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KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

Titel: KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)
Autoren: Matthias Zipfel
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Oder nein: Gottfried ist entführt worden! Da bin ich ganz sicher. Und Sie müssen ihn mir zurückbringen!«
    »Sorry, aber Entführungen sind eine Nummer zu groß für mich. Das ist Sache der Polizei. Aber rein interessehalber: Wer ist denn dieser Gottfried? Ein Freund aus der Schule?«
    »Ach was! Die Jungs in der Schule sind doch alle so unreif und blöd!« Sie verdrehte die Augen, als wären Jungens in ihrem Alter noch schlimmer als eine Zahnspange.
    »Gottfried ist mein kleiner Liebling. Gottfried versteht mich. Gottfried ist eben Gottfried.«
    »Dann solltest du zur Polizei gehen. Wie gesagt.«
    »War ich ja schon, aber die haben mich überhaupt nicht ernst genommen. Sie meinten, sie wären nicht zuständig für Vierbeiner.«
    Ich beugte mich über den Schreibtisch zu ihr hinüber, vollauf damit beschäftigt, meine Gesichtszüge nicht entgleisen zu lassen.
    »Wie bitte?«
    »Na ja, Gottfried ist mein Hund. Ein Dobermann!«
    Heilige Hundeschnauze – die Kleine hatte entweder nicht alle Tassen im Schrank oder wollte sich über mich lustig machen. Na warte!
    »Ach so, das ist natürlich etwas völlig anderes«, sagte ich todernst. »Hatte das Entführungsopfer deines Wissens nach denn irgendwelche ... Feinde?«
    »Sie nehmen mich nicht ernst. Genau wie die anderen! Dabei hatte ich den Eindruck ...«
    Sie stockte. Das glitzernde Metall verschwand hinter vorgewölbten Lippen, die vor Wut und Enttäuschung leicht zitterten, die Strahleaugen wurden feucht. Und ich bekam ein schlechtes Gewissen.
    »Also gut, Vanessa. Spulen wir noch mal auf Anfang, okay? Wie kommst du darauf, dass dein Hund entführt wurde und nicht einfach weggelaufen ist? Warum und von wem sollte er entführt worden sein? Und überhaupt: Wer um alles in der Welt würde schon einen Hund entführen? Vielleicht liegt der gute Gottfried in diesem Augenblick schon wieder mit wedelndem Schwanz in seinem gemütlichen Hundekörbchen, meinst du nicht auch?«
    Vanessa schüttelte energisch den Kopf.
    »Erstens würde Gottfried niemals weglaufen! Zweitens weiß ich ganz genau, dass meine Stiefmutter ihn nicht leiden kann! Und drittens macht es ihr Freude, mir wehzutun!«
    »Du meinst also, deine Stiefmutter hat deinen Hund entführt, und zwar nur, um dir wehzutun? Was würdest du eigentlich dazu sagen, wenn du jetzt an meiner Stelle wärst?«
    »Ich würde Ihnen glauben! Ich würde nicht einfach für Unsinn halten, was Sie mir erzählen. Und überhaupt: Sie kennen eben meine Stiefmutter nicht! Ach, was soll’s! Helfen Sie mir nun oder nicht? Ich kann Sie bezahlen, genau wie jeder andere Kunde. Und Sie sind doch schließlich Detektiv oder?«
    Sie öffnete mit einer schnippisch-unwirschen Geste, wie nur Mädchen im Teenie-Alter sie zustande bringen, ihre Handtasche. Ich hatte komischerweise keinerlei Zweifel, dass sie mir gleich einen schönen Batzen Geld auf den Schreibtisch knallen würde. Vielleicht würde aber stattdessen auch die Tür aufgehen und ein aufgeräumter Moderator mir mit Grinsegesicht eröffnen, dass ich soeben auf die »Versteckte Kamera« oder sonst irgendeinen Scheiß hereingefallen wäre. Jetzt hieß es also, cool und abgeklärt zu bleiben. Schließlich gab es für mich im Moment außer einem Haufen Schulden und einer drei Viertel Portion Würde nicht viel, was ich zu verlieren hatte. Ich lehnte mich also mit kameragerechter Gelassenheit und gleichzeitig voll augenzwinkernder, wissender Ironie zurück in meinen Schreibtischsessel.
    »Unter den wenigen Prinzipien, die ich habe, gibt es eins, das sich ganz gut bewährt hat: Ich nehme nie Geld von Leuten, denen ich ohne Trittleiter auf den Kopf spucken kann.« Und weil sich keine Tür öffnete, niemand grinsend den Raum betrat und Vanessa mich immer noch erwartungsvoll ansah, fuhr ich geistesgegenwärtig fort: »Aber ich mache dir einen Vorschlag: Ich kann mich ja mal im Tierheim erkundigen, ob bei denen ein Dobermann namens Gottfried abgeliefert wurde. Und dich dann auf dem Laufenden halten. Ist doch ein Angebot, oder?«
    Vanessa nickte kurz, klemmte sich ihre Handtasche wieder unter den Arm, rutschte vom Stuhl und reichte mir ihre Visitenkarte. Auch eine Zwölfjährige ging heutzutage nicht ohne Visitenkarten aus dem Haus, war mir schon klar.
    »Dann will ich Sie jetzt nicht länger aufhalten. Sie haben ja so viel zu tun, wie ich gehört habe«, sagte sie reichlich altklug. »Am besten, Sie besuchen mich am späten Nachmittag oder abends, wenn es etwas Neues gibt. Ich habe nämlich auch
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