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Kayankaya 4 - Kismet

Kayankaya 4 - Kismet

Titel: Kayankaya 4 - Kismet
Autoren: Jakob Arjouni
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jetzt auch noch ein schlechtes Gewissen. Nicht nur, daß ich Romario nicht mochte, ich hatte ihn tatsächlich auf einen Streich um seine Arbeit, seine Wohnung und seine Stadt gebracht. Und das, nachdem ihm vor fünf Tagen schon der Daumen abhanden gekommen war.
    »Ahm, Romario…«
    »Was?!« bellte es hinter mir. Im nächsten Moment flammten Neonröhren auf, und aus der Küche strahlte kaltes Licht in den Speisesaal. Um die Leichen, die inzwischen aufgehört hatten zu bluten, breiteten sich über Fußboden und Wände rote, schleimige Tupfer aus, ähnlich gestreut wie bei geplatzten Farbbeuteln. Slibulsky saß, das Schrotgewehr wie ein Baby im Arm, auf einem Tisch, ließ die Beine baumeln und starrte angewidert vor sich hin.
    Ich wandte mich zur Küchentür. »Wie hätte ich wissen können, daß die sofort losschießen?«
    Romarios Kopf tauchte kurz im Türrahmen auf.
    »Es ist dein Job, so was zu wissen! Ob du’s kannst, is ‘ne andere Frage!«
    Du lieber Himmel! Das fehlte uns gerade noch, ein paar Klugscheißereien! Abgesehen davon, daß es nicht völlig an den Haaren herbeigezogen gewesen wäre, wenn er sich mal kurz nach Slibulskys und meinem Befinden erkundigt hätte. Schließlich war unsere heil gebliebene Haut ein Wunder. Von irgendeinem Gefühl, das die Toten betraf und über ihre Einschätzung als Störfaktor hinausging, ganz zu schweigen. Ich meine, sie waren nicht nur wegen des ungleich größeren Schadens, den sie anrichteten, doch was anderes als ein gebrochenes Wasserrohr.
    Ich langte hinter die Theke, angelte mir eine Flasche Schnaps und nahm einen tiefen Schluck. Dann beugte ich mich über die Leichen und durchsuchte ihre Anzüge. Ein silbernes Benzinfeuerzeug, ein Fläschchen Mundwasser, zwei Telefonkarten, ein halbes Päckchen Dunhill, eine Nagelfeile, fünfhundertsiebzig Mark und ein paar Münzen, drei Kondome, Autoschlüssel und zwei Sonnenbrillen. Weder Ausweise noch Führerscheine, nichts, was mir weitergeholfen hätte. Ich steckte alles ein und wollte mir ihre Kleidermarken ansehen, als ich hinter dem Gürtel der einen Leiche ein Mobiltelefon fand. Das Ding war so klein und fast so flach wie eine halbe Postkarte. Man klappte es auseinander, oben und unten deuteten drei feine Rillen Hör- und Sprechmuschel an, und die Nummern zum Wählen waren blau leuchtende Sensorentasten. Ich fand heraus, wo man, wenn es klingelte, auf Empfang schaltete, und schob das Telefon in meine Brusttasche.
    Romario brachte einen Schwung zusammengefalteter grauer Mülltüten und eine Rolle Klebeband. Slibulsky und ich verpackten die Leichen. Beide stumm, beide bemüht, nicht so genau hinzufühlen. Nach wie vor glühten die Heizungen, und unsere schweißnassen Hände rutschten immer wieder von Tüten und Gelenken ab.
    Als wir fertig waren, ging ich vor die Tür und sah mich nach dem zum Autoschlüssel passenden bmw um. Er war schwarz und neu und hatte ein Frankfurter Kennzeichen. Ich setzte mich rein, tastete unter den Sitzen, klappte das Handschuhfach auf, guckte hinter die Sonnenblenden, doch bis auf leere Energy-Drink-Flaschen, Bonbons mit Johannisbeergeschmack, Papiertaschentücher und eine große Dose Puder war der Wagen leer. Ich notierte mir das Kennzeichen, schloß den Kofferraum auf und ging zurück ins >Saudade<.
    Inzwischen waren Romario und Slibulsky dabei, Boden und Wände zu schrubben. Romario sah kurz zu mir hoch, und nach seinem Blick zu urteilen, hätte es ihn nicht gestört, wenn es mein Blut gewesen wäre, das er da entfernte.
    Ich ging in die Küche und suchte nach etwas, worin wir die Leichen möglichst unauffällig zum Auto bringen konnten. In der Vorratskammer fand ich einen riesigen Aluminiumtopf mit zwei Henkeln. Er hatte über einen Meter Durchmesser und war etwa genauso tief. Man konnte ein ganzes Schwein darin kochen oder mehrere Zentner Gemüse oder sonstwas, das reichte, um ein mittleres Dorf einen Tag lang zu verpflegen.
    »Was willst du damit?!« fuhr Romario auf, als ich das Ungetüm in den Speisesaal schleppte.
    »Es ist nie gut, zwei Meter lange Säcke nachts um eins in einen Kofferraum zu laden. Einen Topf voll Kartoffeln dagegen.. .«
    »Bist du verrückt?! So einen finde ich nie wieder!«
    »Bekommst ihn ja zurück.«
    »Du glaubst doch wohl nicht, daß ich danach noch Suppe drin kochen kann?!«
    »Meinst du, man schmeckt die beiden durch?«
    Seine Augen weiteten sich, und einen Moment schien es, als wolle er mir seinen Putzlappen um die Ohren schlagen.
    »Ja, das meine ich! Ich
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