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Kayankaya 4 - Kismet

Kayankaya 4 - Kismet

Titel: Kayankaya 4 - Kismet
Autoren: Jakob Arjouni
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Spedition vorbeizog.
    Ich warf noch einen kurzen Blick zu der rauchenden Wachmannschaft, die da unten von dem Brummen offenbar nichts mitbekam, dann kletterte ich vom Dach und über den Zaun und lief zum vereinbarten Treffpunkt.
     
    Entlang der Straße vor einem Containerlager parkten etwa fünfzehn dunkle, hochklassige Karossen mit ungefähr fünfzig Mann Besatzung. An der Spitze stand eine kleine Gruppe um den Albaner, der Rest saß abwartend in lederbezogenen Luxuspolsterungen oder vertrat sich mit blitzweißen Tennisschuhen oder schwarz glänzender, ungarischer Handarbeit die Füße. Die Motoren waren abgestellt, und wenn niemand sprach, war es so leise, daß man das Klicken der Dunhill-Feuerzeuge hören konnte.
    »Um die Wachleute auszuwechseln, brauchen wir einen kleinen Dicken und zwei große Klopper.«
    Der Albaner nickte einem älteren Mann neben sich zu, der sich umdrehte, die Autoreihe abschritt und wenig später drei Kerle mit der benötigten Statur zu uns brachte.
    »Haben Sie Ihren Leuten gesagt, daß die schwarzhaarige Frau nicht angerührt wird?«
    Der Albaner nickte.
    »Und daß ich mit Ahrens sprechen muß?«
    »Wie erkennen wir Ahrens?«
    »Daran, daß ich ihn mir geschnappt habe. Man muß ihn mir dann nur einen Moment lassen.«
    »Gut.« Er machte einen Wink zu den Autos, und im nächsten Moment stand eine halbe Hundertschaft schwer bewaffneter Männer auf der Straße. Ein paar zappelige Kettchenträger waren auch dabei, aber die meisten wirkten so kühl und verläßlich wie eine militärische Spezialeinheit.
    Der Albaner sagte irgendwas auf albanisch, fünf Mann traten beiseite, um bei den Autos zu bleiben, dann setzte sich die Einheit in Bewegung. Während der große Rest vor einem Stück Mauer haltmachte, das vom Backsteingebäude aus nicht einzusehen war, und eine Leiter anlegte, schlichen ich, der kleine Dicke und die zwei Klopper zur Einfahrt. Die drei waren wirklich beeindruckend. Sie brauchten keine zwei Minuten, um dem Hessen und den zwei anderen das Genick zu brechen, sie auf die Straße hinter das halb geschlossene Eingangstor zu zerren, Anzüge und Kappen den Leichen aus- und sich selbst überzuziehen und plaudernd, als wäre nichts geschehen, zurück in den Hof zu schlendern.
    Wahrscheinlich war ich durch die letzte Woche ganz einfach verroht. Spätestens seit dem Bild von den unzähligen verbrannten Leichen vorm >New York< kam mir das Töten, soweit es Ahrens’ Leute betraf, unausweichlich, fast selbstverständlich vor. Dabei machte ich, ohne darüber nachzudenken, einen großen Unterschied zwischen denen, die hier und heute ins Gras bissen oder demnächst beißen würden, und den Schutzgelderpressern aus dem >Saudade<. Ob es daran lag, daß die Schutzgelderpresser in einer Zeit umgekommen waren, in der ich mich noch nicht an kriegsähnliche Auseinandersetzungen gewöhnt hatte, oder daran, daß ich mich für ihren Tod ganz alleine verantwortlich fühlte - jedenfalls besaßen sie in meiner Erinnerung Gesichter, während der Hesse und die Kleiderschränke, schon als sie noch lebten, nicht viel mehr als eine graue Masse mit Pistolen gewesen waren.
    Als ich die Leiter erreichte, stiegen gerade die letzten über die Mauer. Ich beeilte mich, wieder an die Spitze zum Albaner zu kommen. Ohne einen Mucks ging’s ins Haus und die Treppe hinauf. Eine Vorhut aus zwei Mann erstach eine weitere Wache, die an der Tür zum ersten Stock gesessen und Gameboy gespielt hatte. Dann schlichen wir in den Flur und hörten Stimmengewirr und Gläserklirren.
    Der Albaner gab ein Zeichen stehenzubleiben, nahm mich bei der Schulter und deutete auf die offene Tür zehn Meter weiter. »Ihr Auftritt. Holen Sie sich die Frau und Ahrens und gehen Sie mit ihnen ins nächste Zimmer. Sie haben eine Minute.«
    Ich schaute einigermaßen verblüfft, und wäre Zeit gewesen, hätte ich mich wohl bedankt.
    »Na, machen Sie schon!«
    Ich ging los, ließ auf dem Weg zur Tür meine Pistole in der Hosentasche verschwinden und betrat den Konferenzsaal. Es vergingen etwa zwanzig Sekunden, in denen mich keiner richtig wahrnahm und ich Zeit hatte, den Schock wegzustecken, an der schwarzhaarigen Frau mit Perlenkette ein dicknasiges, dunkeläugiges Gesicht wahrzunehmen.
    Irgendwer fragte mich was auf kroatisch, und im selben Moment entdeckte mich auch schon Ahrens. Zuerst guckte er einfach nur überrascht. Dann runzelte er die Stirn, wahrscheinlich bei der Frage, wie ich an den Wachen vorbeigekommen sei, bis sich seine
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