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Karma-Attacke (German Edition)

Karma-Attacke (German Edition)

Titel: Karma-Attacke (German Edition)
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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diesem Mieder raus, aus dem Rock, aus der ganzen heiklen Situation. Wieder jagte eine dieser Hitzewellen durch ihren Körper, da nützten sämtliche Hormonpräparate nichts.
    «Der denkt, meine Tochter ist ein Alien!»
    Sie versuchte Schneider zu beruhigen. «Er denkt das nicht. Vivien denkt es von sich. Sie können froh sein, dass ein so gefragter Mann Ihre Tochter behandelt.»
    Richard Schneider schluckte trocken. Er sah sie skeptisch an.
    «Glauben Sie denn auch an Seelenwanderung?»
    Sabrina Schumann schaute sich um, ob ihnen auch niemand zuhörte. Dann räusperte sie sich. Die Hitzewallung ließ nach. Trotzdem hätte sie am liebsten in Eiswürfeln gebadet.
    «Mein lieber Herr Schneider, niemand wird hier wegen seines Glaubens oder seiner Hautfarbe benachteiligt. Zwei Drittel aller Weltreligionen beinhalten den Glauben an Reinkarnation. Der Buddhismus, der Hinduismus, der…»
    Für Richard Schneider hörte sich das an, als wolle sie ihn mit wohlgewählten Worten abspeisen. Doch für Sonntagsreden hatte er jetzt keine Zeit. Er kehrte der Verwaltungsdirektorin den Rücken und verließ die Klinik wie ein Flüchtender.
    Sabrina Schumann sah ihm nach. Sie ahnte, dass die Schwierigkeiten mit diesem Mann soeben erst begonnen hatten.

4
    Aufgewühlt hastete Richard Schneider durch die Straßen. Er konnte jetzt nicht Auto fahren, er musste sich im Laufschritt fortbewegen. Es hatte ihm ganz und gar nicht gut getan, Vivien in diesem Zustand zu sehen. Das Bild, wie sie nach seiner Hand schnappte, blitzte immer wieder durch seine Gedanken. Dieser Moment hatte ihn zurückkatapultiert in die schlimme Zeit, in der Henrike ausgeweidet aufgefunden worden war. Damals hatte er für ein paar Wochen völlig den Halt verloren und nicht mehr gewusst, was Wirklichkeit war. Sein Leben war von Kripobeamten, Psychologen, Rechtsanwälten und dem Alkohol beherrscht worden.
    Er hatte so sehr gehofft, dass das alles nun endlich vorbei sein würde. Alles, was ihm noch fehlte, war Vivien. Ihre Abwesenheit erinnerte ihn jeden Tag an die schmerzhafte Geschichte seiner Familie, die an einem einzigen Tag im wahrsten Sinne des Wortes auseinander gerissen worden war.
    Er fühlte sich so sehr in diese Zeit zurückversetzt, dass er ein Münztelefon suchte, obwohl das Handy an seinem Gürtel baumelte. Damals, als er als mutmaßlicher Mörder seiner Frau im Büro verhaftet worden war, als man ihm im Polizeipräsidium die grässlichen Fotos vorlegte und ihn nach intimen Einzelheiten seines Ehelebens befragte, hatte er noch kein Handy besessen.
    Endlich fand er neben einem Kiosk eine Telefonzelle. Er hielt sein Portemonnaie schon in der Hand und kramte nach Münzen, als er sah, dass dies ein Kartentelefon war. Wütend schlug er mit der offenen Hand gegen den Apparat, dann steckte er das Portemonnaie wieder ein. Jetzt fiel ihm sein Handy ein. Er kam sich lächerlich vor, sah sich verlegen um, doch niemand beobachtete ihn. Er griff zum Telefonbuch und suchte zunächst unter S. Dann fiel ihm ein, dass sie nicht Sablonksi, sondern Zablonski hieß.
    Ihr letztes Treffen war gründlich schief gegangen. Er war sich nicht sicher, ob sie überhaupt bereit sein würde, ihn noch einmal zu treffen. Noch an diesem Morgen hätte er allein über die Vorstellung kopfschüttelnd gelacht, doch jetzt, nachdem er seine Tochter so gesehen hatte, wusste er nicht, an wen sonst er sich wenden sollte. Er brauchte Gewissheit.
    Sie war tatsächlich zu Hause. Seine Stimme bebte, als er seinen Namen nannte, und er spürte, wie sie zusammenzuckte.
    «Bitte legen Sie nicht auf, Frau Zablonski. Bitte nicht.»
    Sie räusperte sich. «Wenn Sie mich nicht in Ruhe lassen, werde ich unverzüglich die Polizei rufen, Herr Schneider.»
    Er stand mit seinem Handy in der Telefonzelle, trat von einem Fuß auf den anderen und bettelte mit fast kindlicher Stimme: «Bitte, Frau Zablonski. Ich hab mich geändert. Ich habe eine Therapie gemacht. Ich …» Das eisige Schweigen am anderen Ende der Leitung ließ ihn zunächst verstummen. Dann presste er die Frage heraus: «Was wollen Sie hören? Dass es mir Leid tut?»
    «Ich will gar nichts hören. Ich will, dass Sie mich in Ruhe lassen.»
    «Frau Zablonski, ich muss Sie treffen. Bitte. Ich war in der Klinik. Ich habe meine Tochter gesehen. Sie war plötzlich so … ich kann Ihnen das nicht am Telefon erzählen. Darf ich zu Ihnen kommen?»
    Ihre Antwort war ein klares, hartes Nein.
    Er hatte dieser Energie nichts entgegenzusetzen. Etwas in ihm brach
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