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Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin

Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin

Titel: Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin
Autoren: Kate Pepper
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verbreitet gewesen und deshalb schwer zu finden. Allem Anschein nach hatte der Täter sich davon – lange bevor man Dinge im Internet erstehen konnte – einen Vorrat zugelegt, bar bezahlt und darauf geachtet, dass der oder die Verkäufer nicht Buch darüber führten. Seit Beginn der Ermittlung, die ja schon eine ganze Weile andauerte, hatte man nichts, aber auch gar nichts über den Käufer der Messer in Erfahrung gebracht. Inzwischen lagen insgesamt zehn Messer in Asservatenkammern, und bald würden es wohl noch mehr sein, falls der Mörder dem Töten nicht abschwor, wovon nicht auszugehen war.
    Den größten Durchbruch in diesem Fall erzielte die Polizei zu Anfang der Mordserie, als es ihr gelang, das zweite Opfer zu identifizieren. Bei der Toten handelte es sich um eine fünfundzwanzigjährige Frau aus Upstate New York, die im Alter von elf Jahren spurlos verschwunden und seit damals nicht mehr gesehen worden war. Interessanterweise waren alle acht Opfer, die die beiden SOKOs im Lauf der Zeit identifiziert hatten, Ende der achtziger bis Mitte der neunziger Jahre im Alter zwischen neun und zwölf verschwunden. Alle stammten aus Ostküstenstaaten und waren auf dem Weg zur Schule, zum Haus der Eltern oder Freunde verschwunden. In jedem Fall waren die Eltern davon ausgegangen, dass ihre Töchter keine Begleitung mehr brauchten, und die meisten hatten sich über die neue Unabhängigkeit gefreut. In zwei Fällen waren die betreffenden Mädchen zum ersten Mal ohne einen Erwachsenen unterwegs gewesen. Und keine Menschenseele hatte etwas von einem der weiblichen Opfer gesehen oder gehört – bis zu jenem Tag, wo ihr Leichnam mit einem Strick um den Hals und einem Messer in der Brust in Manhattan oder Brooklyn auftauchte.
    Im Lauf der Zeit gewöhnten die Zeitungsleser sich an die Schlagzeile Weiterer Fund eines toten Mädchens.
    Im Grunde genommen handelte es sich dabei um Variationen eines alten Themas: Kinder verschwanden und tauchten irgendwann physisch und psychisch lädiert oder gar nicht mehr auf. In diesem Fall lag die Vermutung nahe, dass ein aufgebrachter Zuhälter oder unzufriedener Freier es auf die Prostituierten abgesehen hatte – auch dies war nichts Neues. Die vordringlichste Aufgabe war, den Verantwortlichen zu schnappen und sein Tun zu beenden. Danach musste geklärt werden, wo all diese Mädchen in der Zwischenzeit untergetaucht waren oder versteckt gehalten wurden. Der Verdacht, dass die Opfer gegen ihren Willen dem Sexgewerbe zugeführt wurden, war alles andere als unbegründet. Doch mit der Zeit schwand zusehends das Vertrauen, den Killer zu erwischen. Fakt war, dass die Opfer von der Bildfläche verschwanden und später tot aufgefunden wurden, aber ob und inwiefern beides zusammenhing, gab Billy und allen anderen, die diese Fälle seit zwei Jahren bearbeiteten, immer noch Rätsel auf. Dabei war die SOKO mit Polizisten aus unterschiedlichen Revieren und FBI-Spezialisten aufgestockt worden. Ich entsann mich, dass Billy irgendwann einmal geklagt hatte, dass die Größe des Teams in keinem Verhältnis zu den Ermittlungsergebnissen stand.
    Billy setzte sich nun in Bewegung und marschierte die Straße hinunter. Ohne seine Hand loszulassen, folgte ich ihm. Je näher wir kamen, desto mehr sorgte ich mich, dass es ihn erneut überkommen würde, sobald er den Tatort erreichte.
    »Wo hast du gesteckt, Arschloch?« Als La-a sich zu Billy und mir umdrehte, fielen ihre langen, dicht geflochtenen Zöpfe über eine Schulter. Sie war klein, kompakt, Mutter von fünf Kindern; zudem buk sie köstliche Weihnachtskekse und nahm kein Blatt vor den Mund. »Ich bin hier schon seit einer Stunde zugange!«
    Ein Dutzend Ermittler, ein paar Sanitäter und Streifenpolizisten hatten sich am Tatort eingefunden und gingen ihrer Arbeit nach. Die Sanitäter waren im Prinzip überflüssig, da dem Opfer nicht mehr geholfen werden konnte. Auf dem Gehweg hatte sich eine Schar Schaulustiger versammelt. Ein Fotograf machte Bilder – vom Opfer, wie ich mutmaßte, denn genau sehen konnte ich es nicht.
    »Tut mir leid, Dash, ich...«
    »Bei ihm ist wohl eine Grippe im Anflug«, verteidigte ich Billy.
    La-a richtete den Blick auf mich, und ein ironisches Funkeln blitzte in ihren Augen auf. »Bist du jetzt seine Mutti, Karin?«
    »Aber sicher. Ich habe ihn neun Jahre vor meiner eigenen Geburt zur Welt gebracht.«
    »Mensch, du bist echt komisch, Mädel«, meinte sie mit einem leisen Lächeln, bei dem ihr goldener Eckzahn zum Vorschein kam.
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