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KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

Titel: KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)
Autoren: Matthias Zipfel
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Sonia!«, rief ich ihr hinterher.
    Sie blieb stehen und drehte mir mit elegantem Schwung aus Hüfte und Schultern das Gesicht zu. Herrlich, denn jetzt konnte ich sie gleichzeitig von vorne und von hinten bewundern!
    »Ja?«
    »Heute Morgen sollte eine Frau Gottwald zu einem Vorstellungsgespräch kommen und vor der Tür auf mich warten. Haben Sie sie vielleicht gesehen?«
    Jetzt wurde sie rot. Und ihr stand das erheblich besser als mir.
    »Ja, also ... die habe ich nach Hause geschickt. Weil der Job leider schon anderweitig vergeben wäre. Ich habe das natürlich in Ihrem Namen sehr bedauert ... böse, Chef?«
    »Na ja, eigentlich geht das zu weit ... aber andererseits zeigt es mir, dass Sie wirklich wissen, was Sie wollen, und das wiederum gefällt mir. Vielleicht könnten wir beide wirklich ein gutes Team werden.«
    Sie zog leise die Tür hinter sich zu und ich öffnete die Fenster. Dann ging ich in das kleine Badezimmer nebenan und zog meinen bekackten Schuh aus. Während ich versuchte, mit Toilettenpapier und Handdusche endlich den Hundedreck loszuwerden, hörte ich im Nebenzimmer das Telefon klingeln. Ausgerechnet jetzt. Ich ließ Schuh und Dusche fallen, lief zum Schreibtisch und nahm ab.

2
    Es war Sonia. »Hier wartet eine junge Dame, die Sie unbedingt sprechen möchte, Chef! Meinen Sie, Sie können diesen Termin noch irgendwie dazwischen schieben?«
    »Soll hereinkommen, sagen wir, in ungefähr fünf Minuten, okay?«, sagte ich. Und dachte dabei: Bravo Sonia, guter Start, nicht ungeschickt!
    Ich ging zurück ins Badezimmer, um meinen Schuh wieder anzuziehen. So richtig sauber war er immer noch nicht. Dafür lag er jetzt auf dem Boden der Duschkabine, bis zum Rand voll mit Wasser wie ein leckgeschlagenes Ruderboot. Man sollte eben das Wasser richtig abstellen, bevor man zum Telefon rennt. Oder wenigstens den Duschkopf nicht in, sondern neben den Schuh legen. Oder, auch eine Möglichkeit, am besten gar nicht erst in Hundescheiße treten. So konnte ich das Ding jedenfalls nicht anziehen. Also zurück ins Büro, die richtige Pose einnehmen, nämlich: locker-leger, dynamisch-elegant, spielerisch-professionell, und auf den ersten Klienten warten.
    Die »junge Dame« war wirklich jung, und zwar nicht älter als zwölf oder dreizehn, schätzte ich. Hübsches, rundliches Gesicht, umrahmt von einem perfekt geschnittenen Bubikopf. In den Ohren steckten, wie mir schien, teure Ohrringe und die Klamotten sahen schwer nach Edel-Designer aus. Die klaren, grau-blauen Augen wirkten wach und kühl. Lediglich der Mund schien eine Spur zu groß geraten. Oder besser: eine Idee zu rund. Oder noch besser: einen Hauch zu voluminös. Unter ihrem linken Ellbogen klemmte eine Handtasche, deren Marke sogar ich kannte. Ihre ganze Erscheinung wirkte auf völlig unkindliche Weise fast mondän.
    Ich deutete auf den Besucherstuhl und wartete, bis sie sich hingesetzt hatte. Ganz vorne, direkt an die Kante. Ihr Blick fiel auf meine Füße. Mich wunderte, wie wenig sie wunderte, dass ich nur am linken Fuß einen Schuh trug, rechts dagegen nichts weiter als eine bunt karierte Socke.
    Als sie anfing zu reden, sah ich das Glitzern auf ihren Zähnen, die wie kleine gefährliche Raubtiere hinter ein Metallgitter gesperrt waren. Und beim Sprechen haderte ihre Zunge anscheinend mit dem Fremdkörper im Mund, was sie zischeln ließ wie eine aufgeregte Ringelnatter.
    »Mein Name ist Vanessa Lappé. Und ich sage Ihnen gleich: Ich weiß selbst, dass ich mit diesem Ding doof aussehe, aber ich muss die Spange eben noch eine Weile tragen. Geht nicht anders. Also bitte keine blöden Witze!« sagte sie.
    Ich lächelte irritiert und schimpfte innerlich mit mir selbst, weil ich wohl zu offensichtlich auf ihren Mund gestarrt hatte.
    »Selbstverständlich, Vanessa! Aber wie kommst du eigentlich darauf, dass ich mich über deine Zahnspange lustig machen könnte?«
    »Schlechte Erfahrungen! Es gibt Leute, die tun nichts lieber als das.«
    »Zum Beispiel?«
    »Meine Stiefmutter.«
    »Sehe ich etwa aus wie deine Stiefmutter?«, sagte ich und lispelte dabei so täuschend echt, als wäre ich Vanessas Echo.
    Sie kicherte, und das hörte sich witzig an. Ungefähr so, wie ein umgekipptes Fläschchen Ahornsirup, das munter gluckernd ausläuft. Dann wurde sie wieder ernst, von einem Augenblick auf den nächsten.
    »Ich hoffe wirklich sehr, dass Sie mir helfen können!«
    »Dazu müsste ich erst mal wissen, worum es überhaupt geht.«
    »Mein bester Freund ist verschwunden.
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