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Karambolage

Karambolage

Titel: Karambolage
Autoren: Hermann Bauer
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ich es dir gesagt habe? Das mit deinem Vater war ein Unglück und keine Absicht. Du hättest vor diesem Stotterer keine Angst zu haben brauchen.«
    Ingrid schluchzte lauthals. »Er war so … eklig. Er tut mir nicht leid.«
    »Dann nimm dich wenigstens jetzt zusammen und warte, bis ich da bin.«
    »Und wenn er aufwacht?«
    »Er wird schon nicht aufwachen. Ich bin in der Nähe. Ich komme bald. Bleib ruhig und versuche, dich zu entspannen.«
    »Er muss weg. Ich habe Angst vor ihm.«
    »Wenn ich da bin, wird uns schon etwas einfallen. Aber mach jetzt bitte keine Dummheit, versprichst du mir das?«
    Kurze Pause, dann: »Okay, versprochen.«
    »Nimm eine Tablette, aber nur eine, hörst du, dann fühlst du dich besser. Bis gleich.«
    Nachdem sie das Gespräch beendet hatte, löste Ingrid Grabner eine Beruhigungstablette in Wasser auf und schluckte sie hastig hinunter. Maria würde kommen und ihr zur Seite stehen. Das war vorderhand das Wichtigste. Sie setzte sich auf den Boden im Wohnzimmer, zündete sich erneut eine Zigarette an und lauschte wieder der Musik, die die ganze Zeit über leise aus dem Radio geklungen war.

     
    *

     
    Leopold preschte auf der Autobahn dahin, was das Zeug hielt. Er hoffte, dass es an der Stadtgrenze zu Wien nicht den an einem Sonntagabend üblichen Stau geben würde. Aber wohin wollte er eigentlich, sobald er in Wien war? Er wusste es immer noch nicht.
    Da, endlich, kam der Anruf von Oberinspektor Richard Juricek: »Hallo Leopold. Du hast mir eine SMS geschrieben. Du glaubst, Ingrid Grabner ist die Mörderin? Wie kommst du denn darauf? Wir sind erst gestern auf sie aufmerksam geworden.«
    »Richard, sie ist Fellners uneheliche Tochter aus der Steiermark. Sie hat ihn gehasst und ihm die Schuld am Tod ihrer Mutter gegeben. Ich komme gerade von ihren Adoptiveltern. Um Himmels willen, unternehmt etwas. Thomas Korber ist gerade bei ihr und in größter Gefahr.«
    »Ich weiß«, sagte Juricek nachdenklich. »Ich weiß. Die Adresse ist Schweigergasse 4. Du kannst hinkommen, wenn du dir Sorgen um deinen Freund machst. Aber fahr bitte langsam, wir sind in jedem Fall schneller dort als du.«

     
    *
    Ingrid Grabner ging es wieder besser. Eine gewisse Gleichgültigkeit hatte von ihr Besitz ergriffen. Es störte sie nur, dass Maria immer noch nicht da war.
    Eigentlich hätte sie Thomas Korber gleich beseitigen und Maria vor vollendete Tatsachen stellen sollen. Es wäre besser gewesen. Aber dazu hatte ihr die Kraft gefehlt. Wie, wenn sie es jetzt noch schnell erledigen würde? Sie fühlte sich stark genug, es auch ohne Maria zu tun.
    Sie nahm den Kopfpolster aus ihrem Bett und drückte ihn liebevoll an ihr Gesicht. Sie wollte noch ein wenig mit ihm herumschmusen, ehe sie zur Tat schritt. Wenn es gelang, eine Beziehung zu einer Sache zu entwickeln, ging alles viel leichter. Ganz sanft würde sie den Polster auf das Gesicht legen, mit ihm zu spielen beginnen und Korber einfach ersticken, während sie in der Weichheit und Flauschigkeit des Kissens badete.
    So sehr war sie von dieser Idee hingerissen, dass sie beinahe den Summton der Gegensprechanlage überhört hätte.
    »Maria?«
    Gedankenverloren machte sie auf und ließ die Wohnungstür wie vorhin einen Spaltbreit offen. Gut, dann nicht, dachte sie. Dann musste Maria über alles Weitere entscheiden.
    Sie hörte Schritte. Mehrere Schritte? »Maria?«, fragte sie noch einmal unsicher.
    »Ja«, sagte Maria, kaum hörbar.
    Ingrid Grabner drehte sich um. Sie sah Maria, sah ihre irritierten, verweinten Augen. Aber sie sah auch den auf sie gerichteten Lauf einer Dienstwaffe. »Sind Sie Frau Grabner? Dann kommen Sie bitte mit. Jeder Widerstand ist zwecklos«, sagte der dazugehörende Polizist.
    »Ich bin nicht schuld. Ich habe dich nicht verraten. Die Leute von der Polizei waren schon da und haben mich aufgefordert, mitzugehen«, erklärte Maria tonlos.
    Ingrid schien es nicht zu glauben. Einen Augenblick lang schien es, als würde sie noch irgendeine Dummheit begehen, aber schließlich fügte sie sich. Schweigend ging sie mit dem Beamten an Maria vorbei, ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen.
    »Danke, Frau Hinterleitner«, sagte Oberinspektor Juricek, der jetzt die Wohnung betrat. »Herr Korber lebt doch noch, oder?«
    Maria blickte auf den daliegenden Körper, sah ihn atmen, nickte schweigend.
    »Sie wissen, dass wir noch ein paar Fragen an Sie haben? Frau Inspektor Dichtl wartet draußen auf Sie.«
    Maria nickte abermals. »Hauptsache, er lebt«, sagte
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