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Kaputt in Hollywood. Stories.

Kaputt in Hollywood. Stories.

Titel: Kaputt in Hollywood. Stories.
Autoren: Charles Bukowski
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ein blaßrosa Hemd. Sie wirkte weder ungehalten noch verängstigt.
»Ja?« sagte sie, fast mit einem Lächeln. »Ich hab Durst«, sagte ich. »Könnte ich ein Glas Wasser haben?«
»Kommen Sie rein«, sagte sie. Ich folgte ihr ins vordere Zimmer. »Setzen Sie sich.«
Ich ließ mich vorsichtig auf einen alten Stuhl nieder. Sie ging in die Küche, um das Wasser zu holen. Dann hörte ich, wie etwas den Gang heruntergerannt kam. Es kam ins Zimmer gesaust, blieb stehen und sah mich an. Es war ein Orang-Utan. Er sprang vor Begeisterung auf und ab, als er mich sah. Dann machte er einen Satz und landete auf meinem Schoß. Er brachte sein Gesicht ganz nah an meines heran, und einen Augenblick lang sahen wir uns in die Augen. Dann nahm er den Kopf zurück, schnappte sich meinen Mantel, sprang herunter und rannte mit me inem Mantel hinaus auf den Gang und stieß merkwürdige Laute aus.
Sie kam mit einem Glas Wasser herein und reichte es mir. »Ich bin Carol«, sagte sie.
»Und ich Gordon«, sagte ich, »aber das spielt jetzt keine Rolle mehr.« »Warum?«
»Naja, ich bin erledigt. Aus. Vorbei. Du weißt schon.« »Was war es? Alkohol?«, fragte sie.
»Alkohol«, sagte ich; und dann, mit einer Handbewegung: ». . . und die da draußen.«
»Mit denen hab ich auch Trouble. Ich bin völlig allein.« »Soll das heißen, du lebst ganz allein in diesem großen Haus?« »Naja, das nun wieder nicht!« Sie lachte. »Ach so, ja. Der große Affe hat übrigens meinen Mantel geklaut.«
»Oh, das ist Bilbo. Netter Kerl. Bißchen verrückt.« »Ich werd den Mantel heute nacht brauchen. Die Nächte sind kalt.« »Du bleibst heute nacht hier. Du siehst aus, als müßtest du dich erst mal ausruhen.«
»Wenn ich mich erst ausruhe, mach ich das Spiel vielleicht noch weiter.«
»Solltest du auch, finde ich. Ist kein schlechtes Spiel, wenn man richtig darauf einsteigt.«
»Ich bin mir da nicht so sicher. Außerdem, warum willst du ausgerechnet mir helfen?«
»Ich bin wie Bilbo«, sagte sie. »Ich bin verrückt. Behauptet man wenigstens. Ich war drei Monate in der Klapsmühle.« »Ohne Flachs?«
»Ohne Flachs«, sagte sie. »Und jetzt mach ich dir erst mal 'n Teller Suppe.«
»Die Bezirksverwaltung«, sagte sie später, »möchte mich gerne rausekeln. Sie haben ein Verfahren gegen mich laufen. Glücklicherweise hat mir Daddy ziemlich viel Geldhinterlassen. Ich kann mich also wehren. SienennenmichCrazyCarol. Mein antiautoritärer Zoo ist ihnen ein Dorn im Auge.« »Ich lese keine Zeitungen. Antiautoritärer Zoo?« »Ja. Ich liebe Tiere. Mit Menschen hab ich nur Schwierigkeiten. Aber, Mann, zu Tieren finde ich einfach ein Aolles Verhältnis. Vielleicht hab ich wirklich 'n Knall. Ich weiß nicht.«
»Ich finde dich ausgesprochen nett.«
»Ehrlich?« »Ehrlich.«
»Ich hab immer den Eindruck, die Leute haben Angst vor mir. Freut mich, daß du keine Angst vor mir hast.« Ihre braunen Augen wurden immer größer, dunkler, etwas Nachdenkliches lag darin, und während wir uns unterhielten, bröckelte die Mauer zwischen uns langsam ab. »Hör zu«, sagte ich, »tut mir leid, aber ich muß mal aufs Klo.« »Den Gang runter und die erste Tür links.«
»Okay.«
Ich trabte den Gang runter, dann links. Die Tür stand offen. Ich erstarrte. Auf der Handtuchstange über der Badewanne hockte ein Papagei. Und auf dem Frottierteppich hatte sich ein ausgewachsener Tiger häuslich niedergelassen. Der Papagei ignorierte mich, der Tiger starrte mich gleichgültig und gelangweilt an. Ich verdrückte mich rückwärts und begab mich schleunigst wieder ins vordere Zimmer.
»Carol! Mein Gott, da liegt ein Tiger im Badezimmer!« »Oh, das ist Dopey Joe. Der tut dir nichts.« »Naja, aber ich kann unmöglich scheißen, wenn mich dabei ein Tiger anstarrt.« »Ah, so'n Quatsch. Komm mal mit!« Ich schlich hinter ihr den Gang entlang. Sie ging ins Badezimmer rein und sagte zu dem Tiger: »Komm, Dopey, beweg dich. Der Gentleman hier kann nicht scheißen, wenn du ihn ansiehst. Er denkt, du willst ihn fressen.« Der Tiger sah Carol völlig uninteressiert an. »Dopey, du Bastard, ich sags nicht zweimal! Ich zähle jetzt bis Drei! Also: Eins ... Zwei... Drei...« Der Tiger rührte sich nicht. »Na gut! Selber schuld!«
Sie packte den Tiger am Ohr, zog ihn richtig am Ohr und brachte ihn tatsächlich aus seiner Ruhestellung. Die Katze fauchte und spuckte; ich konnte die Reißzähne sehen, die Zunge; aber Carol schien das überhaupt nichts auszuma chen. Sie zog diesen Tiger am Ohr da raus
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