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Kayankaya 4 - Kismet

Kayankaya 4 - Kismet

Titel: Kayankaya 4 - Kismet
Autoren: Jakob Arjouni
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Feuerwehrmännern und Ärzten mit Mundschutz aus den Trümmern getragen und am Bürgersteig aufgereiht. Das Ende der Reihe konnte ich nicht sehen.
    »Sind Sie wahnsinnig?! Weg da!«
    Einer aus dem Heer allesamt hilf- und fassungslos herumstehender Polizisten hatte mich entdeckt. Sich gegen die Stirn schlagend, kam er auf mich zu.
    »Was glauben Sie, was das hier ist?!«
    »Schon gut.« Ich winkte ab und fuhr zur nächsten Ecke. Dort blieb ich stehen und versuchte meinen Atem unter Kontrolle zu kriegen. Jetzt wußte ich, was ich vergessen hatte, dem Albaner zu sagen. Am Abend vor Ahrens’ Firma: »…Also, Jungs, bis Samstag! Morgens die Arbeit, abends das Vergnügen!« - »Keine Sorge, Chef, die Tunten werden kriegen, was sich alle Tunten wünschen: im Schlaf zu sterben.«
    Vor lauter Stascha Markovic war mir das einfach weggerutscht.
    Nie darf das jemand erfahren, niemals, betete ich mir vor, als die linke Hintertür aufsprang und noch im selben Moment ein Pistolenlauf in meinen Nacken stieß.
    »Los!«
    Im Rückspiegel sah ich das blutverklebte Gesicht des Albaners. Er roch nach Rauch.
    Ich sagte nichts, und selbst wenn ich gewollt hätte, wäre wahrscheinlich kein Ton rausgekommen. Meine ganze Konzentration richtete sich darauf, einigermaßen zügig zu fahren und keinen Unfall zu bauen.
    »Da vorne rechts.«
    Ich folgte dem Befehl und bekam am Rand mit, daß wir aus der Stadt fuhren.
    »Immerhin waren Sie pünktlich.« Ich nickte vorsichtig.
    »Immer geradeaus. Mein Gott, was haben Sie für eine scheiß Karre!«
    Eine Viertelstunde später standen wir neben dem Auto zwischen Kartoffel- und Kohläckern, der Albaner hielt die Pistole auf mich gerichtet und verlangte, alles zu erfahren, was ich über die Armee wußte. Ich erzählte ihm fast alles.
    »Kroaten…?!« rief er, und für einen Augenblick war ich sicher, er würde abdrücken. »Warum haben Sie mir das nicht gesagt?! In einer halben Stunde hätte ich rausbekommen, wer genau dahintersteckt! Und ich hab Leute dort unten, einen Tag, und die Armee wäre…!« Er warf die Hand gen Himmel.
    Inzwischen konnte ich wieder einigermaßen klar denken. Klar genug, um zu begreifen, warum sich die Schutzgeldeintreiber wie eine Abordnung Marsmenschen präsentieren mußten. Außerdem bewiesen die Überfälle an diesem Morgen, daß die Armee keine kurzfristige Veranstaltung sein sollte, nach der sich Ahrens und seine Partner mit vollen Taschen verkrümeln wollten. Sie waren dabei, sehr viel brutaler, aber auch ein bißchen durchdachter als ihre Vorgänger das Viertel zu übernehmen. Erst verunsichern, zermürben, dann ein für allemal zuschlagen und sich die Goldgrube konkurrenzlos unter den Nagel reißen. Und wenn sie wirklich gerissen waren, traten sie am Ende ohne Schminke und Perücke als die auf, die es geschafft hatten, nicht nur die alten Bosse, sondern auch die Angst und Schrecken verbreitende Armee zu verjagen.
    »Wo ist das Treffen?«
    Noch etwas, das ich begriff: Wenn ich ihm das verriet, würde mein letztes Bild von der Welt ein Kartoffelacker sein. Er wollte heute einfach nur noch töten, und das war ja auch irgendwie zu verstehen.
    Ich schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, was heute morgen passiert ist, aber es ist nicht meine Schuld. Entweder wir ziehen das heute abend zusammen durch, oder Frankfurt ist für Sie gelaufen.«
    »Sie wollen mir jetzt noch drohen?!«
    Der Pistolenlauf kam bis auf wenige Zentimeter an meine Nase heran.
    »Ich will Ihnen nicht drohen, aber ich will auch nicht hier draußen bleiben. Außerdem könnten Sie mein Auto wahrscheinlich nicht fahren, es hat so seine Macken.«
    Er sah mir in die Augen, die Lippen geöffnet, die Schneidezähne aufeinander, und hielt die Pistole ohne das geringste Zittern.
    »…Wieviel Leute sind Ihnen geblieben?«
    Die Lider weiteten sich, und sein Blick leuchtete kurz auf wie der eines Irren, und wieder dachte ich, jetzt sei es soweit. Doch dann atmete er tief ein, schloß die Lippen, trat einen Schritt zurück und ließ langsam die Pistole sinken.
    »…Noch irgendeinen Scheiß, und es geht nicht nur Ihnen an den Kragen, sondern auch Ihrer Familie, sämtlichen Freunden und wer Ihnen sonst noch was wert ist.«
    Ich nickte. »Verstehe.«
    »Hoffentlich.« Er sah zu Boden und seufzte. »…Noch etwa zehn Mann. Aber ich habe Freunde in Mannheim und Hannover, bis heute abend können die hier sein.«
    »Dann lassen Sie uns zurück in die Stadt fahren, ich sag Ihnen, wo das Armee-Essen stattfindet, und dann
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