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Kassandra Verschwörung

Titel: Kassandra Verschwörung
Autoren: I Rankin
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haben...?«
    »Wollten Sie mir eine Frage stellen.«
    »Genau. Ich möchte sie jetzt stellen. Sie ist mir wichtig.« Er hielt inne. »Sie ist der Grund, warum ich Sie so lange gejagt habe.«
    »Fragen Sie!«
    Er schluckte trocken und leckte sich die Lippen. Er hatte den Geschmack von schlechtem Kaffee im Mund.
    »Paris, vor acht Jahren, im Juni. In einer Einkaufspassage ging eine Bombe hoch. War das Ihr Werk?«
    Sie schwieg einen quälenden Augenblick lang. »Sie müssen sich schon genauer ausdrücken.«
    »Nein, entweder Sie waren es, oder Sie waren es nicht.«
    »Keine Interviews.« Ihr Finger begann, den Abzug zu drücken.
    Elder rief: »Biddy, nein!«
    Die Verwendung ihres richtigen Namens ließ sie einen Moment erstarren. Dieser Moment war alles, was Elder brauchte. Die Hand in seiner Jacke hielt den Griff der Browning bereits umklammert. Er zog und feuerte drauflos, und während er schoss, zog er sich weiter zurück in die Dunkelheit. Er gab drei Schüsse ab und taumelte beim Schießen rückwärts, suchte Schutz in den Schatten, hinter den Mülleimern und den Stapeln leerer Kisten. Drei Schüsse. Keiner wurde erwidert. Er wartete, horchte. Die Schüsse hatten ein paar Hunde aufgeschreckt, die jetzt in der Ferne bellten. Irgendwo in der Nähe wurde ein Fenster geöffnet.
    »Was zum Teufel war das?«, hörte er eine Stimme sagen. »Klang nach Schüssen. Ruf die Polizei, Schatz.«
    Ja, ruf die Polizei. Elder rappelte sich langsam auf und ging zum Anfang der Gasse. Er hielt sich dicht an den Hauswänden, seine Pistolenhand baumelte an einer Seite herunter. Dann riskierte er einen Blick um die Ecke.
    Die kalte Metallmündung einer Pistole drückte sich gegen seine Stirn.
    Die Hexe stand da und lächelte unruhig. Auch die Pistole hielt sie nicht ruhig. Sie war verletzt. Er wagte nicht, den Augenkontakt zu unterbrechen, doch er bemerkte einen dunklen Fleck, der sich an ihrer rechten Seite ausbreitete. Sie legte ihre freie Hand auf die Stelle und zog sie wieder weg; ihre Finger glitschten aneinander. Elder roch das Blut.
    »Biddy«, sagte er. »Sie hassen mich nicht.« Von der Pistole, die gegen seine Stirn drückte, fühlte sich sein Kopf wie betäubt an. Er war benommen und schwindlig. Das Lächeln der Hexe wurde breiter.
    »Sie hassen? Natürlich hasse ich Sie nicht. Ich will Sie nur nicht...«, sie schluckte, »... enttäuschen.« Sie krachte gegen ein Schaufenster, ihre Pistolenhand fiel herunter. Elder fing sie auf und ließ sie langsam zu Boden gleiten, die Beine vor sich ausgestreckt, den Rücken an die Ladenfront gelehnt – in der gleichen schlaffen Pose, in der sie ihren Vater zurückgelassen hatte. Erst jetzt nahm er ihr die Pistole aus der Hand. Der ausbleibende Widerstand verriet ihm, dass sie im Begriff war zu sterben. Er hörte Schritte, rennende Füße und Rufe.
    »Hier lang?«
    »Nein hier.«
    »Das Auto steht am Goodramgate.«
    »Nimm du The Shambles.«
    »Und du diese Straße...«
    Und dann stand jemand vor ihm.
    »Ich hab ihn gefunden!«, rief die Stimme. Sie gehörte einem uniformierten Streifenpolizisten. Er sah jung aus, noch keine zwanzig, und starrte entsetzt hinab auf das blutige, an Dominic Elder geschmiegte Bündel.
    »Ist sie...?«
    Es folgten weitere Schritte. »Dominic! Alles in Ordnung mit dir?«
    Joyce ging vor ihm in die Hocke, bis ihre Augen auf gleicher Höhe mit den seinen waren. Er nickte.
    »Alles in Ordnung, Joyce. Ehrlich.« Er blickte auf. Da stand auch Greenleaf, in der Hand eine Pistole, aber sein Blick war nicht auf Elder gerichtet, sondern auf die Hexe.
    »Das ist sie, John«, erklärte Elder, der immer noch den reglosen Körper hielt. »Um sie wurde der ganze Rummel veranstaltet. Ein Kind, das seinen Vater nicht mochte.«
    »Seinen Vater?«
    »Jonathan Barker. Er ist auf der Stadtmauer, zwischen Goodramgate und dem Minster.«
    »Nicht lebendig, vermute ich?«
    »Nein, nicht lebendig.« Elder schaute erneut hinab auf die Hexe. Sie sah aus wie Christine Jones. Vor seinem geistigen Auge würde sie jetzt immer so aussehen, genauso wie sie für ihn zwei Jahre lang wie eine Obdachlose ausgesehen hatte. Er fragte sich, wie sie wohl in Wirklichkeit aussah. Ob sie das überhaupt selbst wusste?
    Greenleaf steckte seine Pistole zurück ins Holster. »Bei uns fällt so was unter die Rubrik ›häuslicher Unfriede‹«, stellte er fest. »Familienstreitigkeiten.«
    »Tja, das steckte also dahinter«, stimmte Elder ihm zu, ließ den reglosen Körper auf den Boden gleiten und stand
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