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Katharsia (German Edition)

Katharsia (German Edition)

Titel: Katharsia (German Edition)
Autoren: Jürgen Magister
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gebückt unter ihren Habseligkeiten. Die Wiese am Wegesrand war übersät mit Haushaltsgegenständen, zurückgelassen, weil sie zu schwer oder unbrauchbar geworden waren: zerbeulte Töpfe, schmutzige Wäschebündel, zerbrochene Stühle, Kinderwagen ohne Räder, Fernsehapparate, Stehlampen, Bügeleisen und kleine Schränke, deren Türen schief in den Angeln hingen. Seit einigen Tagen stand am Wege sogar ein ziemlich ramponiertes Klavier schief auf einem Leiterwagen, der unter der Last des Instrumentes zusammengebrochen war. Jedes Mal, wenn Sando daran vorbeikam, juckte es ihm in den Fingern, die Tasten anzuschlagen. Aber er traute sich nicht. Zu viele Leute waren hier unterwegs.
    Von dem Klavier aus war es nicht mehr weit bis zu jener Stelle, wo sich der Blick auf drei Märchenschlösser auftat. An ihnen war die Katastrophe spurlos vorübergegangen. Als wäre nichts geschehen, thronten sie auf dem bewaldeten Hang, der sich am jenseitigen Ufer des Flusses hinzog. Eines davon beherbergte das Retamininstitut, dessen Direktor gemeinsame Sache mit den Seelenrettern gemacht hatte. Aber für Sando war das Schnee von gestern.
    Er ließ sich auf der Wiese nieder und betrachtete die Landschaft. Unweit von hier lag der Unterschlupf, den man ihm zugewiesen hatte. Es zog ihn nicht dorthin. Hier konnte er freier atmen als in dem finsteren Loch im Keller der halb verfallenen Villa. Ihn fröstelte, denn die Wiese lag bereits im Schatten. Nur die Schlösser am Hang erstrahlten noch feuerrot von der Glut der untergehenden Herbstsonne. Er lehnte sich zurück, stützte die Hände ins Gras.
    Lange saß er so da, verfolgte, wie der Schatten den Flusshang hinaufwanderte, die Schlösser erreichte und schließlich auch das Lodern der Zinnen in ein trübes Grau überging. Ein leises Geräusch ließ ihn aufhorchen. Es surrte wie ferner Motorenlärm. Sando reckte den Hals, wollte wissen, wer die Dreistigkeit besaß, die Wiese als Fahrweg zu benutzen. Rechterhand lag eine Flussbiegung. Von dorther kam das Geräusch. Es näherte sich und erschien dem Lauschenden plötzlich merkwürdig vertraut.
    MATMAN , schoss es ihm durch den Kopf.
    Dann tauchte das erste Motorrad auf. Fünf weitere folgten. Unangenehm berührt sah Sando die schwarzen Gestalten, die auf den Maschinen hockten, die Gesichter getarnt hinter undurchsichtigen Visieren. Trieb Lemmings alte Bande nun offen ihr Unwesen in der Stadt?
    Die schwarz glänzende Phalanx hielt direkt auf ihn zu, bremste, als sie ihn erreicht hatte.
    „Da haben wir ihn ja endlich!“
    Der Anführer sprach mit Lemmings Stimme.
    Nein , dachte Sando. Das ist unmöglich! Er hatte Mike zuletzt in der Festung Makala gesehen – als Seele beim Angriff auf Wolfenhagen. Danach hatte er ihn aus den Augen verloren.
    Der Anführer stieg vom Motorrad, setzte sich zu Sando wie ein alter Vertrauter. Auf der Brust seiner Lederjacke prangte das Zeichen, das Sando schon bei der Begegnung am Schwarzen See aufgefallen war: eine Seele, die sich durch ein B schlängelte. Das B stand für „Battoni“, den ehemaligen Präsidentenberater.
    Die Gestalt, die aus dem Gestern zu stammen schien, nahm nach einer wohlgesetzten Spannungspause den Helm ab.
    Sando entfuhr ein Laut der Überraschung. Mike Lemming strahlte ihn an, freundlich, offenherzig. Keine Narbe verzerrte mehr sein Gesicht.
    „Da staunst du, was?“
    „Das kann man wohl sagen.“
    Mit unverhohlener Verwunderung betrachtete Sando seinen alten Widersacher, dem er sich seit ihrer abenteuerlichen Fahrt durch den Hades irgendwie verbunden fühlte.
    Lemming wandte sich derweil launig an seine Leute, die noch immer auf den Motorrädern saßen: „Kommt runter von euren MATMANS und setzt euch zu uns! Das ist Sando!“
    „Ist das nicht der Kerl vom Schwarzen See?“, kam es skeptisch zurück.
    „Genau der! Aber jetzt ist er mein Freund. Nun kommt schon! Keine Angst, er tut euch nichts!“
    Er lachte herzlich und beobachtete mit Vergnügen, wie die schwarzen Gestalten ihre Visiere hochklappten, Sando artig mit Handschlag begrüßten und sich im Kreis niederließen.
    „Wie hast du es nur angestellt, so schnell an Retamin zu kommen?“, fragte Sando.
    „Es hat sich so ergeben …“ Lemming grinste. „Ich habe gesehen, wie du General Assadi den Key gegeben hast, und bin ihm nicht von der Pelle gerückt in der Hoffnung, dass das Ding mal wieder anfängt zu qualmen.“
    „Und wie ich sehe, mit Erfolg.“
    Lemming nickte vergnügt.
    „Als ich Assadi ins Haus der Gefahrenabwehr
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