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Kapitaen Bykow

Kapitaen Bykow

Titel: Kapitaen Bykow
Autoren: Boris Strugatzki
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kennen.
    Komisch, dachte Shilin, ich habe sogar schon Erinnerungen. Zum Beispiel diese: Im vierten Kurs versagte einmal beim Probestart einer geodätischen Rakete der Antrieb, und ich stürzte mit der Rakete in ein Sowchosfeld bei Nowojenissejsk. Stundenlang irrte ich dort zwischen automatischen Starkstrompflügen umher, bis ich gegen Abend endlich einem Menschen begegnete. Das war der Telemechanikoperateur. Wir lagen die ganze Nacht im Zelt und beobachteten die kleinen Positionslampen der Pflüge, die über das dunkle Feld zogen; ein Pflug zog mit lautem Gedröhn ganz nahe vorüber und hinterließ den Geruch von Ozon. Der Operateur lud mich ein, mit ihm ein Gläschen einheimischen Wein zu trinken, und es gelang mir anscheinend beim besten Willen nicht, diesen lebenslustigen Mann davon zu überzeugen, dass Interplanetarier keinen einzigen Tropfen trinken. Am nächsten Morgen kam ein Transporter, um die Rakete zu holen. Der Eiserne Yan schimpfte mich dann fürchterlich aus, weil ich mich nicht hinauskatapultiert hatte. Oder der Diplomflug mit einer Spu-16 Erde-Mond. Dabei versuchte ein Mitglied der Prüfungskommission, uns aus dem Konzept zu bringen, und rief, nachdem er die Einweisung gegeben hatte, mit markerschütternder Stimme: »Asteroid dritter Größe von rechts! Annäherungsgeschwindigkeit zweiundzwanzig!« Wir waren sechs Prüflinge, und er fiel uns schier unerträglich auf die Nerven. Nur Yves, der Gruppenälteste, bemühte sich immer, uns davon zu überzeugen, dass man den Menschen ihre kleinen Schwächen verzeihen müsse. Dagegen hatten wir im Prinzip nichts einzuwenden, mochten aber seine Schwächen dennoch nicht entschuldigen. Anfangs hielten wir diesen Flug alle für problemlos, und keiner erschrak, als das Raumschiff plötzlich mit vierfacher Überbelastung in einer fürchterlichen Spirale zu stürzen begann. Als wir in den Steuerraum kamen, hing der Mann von der Kommission in seinem Sessel, als hätte ihn die Überbelastung das Leben gekostet. Wir fingen das Schiff ab und brachten es wieder auf Kurs. Da zwinkerte uns der Prüfer mit einem Auge zu und sagte: »Gut gemacht, Interplanetarier!« Im selben Augenblick verziehen wir ihm auf einmal seine Schwächen, denn bis dahin hatte uns außer unseren Müttern und Mädchen noch keiner im Ernst Interplanetarier genannt. Aber die Mütter und die Mädchen sagten immer: »Mein lieber Interplanetarier ...« Dabei machten sie ein Gesicht, als liefe ihnen ein eisiger Schauer über den Rücken.
    Die Tachmasib schlingerte auf einmal so heftig, dass Shilin stürzte und mit dem Hinterkopf gegen die Stellage schlug.
    »Verdammt noch mal!«, wetterte Jurkowski. »Klarer Fall, das ist unnormal! Wenn das Schiff so erschüttert wird, können wir nicht arbeiten!«
    »Na ja ...« Dauge hielt die Hand ans rechte Auge. »Was für eine Arbeit ist das hier schon.«
    Anscheinend kreuzten immer mehr große Meteoriten den Kurs des Raumschiffs; hektische Kommandos der Meteoritenabwehrlokatoren an den Autopiloten warfen das Schiff immer häufiger von einer Seite zur anderen.
    »Ist das etwa ein Schwarm?«, fragte Jurkowski, an die Griffe seines Periskops geklammert. »Arme Waretschka! Sie verträgt das Schüttern so schlecht.«
    »Dann hätte sie zu Hause bleiben sollen«, sagte Dauge böse. Sein rechtes Auge schwoll schnell an, er betastete es und schimpfte dabei lettisch vor sich hin. Er kauerte nicht mehr, er lag auf dem Fußboden und hatte die Beine gespreizt, um festeren Halt zu haben.
    Shilin hielt sich an der Ladekammer und an der Stellage fest. Ganz plötzlich sackte der Boden unter den Füßen weg, dann schnellte er mit einem Ruck, sodass die Fersen schmerzten, wieder empor. Dauge ächzte, Shilin knickte in den Knien ein. Heiser krächzte Bykow im Lautsprecher: »Bordingenieur Shilin, in die Steuerzentrale! Alle Passagiere in die Druckkammern!«
    Shilin trabte taumelnd zur Tür. Hinter ihm sagte Dauge: »Was denn – in die Druckkammern?«
    »Himmeldonnerwetter!«, fluchte Jurkowski.
    Metallisch klirrend rollte etwas über den Boden. Shilin stürmte auf den Korridor. Das Abenteuer hatte begonnen.
    Das Raumschiff schaukelte unaufhörlich wie ein Holzspan auf den Wellen. Shilin rannte durch den Korridor und dachte: Der ist vorbei, der ist auch an der Bordwand abgerutscht ... der auch ... Kein Volltreffer! – Da zerbarst etwas hinter ihm und fing an zu zischen und zu fauchen. Er warf sich rücklings gegen die Wand und drehte sich um. Im leeren Korridor ballte sich, zehn
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