Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kauft Leute

Kauft Leute

Titel: Kauft Leute
Autoren: Jan Korssdorff
Vom Netzwerk:
muskulöse Oberarme statt der zarten Gliedmaßen, die früher nur dazu dienten, eine Zigarette zu halten und in die Tastatur ihres Macs zu klopfen. Ihre Waden waren stark und sehnig, und ihre Körperhaltung aufrecht. Es kam ihr sogar vor, als hätte ihre Sehkraft zugenommen, im Supermarkt fand sie Produkte nun doppelt so schnell.
    Caro hatte noch eine Viertelstunde Zeit, also ging sie in den nächsten Klamottenladen und kaufte sich ein frisches Oberteil. In der Toilette eines Schnellrestaurants wusch sie sich den Schweiß vom Körper und wechselte das Leibchen. Sie trug neues Deo auf und zog den Kajal nach, der sie mondäner und unerschrockener aussehen ließ, wie Caro hoffte. Um Punkt 10 stand sie vor dem gemieteten Büro, in dem das Management der HÜMANIA-Filiale Wien untergebracht war, solange der Markt im Süden der Stadt noch nicht fertiggestellt war. Sie öffnete die Glastür und sah sich einer Sekretärin hinter einem schmalen Rezeptionstisch gegenüber. Caro baute sich artig vor ihr auf, stellte sich vor und erklärte, dass sie der 10-Uhr-Termin war. Die hübsche Empfangsdame, die etwas älter als Caro und atemberaubend perfekt gestylt war, nickte freundlich.
    »Ich werde Quintus Danesita gleich Bescheid geben!«
    Quintus Danesita
. Caro hörte den Namen zum ersten Mal, und er trug dazu bei, dass sie sofort um ein ganzes Stück nervöser wurde. Der Name klang nach einem Südamerikaner. O Gott, vielleicht musste sie das Vorstellungsgespräch auf Englisch führen? Oder auf Spanisch! Caro begann wieder zu schwitzen. Sie sprach gut englisch, hatte Präsentationen auf Englisch gehalten und amerikanische Kunden durch Wien geführt, aber ein Vorstellungsgespräch war etwas anderes …
    Die Sekretärin hatte Danesita inzwischen an der Leitung.
    »Carolin Novara ist hier. Ja, Texterin … Äh, einen Moment … Bei BSC Donau, der Werbeagentur … Genau. Genau. Ob sie …? Also … ja, ich denke, das wird sie!«
    Die Sekretärin kämpfte mit dem Lachen und drehte sich ein Stück von Caro fort.
    »Nein, das müssen Sie sie selbst fragen! … Ja, ist gut. Nein, ich habe mir etwas mitgebracht, aber vielleicht morgen Mittag … Genau. Soll ich Frau Novara jetzt reinschicken? In Ordnung. Kaffee? Ok … Etwas dazu? Nein, der ist aus. Der ist aus, und ich glaube, es ist besser, wir kaufen ihn nicht nach. Ok. Ja, vielleicht morgen. Ich schicke sie jetzt rein. In Ordnung.«
    Die Empfangsdame legte auf. Sie hatte plötzlich Farbe auf den Wangen und wirkte vergnügt, aber auch verlegen.
    Caro fragte zaghaft und betete, die Antwort lautete Ja: »Ist es vielleicht ungünstig heute?«
    Die Sekretärin fasste sich wieder und antwortete: »Nein, nein, Sie können schon rein zu ihm! Hier durch und die erste Tür rechts!«
    »Ok, dann mache ich mich mal auf den Weg …«
    Die Sekretärin nickte und zeigte auf die Tür.
    Es waren harte zehn Meter für Caro bis zur Tür von Quintus Danesitas Büro.
    Sie sagte zu sich selbst: »Ich kann das. Ich hab mir das verdient. Ich ziehe das durch.«
    Sie klopfte an und öffnete die Tür. Es war ein kleines Büro. An der hinteren schmalen Wand befand sich ein großes Fenster, links ein einfacher Schreibtisch. An der rechten Seite des Raums standen Umzugskartons und Ordner. Über dem Schreibtisch hing ein Poster. Es zeigte einen attraktiven Mann in Gärtnerkleidung, der den Rasen mähte und dabei einen kleinen Jungen auf der Schulter trug. Im Hintergrund stand Arm in Arm ein Paar, das die beiden lächelnd beobachtete. Die Überschrift lautete:
    »N ICHT NUR EIN J OB – EINE Z UKUNFT «.
    Rechts unten prangte das HÜMANIA-Logo.
    Quintus Danesita saß am Schreibtisch und studierte eine Excel-Tabelle auf seinem Monitor. Erst als Caro die Tür hinter sich schloss, registrierte er sie. Sofort sprang er auf und eilte ihr die kurze Strecke entgegen. Er schüttelte ihre Hand und lächelte sie an. Caros erster Gedanke, als sie ihn sah, war:
Nicht Südamerikaner
.
    »Setzen Sie sich hierher, bitte! Tolle Farbe haben Sie, schauen Sie mich an dagegen, schauderhaft.« Danesita nahm Caros Unterlagen zur Hand und blätterte sie durch. »So … Novara – darf ich fragen, woher der Name kommt?«
    »Es ist eigentlich ein italienischer Name. Aber meine Familie stammt aus einem Wiener Arbeiterbezirk. Das geht einige Generationen zurück.«
    »Die Novara war auch ein Schiff, nicht wahr?«
    »Ja, es war das Schiff, mit dem die erste österreichische Weltumseglung stattfand.«
    »Interessant …«
    Danesita lächelte vor
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher