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Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin

Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin

Titel: Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin
Autoren: Kate Pepper
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»Du weißt ganz genau, worauf ich anspiele. Tu nicht so, als wüsstest du’s nicht.«
    La-a hatte mir mal anvertraut, sie sei als zweifach geschiedene Frau und Mutter von vier Söhnen felsenfest davon überzeugt, dass alle männlichen Wesen – egal welchen Alters – Kinder waren. Angesichts der Tatsache, dass sie von zwei Ehemännern verlassen worden war und ihre Söhne sich durch die Bank im Leben schwertaten, war ihre einzige Tochter, eine herausragende Studentin, die für ihre Leistungen ausgezeichnet worden war, der beste Beweis für La-as Geschlechtertheorie.
    »Sorry«, murmelte Billy.
    »Ja, das höre ich immer wieder.«
    Ich trat ein paar Schritte näher und roch das süße Parfüm, das sie gern in Unmengen auftrug. (»Weil es den Schweißgeruch auf dem Revier, den Mief in meinem Haus und den Leichengestank übertüncht«, hatte sie mir mal verraten.)
    »Könnte auch eine Magen-Darm-Grippe sein«, sagte ich. »Als ich ihm einen Block die Straße hinunter über den Weg gelaufen bin, hat er sich übergeben.«
    Sie verzog das Gesicht. »Danke für die Info. Was hast du eigentlich hier zu suchen?«
    »Bin rein zufällig hier vorbeigekommen.«
    »Warst du mit der anderen Weißen in dem Van? So ganz zufällig?«
    Ich lächelte, denn ich konnte nicht beurteilen, ob sie mich auf die Schippe nahm oder wieder zu einer ihrer üblichen, rassistisch eingefärbten Hasstiraden ansetzte. Irgendwann musste Billy ihr erklären, was ihn plagte, doch jetzt war nicht der passende Moment dafür. Wenn mich nicht alles täuschte, würde er sie eines schönen Abends auf einen Drink einladen und sie bei der Gelegenheit einweihen. La-a war besser drauf und wesentlich lockerer, wenn sie ein paar Drinks intus hatte; dann bekam, wie ich persönlich erfahren hatte, ihr harter Panzer Risse, und ihr weicher Kern kam zum Vorschein.
    »Danke, Karin«, sagte Billy. »Es war nett, dass du mir geholfen hast ... Ich bin jetzt wieder auf dem Damm.« Trotz dieser Worte vermittelte er einen ganz anderen Eindruck: Er sah blass und abgeschlagen aus. Ich selbst hatte noch nie einen Flashback gehabt, doch mir war zu Ohren gekommen, dass sie einen so tief in die Vergangenheit zogen, bis sie ganz real wirkten und man sich ihnen vollkommen ausgeliefert fühlte, und dass in dem Moment ein Film im Kopf ablief, dessen Bilderflut einen überwältigte.
    »Bist du dir sicher?«
    Er nickte, getraute sich allerdings nicht, mich anzusehen. Ich wollte ihn nicht im Stich lassen, ihn allerdings auch nicht vor Kollegen blamieren. Zum Glück kam mir La-a zu Hilfe.
    »Du verschwindest von hier, Billy. Ich kann es mir nicht leisten, mich anzustecken. Schließlich bin ich Mutter und kann es nicht gebrauchen, wenn meine Sprösslinge sich übergeben. Und außerdem will ich nicht, dass du den Tatort kontaminierst.«
    »Mir geht’s gut«, erwiderte er benommen.
    »Ich sagte.« Sie bombardierte ihn mit wütenden Blicken, und ich fürchtete schon, dass sie ihn gleich wie eines ihrer Kinder behandeln und langsam bis drei zählen würde.
    »Dash hat recht. Du solltest dich hinlegen.« Ich wandte mich an sie. »Mac hat auch Grippe.«
    »Wie ich bereits sagte.« La-a schüttelte den Kopf. »Männer.«
    Die Reihen der Ermittler auf dem Gehweg hatten sich gelichtet, und so konnte ich nun, als ich den Kopf drehte, das Opfer sehen. Die Tote lag mit dem Rücken auf dem vereisten Asphalt, und ihre Haut nahm bereits einen graublauen Farbton an; ein winziger Stecker im rechten Nasenflügel funkelte im Scheinwerferlicht. Sie trug einen Büstenhalter aus blauer Spitze. Ein Arm lag über ihrem Kopf, als hätte es den Täter Mühe gekostet, ihr die Bluse auszuziehen. Aus der seltsamen Kopfhaltung schloss ich, dass der Mörder ihr wie bei zwei anderen Opfern das Genick gebrochen hatte, als er sie erdrosselte. Sie lag in einer Lache aus Blut, das aus der Stichwunde zwischen den Brüsten geflossen war. Das Jagdmesser steckte immer noch in ihrem toten Fleisch. Obwohl ich die Einzelheiten zu dieser Serie von Morden schon aus der Zeitung kannte und Billy uns auch ein paar Details verraten hatte, schockierte es mich, sie dort so liegen zu sehen: ... leibhaftig ... tot, immer noch blutend, hingemetzelt von einem Monster, das nicht begriff, dass sie eine reale Person mit einem ganz realen Leben gewesen war ... dass es dort draußen wahrscheinlich jemanden gab, der sie trotz ihres Berufes geliebt hatte ... dass sie jemandes Kind, Schwester, Enkelin, vielleicht gar jemandes Mutter gewesen war. Die
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