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Kayankaya 4 - Kismet

Kayankaya 4 - Kismet

Titel: Kayankaya 4 - Kismet
Autoren: Jakob Arjouni
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werde sie durchschmecken! Jedesmal wenn ich den Topf benutzen werde, werde ich denken.. .«
    »He, he, he!« Slibulsky sah vom Putzeimer auf und brach zum ersten Mal seit der Schießerei sein Schweigen. »Was soll das mit dem Topf?«
    Romario wandte sich zu ihm um, und seine Miene glättete sich. Schon seit einer Weile war zu merken, daß er Slibulsky als eine Art Verbündeten gegen mich suchte.
    »Eben! Was soll das! Das ist nämlich mein Festtagssuppentopf!« erklärte er, offenbar in der Überzeugung, damit wäre das Thema für einen zivilisierten Menschen wie Slibulsky vom Tisch.
    »So. Und für welchen Festtag möchtest du ihn dir sauber halten? Den deiner Beerdigung?« fragte Slibulsky.
    »Oder deiner Verhaftung?« schlug ich vor und stellte den Topf zwischen die grauen Plastikwürste. Ohne Romario weiter zu beachten, drückten und quetschten wir die erste der noch warmen Leichen zusammen und rammten sie mit gezielten Tritten zwischen das Aluminium.
    »Hast du gesehen, daß ihre Gesichter weiß gepudert waren?« fragte Slibulsky.
    Ich nickte. »Als hätten sie fürs Totsein vorher schon mal geübt.«
    Nachdem wir geschaut hatten, ob die Straße leer war, schleppten wir den etwa achtzig Kilo schweren Topf zum bmw. Wir stemmten ihn hoch und kippten ihn über den geöffneten Kofferraum, doch nichts passierte. Der Kerl klemmte fest. Mit einer Hand und der Schulter hielten wir den Topf in der Luft, mit der anderen zerrten wir am Plastik. Die Tüte riß und irgendwas glibberte mir über die Hand.
    »Ich kotz gleich!« keuchte Slibulsky.
    Ich hörte es knacken. Slibulsky hatte irgendwas durchgebrochen, und endlich gab die Leiche nach. Mit dumpfem Plumps landete sie im Kofferraum. Wir sahen uns in die roten, schweißnassen Gesichter und schnappten nach Luft. Ich wischte mir die Hand an der Hose ab.
    Als sich unser Atem halbwegs beruhigt hatte, sagte ich: »Tut mir leid. Ich dachte, es würde nichts weiter passieren als ‘n bißchen Harte-Männer-Getue.«
    Slibulsky schnippte ein feuchtes Bröckchen von seinem T-Shirt. »Ich hoffe nur, der Tangomann kommt nicht auf die Idee, das Ganze uns in die Schuhe zu schieben.«
    »Bitte…?«
    »Na ja, theoretisch könnte er ja zur Polizei gehen und behaupten, Gangster hätten bei ihm ‘ne Schießerei angefangen. Er kenne dich zwar flüchtig als Gast, hätte aber keine Ahnung gehabt, daß du in Verbindung zur Mafia stehst.«
    »Slibulsky, ich bin Privatdetektiv!«
    Er stutzte, schaute ungläubig, dann gab er so was zwischen Lachen und Husten von sich. »Bist du in letzter Zeit zu oft von deinen Nachbarn gegrüßt worden? Du hast ‘n türkischen Namen, türkische Eltern, und du bist, seit du den Job machst, mit jedem zweiten Bullen in der Stadt aneinandergerasselt. Du glaubst doch nicht, daß die wegen ’nem läppischen Türschild auch nur eine Sekunde zögern werden, wenn sie die Chance haben, dich als anatolischen Terrorbaron zu verhaften?«
    »Es ist nicht nur ‘n Türschild, ich hab auch ’ne Lizenz.«
    Das war schwach, zugegeben, und Slibulsky machte sich gar nicht erst die Mühe, etwas darauf zu sagen. Tatsächlich wies er mich auf eine Möglichkeit hin, an die ich vorher keinen Augenblick gedacht hatte.
    Auf dem Weg zurück sagte ich: »Er ist Brasilianer, Tango kommt aus Argentinien.«
    »Na und? Du hast doch kapiert, um wen’s ging, oder?«
    Und auch da hatte er recht.
     
    Der Tangomann saß auf einem Stuhl, die Füße auf dem Tisch, und schien, während wir draußen gewesen waren, einige Beruhigungsgläschen gekippt zu haben. >Tangomann< paßte eins a: Ein längliches, zähes Gesicht mit kleinen fixen Augen, scharfer Nase und gekerbtem Kinn; halblange schwarze, wie lackiert glänzende Haare, die energisch nach hinten frisiert waren und bei Bewegungen wie aus einer einzigen Wurzel mitwippten; der Körper, sowieso ziemlich groß und breit, aber noch größer und breiter durch ein T-Shirt und eine Hose, die Romario vielleicht mal auf einem Schulhof in Rio gepaßt hatten, dazu seine offenbare Überzeugung, niemand sei groß genug, um nicht noch Schuhe mit fünf Zentimeter hohen Absätzen tragen zu können.
    Die inzwischen eher unfixen Augen starrten uns an. Wir konnten zusehen, wie er die Lippen anstrengen mußte, damit zwischen ihnen ein Laut entstand. Waren es vielleicht keine Gläschen, sondern Beruhigungfläschchen gewesen? Was und wie mußte man trinken, um in kaum zwanzig Minuten in einen Zustand mangelnder Artikulationsfähigkeit zu gelangen? Neben ihm stand
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