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Kaylin und das Geheimnis des Turms

Kaylin und das Geheimnis des Turms

Titel: Kaylin und das Geheimnis des Turms
Autoren: Michelle Sagara
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fügte er hinzu.
    “Machst du dir Sorgen?”
    Tain zuckte mit den Schultern. “Sie schuldet mir noch Geld.”
    Kaylin lachte. Es klang bitter. “Severn wird dort sein.”
    “Mir ist aufgefallen, dass du noch nicht versucht hast, ihn umzubringen, seit du in den aktiven Dienst zurückgekehrt bist.”
    Sie zuckte mit den Schultern. Das fiel ihr leichter als Worte. Alles an Severn hatte sich verändert. Und auch an ihr hatte sich, zu Kaylins eigenem Erschrecken, einiges verändert.
    Was sie hatten – was sie auseinandergebracht hatte –, war die Grundlage, auf der Kaylins Leben hier gegründet war. Er hatte ihr den Boden unter den Füßen weggerissen, und sie wusste noch immer nicht, welchen Standpunkt sie einnehmen sollte. Das galt allerdings nicht für ihn.
    Aber man hatte ihr die Möglichkeit gegeben, ihn loszuwerden. Und sie hatte im Turm des Falkenlords abgelehnt, freiwillig. Es war kaum wahrscheinlich, dass sich ihr eine zweite solche Gelegenheit bot.
    “Warum steht er hier auf dem Dienstplan?”
    Tain antwortete nicht.
    “Warum stehe
ich
nicht … oh. Nicht so wichtig.” Sie hob eine Hand und legte sie auf das Zeichen an ihrer Wange. Für Tain machte das keinen Unterschied. Sie hätte sich auch ein Stück vom Gesicht abreißen können, und er hätte das Zeichen immer noch gesehen. Jeder geborene Barrani konnte das.
    “Auf die eine oder andere Art wird es vorübergehen.”
    “Gut oder schlecht?”
    “Das kommt darauf an”, sagte er. Seine Stimme klang so kontrolliert, dass sie den sicheren Tod verhieß. “Auf den obersten Lord.”
    “Aber sie ist ein
Falke
!”
    “Schon. Den Falken gehören aber viele Rassen an, und das Kastengesetz der Rassen hat unter besonderen Umständen Vorrecht. Was du wissen würdest, wenn du im Unterricht besser aufgepasst hättest.”
    Besondere Umstände: wenn eine dieser zwei Situationen vorliegt. Eins: Keine andere Spezies war an der Ausübung des Verbrechens oder seinem Ausgang beteiligt. Das war ungefähr so wahrscheinlich, als würde die Sonne nicht mehr aufoder untergehen, wenigstens in
dieser
Stadt. Zwei: Es ließ sich kein Mitglied einer anderen Spezies finden, das zugab, auf irgendeine Art durch das Verbrechen Schaden genommen zu haben. Das kam in Anbetracht der langen Gedächtnisse und der berüchtigten Langwierigkeit, mit der Barrani über ein Dutzend sterbliche Generationen einen Groll hegten, nur zu oft vor.
    “Er kann sie nicht ausstoßen. Sie ist bereits im kaiserlichen Dienst vereidigt.”
    “Die Gesetzeslords sind auf den Kaiser vereidigt. Eine ausgestoßene Barrani zu beschäftigen wäre im Sinne keines dieser Lords.”
    “Marcus würde nicht …”
    “Kaylin. Lass es. Wie gesagt, das ist eine Barrani-Angelegenheit. Teela hat die Einladung angenommen. Sie ist fort.”
    “Du hast sie gehen lassen.” Sie gab sich nicht die geringste Mühe, ihre Stimme nicht anklagend klingen zu lassen.
    “Und wärst du vor deinen Lord zitiert worden, hätten wir das Gleiche getan.”
    “Menschen haben keine Kastenlords. Nicht so wie ihr.”
    “Nein. Nicht so wie wir. Das könntet ihr nicht. Euer Leben ist zu kurz. Würdet ihr euch nicht mit dieser unerträglichen Geschwindigkeit vermehren, gäbe es keine Menschen in Elantra.” Dann drehte er sich um.
    Und als er es tat, bemerkte Kaylin, dass er ins Hochbarranische gewechselt hatte, ohne dass es ihr aufgefallen war.
    Den Mund zu einer schmalen Linie zusammengepresst, ging sie hinüber zu Marcus’ Schreibtisch. Er war, das überraschte niemanden, beim Mittagessen. Einem frühen Mittagessen. Sie war sich sicher, dass irgendwo eine Wette darüber lief, wie lange seine Pause dauern würde.
    Aber das war nicht ihr Problem.
    Sie begann, durch die Notizen und Genehmigungen auf seinem Schreibtisch zu blättern, vorsichtig, als wären sie von einem pingeligen Architekten aufgebaut worden, der zu viel getrunken hatte.
    Nach etwa zehn Minuten fand sie, wonach sie gesucht hatte – die Erlasse oder eingeräumten Rechte für ausländische Würdenträger.

2. KAPITEL
    A ls Marcus eineinhalb Stunden später aus der Mittagspause zurückkam, ging er an seinen Schreibtisch. Auf dem längstmöglichen Umweg. Er blieb vor dem Zeitplan, der an die Wand genagelt war, stehen und betrachtete die verschiedenen Notizen, die dort von Falken hinterlassen worden waren, die mit ihren zugeteilten Pflichten glücklich – oder unglücklich – waren. Er schrieb auch einige eigene hinzu. Selbst wenn der Zeitplan an sich ein offizielles Dokument
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