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KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

Titel: KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)
Autoren: Matthias Zipfel
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auch das einzige vernünftige Foto, das es von mir gab.
    Mein Blick wanderte vom Foto über die Tischkante, zwei tadellose Beine entlang, dann, mit gerade noch anständiger Verzögerung, höher und höher und saugte sich schließlich in den himmelblauen Augen meines Gegenübers fest.
    »Also, Frau Morelli ...«
    »... Sonia, nennen Sie mich Sonia ...«
    »... in Ordnung, Sonia, Sie kommen also wegen der Annonce. Aber Ihnen ist schon klar, dass ich bei der ausgeschriebenen Stelle an eine Art bezahltes Praktikum gedacht habe, oder? Das Geschäft läuft erst an, wissen Sie, und dass bedeutet: Im Moment kann ich ...«
    »... also, was die Bezahlung angeht, hätte ich einen Vorschlag: Machen wir doch eine Probezeit aus, ein halbes Jahr oder so, in dem ich gar nichts von Ihnen bekomme. Und danach sehen wir dann schon weiter.«
    »Ich glaube, ich verstehe jetzt nicht so recht ...«
    »Also, die Sache ist die: Ich habe die letzten Jahre als Model gearbeitet – Mode, Werbespots, ein paar Nebenrollen in ziemlich doofen, kleinen Filmen und so – und dabei nicht schlecht verdient. Zumindest so gut, dass ich bis auf Weiteres davon leben kann. Aber jetzt möchte ich mal etwas ganz anderes machen. Ein Buch schreiben, einen Krimi vielleicht. Und da wäre dieser Job für mich die perfekte Inspiration. An der Quelle sozusagen. Meine Qualifikation stimmt übrigens auch: Ich spreche fließend Englisch und Französisch, kenne mich mit dem Computer und den gängigen Officeprogrammen aus, Internet und E-Mail natürlich sowieso. Am Telefon bin ich unschlagbar. Und außerdem fände ich es sehr aufregend, für einen Detektiv zu arbeiten.«
    Ich lehnte mich in meinen Sessel zurück, hob beschwichtigend die Arme und hoffte, das Glitzern in meinen Augen würde mich gleich selber Lügen strafen. Wenigstens ein bisschen.
    »Na ja, Sonia, so aufregend wie Sie wahrscheinlich denken ist der Job eines Detektivs nun auch wieder nicht.«
    »Vielleicht. Aber ich stelle mir das alles trotzdem ziemlich interessant und abwechslungsreich vor. Und bestimmt wären wir ein tolles Team! Habe ich so im Gefühl.«
    Ich überlegte einen Augenblick. War natürlich reine Verzögerungstaktik, denn ihr Angebot war absolut unwiderstehlich! Und ich sah jetzt den Fehltritt im Hauseingang mit völlig neuen Augen.
    »Also gut, lassen Sie es uns miteinander versuchen. Und wenn Sie wollen, können Sie gleich anfangen.«
    »Fein, das freut mich!«
    Ich sah, wie sie einen Augenblick lang zögerte und dann so beiläufig wie möglich fortfuhr: »Ach übrigens: Bevor der erste Klient hier eintrudelt, sollten wir vielleicht das Fenster öffnen. Es riecht hier nämlich etwas streng nach ... Hundekacke!«
    Meine Ohren begannen zu glühen, als hätte sie gerade jemand durch eine Heißmangel gedreht und dann wieder notdürftig an meinen Schädel gepappt. Meine Ohren glühen immer in peinlichen Situationen. Und das ärgert mich, weil man mir dann jedes Mal genauso gut mit Neonschrift auf die Stirn malen könnte: »Hey Leute, nehmt das nicht so ernst, der Kerl ist gar nicht so cool, wie er tut. Guckt euch nur mal seine Ohren an, hoho, hähä!«
    Andererseits musste ich mich selber in Schutz nehmen. Schließlich saß ich vor der aufregendsten Frau, der ich seit hundert Jahren begegnet war, hatte diese Märchenfee gerade als Sekretärin eingestellt, versuchte Eindruck zu schinden und tiefstapelnd hochzustapeln, dass es krachte ... und an meinem Schuh stank Hundescheiße!
    »Apropos«, sagte ich so lässig wie möglich, »da hätte ich schon mal den ersten Auftrag für Sie: Rufen Sie bitte den Hausmeister an. Der soll dafür sorgen, dass der Dreck am Hauseingang entfernt wird. Und zwar dalli. Die Adresse müsste ...«
    »... finde ich schon heraus, kein Problem!«
    »Und danach bitte den Komiker von Maler. Vielleicht schafft er es ja im zweiten Anlauf, den richtigen Namen auf die Tür zu pinseln. Die Firma heißt Bartsch oder Kartsch oder Knartsch, die Adresse müsste ...«
    »... finde ich auch raus, Chef!«
    Chef – vier kleine, unbedeutende Buchstaben, die sich aber aus Sonias Mund verdammt gut anhörten. Musste ich zugeben. Deshalb entschied ich nach kurzer innerer Abstimmung und mit hauchdünner Mehrheit, dass wir es bei dieser Anrede belassen sollten. Wenigstens fürs Erste.
    Während ich mich noch selbst für meine demokratische Entscheidungsfindung lobte, war Sonia schon aufgestanden und auf dem Weg Richtung Vorzimmer, um die Telefonate zu erledigen.
    »Einen Moment noch,
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