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Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin

Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin

Titel: Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin
Autoren: Kate Pepper
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ihrer Arbeit Grauenvolles erlebt: Anschließend hatten beide entsprechend den Vorschriften drei Stunden mit Psychologen gesprochen und pflichtschuldig eine Auszeit genommen; danach waren beide für arbeitsfähig erklärt worden. Und dann, etwa ein Jahr später, tauchten beide Männer zufällig am gleichen Tatort auf, da sie zur selben Zeit in einem Unterbezirk von Queens Streife fuhren, als über Funk ein Fall von häuslicher Gewalt gemeldet wurde. Als sie vor dem Haus aufkreuzten und auf den aufgebrachten, bewaffneten Gatten trafen, konnte keiner von beiden reagieren. Damals kriegte Pete seinen ersten Flashback, und später stellte sich heraus, dass Des schon seit mehreren Wochen von solchen Intrusionen heimgesucht wurde. Die beiden Polizisten litten unter einer – inzwischen chronischen – posttraumatischen Belastungsstörung, die sich oftmals erst mit zeitlicher Verzögerung zeigte. Anstatt zu reagieren, kehrten sie wie Zeitreisende in die Vergangenheit zurück und ließen tatenlos mehrere Minuten verstreichen. Bis eine Handvoll Kollegen auftauchten, um sie zu unterstützen, hatte der Ehemann vor den Augen seines sechsjährigen Sohnes zuerst seine Frau und anschließend sich selbst erschossen.
    »Du musst mit jemandem reden«, riet ich.
    »Karin, dann kann ich meinen Job an den Nagel hängen, und darauf bin ich nicht erpicht.«
    Doch ich hatte ihn während eines Flashbacks erlebt und wusste, wie schlecht er diese Sache im Griff hatte. Daher war ich der felsenfesten Überzeugung, dass er seinen Beruf mit Sicherheit vergessen konnte, sofern er sich diesem Problem nicht bald stellte. »Ich denke nicht, dass dir noch eine andere Wahl bleibt.«
    Er drehte sich auf seinem Barhocker um und spähte in das Hinterzimmer. »Da gibt es einen Billardtisch. Hast du Lust, ein paar Kugeln zu versenken?«
    Ich überlegte kurz. Es wäre nicht sinnvoll, sich zu dieser späten Stunde noch hinzulegen, da Ben stets gegen sechs Uhr putzmunter aus dem Bett hüpfte, ich für den kranken Mac heute einspringen und den Kleinen um neun in den Kindergarten bringen musste. »Gern.«
    Der Billardtisch stand in der Mitte eines großen Raumes mit kastanienbraunen Wänden und hohen, vergitterten Fenstern. Vor zwei Wänden waren Holzstühle aufgereiht. Die Luft im Hinterzimmer roch ziemlich abgestanden, was vermutlich der Tatsache zuzuschreiben war, dass hier jahrzehntelang gequalmt und Drinks verschüttet worden waren. Auf einer Kreidetafel, die an einer schmalen Theke lehnte, standen noch die Namen früherer Spieler.
    Wir spielten eine Stunde lang Pool und verloren dabei kein Wort mehr über Billys Problem. Wir sprachen auch nicht darüber, dass sein Freund, der Serienmörder, heute Nacht wieder zugeschlagen hatte und dass ein bislang nicht identifiziertes Mädchen bewusstlos und mutterseelenallein auf einer heruntergekommenen Straße aufgefunden worden war – nur ein paar Meter vom anderen Tatort entfernt. Es war spät, wir waren erschöpft, und so spielten wir eben Billard. Um halb vier rief der Barkeeper die letzte Runde aus und löschte dreißig Minuten später kurzerhand das Licht. Zu unserer Verwunderung stellten wir fest, dass wir – abgesehen vom Barmann, der hinter uns abschloss – als Letzte die Kneipe verließen. Er nickte uns noch kurz zu, ehe er sich umdrehte und sich auf den Heimweg machte. Das Licht einer Straßenlaterne ließ seine Diamantohrstecker für den Bruchteil einer Sekunde in der Dunkelheit aufleuchten. Dann verschwand er und ließ Billy und mich allein in dieser stillen Straße zurück.
    »Noch mal danke, Karin.« Billy beugte sich vor und küsste meine Wange.
    »Versprich mir, dir von jemandem helfen zu lassen.«
    Sein Grinsen verriet mir, dass er meinen Rat nicht beherzigen würde.

KAPITEL 3
    Da ich die Erfahrung gemacht hatte, dass wenig Schlaf manchmal schlimmer war als gar keiner, kochte ich Kaffee, frühstückte und las, bis Ben gegen sechs Uhr aufwachte. Als ich hörte, wie er durch den unteren Flur tapste, eilte ich die Treppe hinunter, um ihn abzufangen, ehe er Mac aufweckte.
    »Mami!« Er blieb vor der Schlafzimmertür stehen, drehte sich um und rannte mir entgegen. Ich schloss ihn in die Arme und steckte die Nase in seinen verstrubbelten Haarschopf.
    »Pst«, flüsterte ich. »Daddy ist immer noch krank. Wir sollten ihn schlafen lassen.«
    Auf Zehenspitzen gingen wir nach oben und begannen den neuen Tag so wie jeden Morgen. Ben verdrückte eine Schale Haferflocken, ich setzte mich mit einer Tasse Kaffee
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