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KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

Titel: KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)
Autoren: Matthias Zipfel
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immer sooo viel zu tun, wissen Sie?«
    Ohne ein weiteres Wort verließ sie mein Büro, und ich schüttelte den Kopf in der Hoffnung aufzuwachen. Aber ich war schon wach, genau, wie ich es insgeheim befürchtet hatte.
    Ich hörte noch, wie sie ein paar Worte mit Sonia wechselte, konnte aber nichts Genaues verstehen. Dann verschwand sie endgültig.
    Ich stand auf und ging ans Fenster. Nach einer kurzen Weile sah ich ihren schwarzen Bubikopf. Sie kam aus dem Eingang, sah sich kurz um und steuerte auf einen silbergrauen Porsche Cayenne zu, der in der zweiten Reihe parkte. Natürlich in der zweiten Reihe, natürlich silbergrau, natürlich ein Cayenne. Wie sollte man auch sonst die vielen Hundert Meter unwegsamer Wildnis überwinden, die sich zwischen Aldi-, Lidl-, Douglas- und sonstigen Filialen und den bevorzugten Luxusboutiquen erstreckte? Und warum wunderte ich mich auch nicht darüber, dass ein Fahrer in korrektem Anzug die rechte, hintere Tür aufriss, geduldig wartete, bis Vanessa auf dem Rücksitz Platz nahm, und sich dann dienstbeflissen hinter das Lenkrad klemmte?
    Das war er also nun, mein erster »Fall«: ein entführter Dobermann, Lösegeldforderung noch ungewiss, die Klientin ein frühreifes Mädchen aus wohlhabendem Hause. Und ich um ein Haar davor, ihr Sparschwein zu schlachten: Keine Frage, einer glänzenden Karriere als Detektiv stand jetzt wohl nichts mehr im Wege!

3
    Ich setzte mich wieder an meinen Detektiv-Schreibtisch, lehnte mich lässig zurück, legte die Füße auf die aufgeräumte Tischplatte und hoffte darauf, dass sich gleich das gute »Philip-Marlowe-Gefühl« einstellen würde.
    Zugegeben, meinen ersten Fall hatte ich mir etwas anders vorgestellt: kleine, schmutzige Überwachung eines mittleren Angestellten mittleren Alters zum Beispiel, der mit einem leidlich beherzten Seitensprung seinem mittelmäßigen Leben einen mittelprächtigen Kick verpassen wollte. Mit der Sekretärin, auf die auch alle Kollegen scharf waren und die ihm eindeutige Avancen machte, wenn das Schicksal sie im Kopierer-Raum zusammenbrachte. Oder: der überraschende Besuch einer atemberaubenden Brünetten, die mich mit samtweicher, ein wenig rauer Stimme in ein Abenteuer aus Liebe, Eifersucht und anschließendem Verbrechen aus Leidenschaft lockte. Auch nicht schlecht. Vielleicht saß jetzt aber auch ein gewaltsam entführter Dobermann, gefesselt und mit geknebelter Hundeschnauze, in einem dunklen Kellerverlies und wartete sehnsüchtig auf seinen Retter – auf mich!
    Sonia kam durch die Tür und riss mich aus meinen Tagträumen. Sie trat an meinen Schreibtisch mit einem Briefumschlag in der Hand, auf dem in kindlicher Schönschrift »Herrn Katz, Detektiv« stand.
    »Hat mir die Kleine von vorhin beim Abschied in die Hand gedrückt. ›Für Sie‹, sagte sie, legte den Umschlag auf den Tisch und verschwand dann so leise, wie sie gekommen war.
    Ich ahnte schon, was in dem Umschlag sein würde. Und tatsächlich. Zweihundert Euro, dazu ein handgeschriebener Zettel:
Lieber Herr Katz,
ich freue mich, dass Sie in meiner Angelegenheit tätig werden! Anbei eine Anzahlung von 200 Euro, die hoffentlich erst einmal reichen wird. Bitte halten Sie mich über die Fortschritte regelmäßig auf dem Laufenden.
Mit freundlichen Grüßen
Vanessa Lappé
    Alle Achtung, so schaffte man Fakten! Das kleine, zischelnde Biest hatte also von Anfang an geplant, mich aus dieser Sache nicht mehr herauszulassen. Jetzt war mir auch klar, warum sie auf mein reichlich laues Hilfsangebot so anspruchslos, widerspruchslos und wortlos reagiert hatte.
    Andererseits: Irgendetwas an der Sache reizte mich tatsächlich. Vielleicht weil diese Entführungsstory so hanebüchen war? Vielleicht weil Vanessa für eine Zwölfjährige schon viel zu traurige Augen hatte? Vielleicht weil ihre Familienverhältnisse, nun, sagen wir mal: nicht ganz unproblematisch zu sein schienen? Wie auch immer: Ich würde das Geld natürlich nicht behalten, sondern zurückgeben. Persönlich. Und da konnte es doch vielleicht nicht schaden, sich vorher über die Lappés mal etwas gründlicher zu informieren. Schließlich: Profi ist Profi. Und eine gute Vorbereitung meistens die halbe Miete. Außerdem war ich schon immer neugierig, und die brisanten Fälle stapelten sich im Moment ja nicht gerade. Also, Füße runter vom Schreibtisch, Laptop aufgeklappt und ran an die Arbeit!
    Bei Google erschienen unter »Lappé, München« ungefähr 40.000 Treffer. Die Einträge auf den ersten fünf Seiten
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