettet, denn der Drachenlord, der im Schatten deiner Macht aufgestiegen wäre, wäre Kaiser geworden, und seine Herrschaft grausamer, als du dir in deinen schlimmsten Albträumen vorzustellen vermagst.” Er neigte seinen Kopf. “Wir hatten gehofft, dass mit dem Tod dieser Kinder vor sieben Jahren und deiner Abwesenheit aus der Kolonie alles vorbei wäre.”
    “Das ist es jetzt.”
    “Ja”, sagte er leise. “Das ist es. Heute Nacht, an diesem Ort und durch deinen eigenen Willen. Du hast gefragt, warum die Toten dieses Mal so schnell aufeinandergefolgt sind – aber die Antwort muss dir jetzt klar sein – du bist nicht länger eine Sterbliche an der Schwelle zum Erwachsensein … du
bist
erwachsen. Deine Macht zu entfalten, ohne sein Eingreifen”, fügte er hinzu, “würde bedeuten, dass die Macht
dir allein
gehört. Es war ein Glücksspiel. Er konnte sein langes Exil mit einer Handvoll toter Sterblicher beenden, hätte er dich nur gefunden, als du gerade noch ein Kind warst. Er konnte dein Erwachen spüren. Er muss gewusst haben, wie knapp seine Zeit war. Zeit ist eine Fessel, von der sich die Unsterblichen nur selten binden lassen.
    Hätten wir dir gestattet, den Preis zu zahlen, nur einen Augenblick länger Makuron gegenüberzustehen, und das mit der vollen Kraft einer alten Gabe als dein einziges Geleit, du verstündest jetzt besser, was jedes einzelne Zeichen bedeutet. Ich kann nur … raten.”
    “Dann rate. Sag es
mir
.”
    “Die neuen Zeichen, die veränderten Zeichen, sind teilweise die Namen der Toten, die ihnen Jahrhunderte ehe du geboren wurdest, genommen wurden. Ich glaube – und wieder biete ich dir nur eine Vermutung aus dem unangenehmen Blickwinkel der Ignoranz –, dass er gehofft hat, diese Namen zu benutzen, um dich zu binden, dich zu markieren, wie Nightshade selbst es nicht getan hat, und um sich deine Gabe zu unterwerfen. Er konnte die Schrift, die ursprünglich dort aufgebracht wurde, nicht verwenden, aber wenn er sie verändern könnte, sie verderben, bis sie zu etwas wurde, was er aussprechen konnte, dann könnte es ihm gelingen, die Macht in sich selbst aufzunehmen.”
    “Aber er
hat
einen Namen.”
    Der Drache blieb vollkommen stumm. Nach einem Augenblick bot er ihr ein schwaches Lächeln und hob seinen Blick. Sie konnte nicht sehen, worauf er fiel, aber sie konnte es sich denken.
    “Sie ist Kaylin”, sagte Severn. In seiner Stimme lag ein Schulterzucken, aber da er sie trug, konnte er es nicht nach außen zeigen. “Sie sieht, was sie sieht.”
    “Ich habe ihre Lehrer oft bemitleidet, als ich ihre Akten gelesen habe”, gestand der Drache. “Aber ich habe nur selten verstanden, wie erstaunt sie über ihre vollkommene Unfähigkeit, Zusammenhänge zu erkennen, sein mussten.”
    Was sie sah, während das Licht der Sonne immer weniger wurde, war das glänzende Ebenholzschwarz vertrauter Aerianerhaut. Clint ließ sich langsam neben ihnen nieder. Er war verwundet, auf seiner Stirn befand sich eine hässliche Platzwunde, und er hatte in seine eigenen Augen geblutet. Nicht schön. Aber auch nicht lebensbedrohlich – wenigstens nicht für sein eigenes Leben. Sein Speer war in der Mitte durchgebrochen, er hielt ihn trotzdem in der Hand; jeder, der längere Zeit mit den Barrani-Falken gedient hatte, wusste, wie viel ein guter, langer Schlagstock wert sein konnte.
    “Kaylin?”
    “Clint”, sagte sie. Sie riss die Augen weit auf, als sie die blutigen Striemen auf dem gleichmäßigen Grau seiner Flügel sah. “Deine Flugfedern –”
    “Die bleiben schon dran.” Er zögerte. Sein Blick richtete sich gen Osten, ehe er seine Schultern entspannte. “Es ist so gut wie vorbei”, sagte er an sie gewendet. “Die … anderen Barrani … sind nur noch laufende Scheiterhaufen. Es ist etwas schwierig, sie umzubringen”, fügte er hinzu.
    “Kann ich mir vorstellen. Sie sind ja schon tot.”
    “Für Tote bluten sie ziemlich heftig. Und sie haben
uns
heftig bluten lassen.” Sein Lächeln war
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