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Kastner, Erich

Kastner, Erich

Titel: Kastner, Erich
Autoren: Die verschwundene Miniatur
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zurück. »Der Generaldirektor erwartet uns. Der Portier ist angewiesen, uns ins erste Stockwerk zu bringen.« Er lächelte. »Da kann ich wohl meine Leute, die das Haus umstellt haben, wegschicken?«
    »Bloß nicht!« rief Külz. »Wer weiß, was hier wieder für ein Schwindel dahintersteckt! Womöglich will man uns in eine Falle locken, und der Generaldirektor und sogar der Portier sind verkleidete Räuber! Lassen Sie Ihre Wachtposten ruhig noch ein bißchen hier!«
    »Na schön«, sagte der Beamte und ging den anderen, die ihm zögernd folgten, voraus. Ein Bote brachte sie in den ersten Stock und führte sie in einen luxuriös eingerichteten Empfangsraum.
    Wenig später erschien der Generaldirektor der »Berolina«, Herr Kühlewein. Er sah sehr schneidig und repräsentativ aus, machte sich mit den Herrschaften bekannt und freute sich, wie er mehrfach betonte, ganz außerordentlich, den berühmten Kunstsammler Steinhövel bei sich zu sehen.
    Nachdem er ziemlich viel Charme verbreitet hatte, setzte er sich und drückte energisch auf eine Klingel. Dann wandte er sich erneut an den Sammler. »Ich bin über den Abschluß zwischen Ihnen und unsrer Gesellschaft nur in großen Umrissen orientiert. Die Fülle der Geschäfte entschuldigt mich, wie ich hoffe. Immerhin glaube ich gehört zu haben, daß Sie wegen der Miniatur, die Sie in Kopenhagen für sechshunderttausend Kronen erworben und bei Kristensen, unserm dänischen Generalvertreter, mit fünf hunderttausend Mark versichert haben, vorübergehend in einiger Sorge waren.«
    Die anderen Anwesenden waren verblüfft und wechselten erstaunte Blicke. Der zierliche alte Herr Steinhövel faßte sich als erster. »Ich war in Sorge? Erlauben Sie, Herr Kühlewein! Ich bin noch immer in Sorge! In großer Sorge sogar!«
    Der Generaldirektor begriff das nicht. »Aber warum denn, verehrter Herr Steinhövel?«
    Ein Angestellter, dem das Klingelzeichen gegolten haben mochte, trat ins Zimmer und verbeugte sich.
    »Unser Prokurist«, erläuterte Kühlewein. »Lieber Klapproth, hier ist der Tresorschlüssel. Seien Sie so gut und bringen Sie uns das Päckchen, das die Kopenhagener Miniatur enthält.«
    Prokurist Klapproth ergriff den Tresorschlüssel und entfernte sich.
    »Nun schlägt’s dreizehn!« rief Oskar Külz.
    Herr Steinhövel zupfte aufgeregt an seinen Manschetten. »Sie müssen schon verzeihen, Herr Kühlewein, daß wir außer uns sind.
    Aber die Miniatur, die Sie in Ihrem Tresor zu haben behaupten, wurde vor einer knappen Stunde aus der Wohnung des Herrn Külz gestohlen!«
    »Jawohl«, sagte Külz. »Sie hing überm Sofa in der Ladenstube.«
    Fräulein Trübner ergänzte: »Weil wir sie für die Imitation hielten.
    Das war jedoch ein Irrtum.«
    Der Generaldirektor Kühlewein betrachtete die anderen, wie ein Dompteur seine Löwen ansehen mag, wenn er aus purer Vergeßlichkeit ohne Pistole und ohne Peitsche in den Käfig gegangen ist.
    Der Kommissar griff ein. »Zur Zeit suchen zwei Dutzend unserer Motorradstreifen ganz Berlin nach einem Taxi ab, in dem vermutlich der Miniaturdieb sitzt und samt dem echten Holbein fliehen will!«
    »Aber das ist doch der helle Wahnsinn!« rief der Generaldirektor.
    »Ich versichere Sie« – diese Redewendung stammte noch aus seiner Agentenzeit – »ich versichere Sie, daß die Miniatur nicht gestohlen worden ist, sondern wohlbehalten in unserem Tresor liegt und in wenigen Augenblicken Herrn Steinhövel überreicht werden wird!«
    »Irrtum ausgeschlossen?« fragte Herr Külz.
    »Vollkommen ausgeschlossen!« Aber plötzlich wurde der Herr Generaldirektor unsicher. »Die junge Dame sprach von einer Imitation. Sollten wir die Imitation haben?«
    »Nein«, meinte Herr Steinhövel und holte ein Päckchen aus der Tasche. »Die Imitation haben wir bereits.«
    Da erschien der Prokurist, Herr Klapproth, wieder, gab seinem Chef den Tresorschlüssel und das Päckchen, das er hatte holen sollen.
    Die anderen saßen völlig verzaubert und starrten gebannt auf das geheimnisvolle Päckchen.
    »Darf ich bitten?« Herr Kühlewein überreichte es dem alten Sammler mit einer schwungvollen Handbewegung.
    Dieser schnürte das Päckchen hastig auf, wickelte das Holzkästchen aus und öffnete es.
    »Die Miniatur!« flüsterte Fräulein Trübner. »Tatsächlich!«
    Der Sammler zog die Lupe aus der Tasche, unterzog die Miniatur einer kurzen Prüfung, lehnte sich im Stuhl zurück und murmelte:
    »Unglaublich! Es ist die echte!«
    »Nun also!« erklärte der
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