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Kann denn Lüge Sünde sein? (German Edition)

Kann denn Lüge Sünde sein? (German Edition)

Titel: Kann denn Lüge Sünde sein? (German Edition)
Autoren: Mina Wolf
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meiner Schreckensstarre. Liebevoll blickte ich auf meinen Vierbeiner hinab, der mit treuherzigen braunen Augen nach dem Grund meiner Unaufmerksamkeit forschte.
    Ich nahm einen Schluck von meinem Kaffee, der inzwischen ziemlich kalt war, kippte ihn angewidert in den Ausguss und hoppelte dann eilig ins Badezimmer, um zu duschen, mich zu schminken und mich öffentlichkeitstauglich anzuziehen.
    Eine Stunde später nahm ich Caruso an die Leine, und wir verließen die Wohnung in Richtung Universität.
    Carusos Krallen klickten über den Flur, als er brav bei Fuß neben mir her zu den Aushängen trottete, welche die Prüfungsergebnisse der Studenten preisgaben. Ich hatte es schon immer gehasst, dass so persönliche Dinge wie Noten einfach publik gemacht wurden, immerhin war das Privatsache. Doch es ließ sich nicht ändern – so konnten nun alle, die sich dafür interessierten, meinen Untergang öffentlich mitkriegen.
    »Hey, Sie da! Sie können Ihren Hund hier nicht mit reinnehmen!«, brüllte mir eine Männerstimme hinterher und hallte von den Wänden der Universitätsflure wider.
    Ich drehte mich gar nicht erst um, sondern ging stur geradeaus.
    »Haben Sie nicht gehört? Tiere sind hier verboten!« Ein dicklicher Professor im grauen Strickpullunder hatte mich schnaufend eingeholt und versuchte verzweifelt, mit mir Schritt zu halten. Sein Gesicht war gerötet und verriet seine Aufregung.
    »Komisch, ich habe nirgends ein Schild gesehen«, antwortete ich knapp und bog mit Caruso rasch rechts in den Flur ein.
    »Aber in der Hausordnung …« Der ordnungsliebende Typ blieb mir dicht auf den Fersen. Fast wäre er mir in die Hacken gerannt, als ich abrupt vor dem schwarzen Brett zum Stehen kam. Nachdem er mit quietschenden Schuhsohlen wenige Millimeter hinter mir abgebremst hatte, stemmte er wütend die Hände in seine ausladenden Seiten. »… in der Hausordnung steht klar und deutlich, dass Haustiere jeglicher Art auf dem Gelände der Universität untersagt sind! Wenn Sie den Regeln dieses Hauses nicht entsprechen können, dann sind Sie vielleicht nicht geeignet für ein Studium dieses Niveaus!«
    Ich hörte seinen Ausführungen nur mit einem Ohr zu, denn gleichzeitig studierte ich angestrengt die Namenslisten meines Studiengangs. Mein Zeigefinger wanderte das Alphabet hinunter.
    »Sacher, Sandmann … Schäfer «, murmelte ich. Mein sorgsam manikürter Finger hatte meinen Nachnamen gefunden und fuhr dann die Zeile entlang nach rechts. Und da standen sie, die zwei kleinen Worte: Nicht bestanden . Ich schluckte und mein letzter Rest Hoffnung, den ich die ganzen Wochen über in mir genährt hatte, löste sich auf wie ein Tütchen Brausepulver in einem Glas Leitungswasser. Zisch und weg.
    »Ich muss Sie jetzt bitten, das Gelände zu verlassen! Und zwar augenblicklich!«, keifte der Professor neben mir und ich wartete darauf, dass er jede Sekunde vor Wut explodierte.
    »Wissen Sie was?« Ich drehte mich zu ihm um und reckte ihm kampfeslustig mein Kinn entgegen. »Das mache ich jetzt tatsächlich. Und zwar endgültig. Dann haben Sie hier Ihren spießigen Frieden und können anderen unschuldigen Studenten auf den Sack gehen! Komm, Caruso.« Ich machte auf dem Absatz kehrt und ging hoch erhobenen Hauptes den Gang hinunter. Dann warf ich noch einen Blick über meine Schulter zurück.
    »Und suchen Sie sich mal einen professionellen Outfit-Berater! Pullunder sind ja so was von out!«
    »Vicky!?« Als Jan mir nur eine halbe Stunde später schwungvoll die Tür öffnete und mich mit verschmierter Wimperntusche auf seiner Fußmatte stehen sah, weiteten sich seine Augen ungläubig. »Du bist viel zu früh!« Nervös warf er einen Blick über seine Schulter in das Innere der Wohnung, in der es laut klapperte. Dann wendete er sich wieder mir zu und musterte mich besorgt.
    »Ich weiß«, schniefte ich, und um meinen Kummer noch zusätzlich zu unterstreichen, gab Caruso neben mir einen jaulenden Laut von sich.
    »Komm erst mal rein.«
    Jan hielt mich vorsichtig am Arm und zog mich in die Wohnung. Er führte mich und Caruso schnell am Wohnzimmer vorbei und wollte uns in die Küche lotsen, doch als hinter der Tür ein lautes Scheppern erklang, schleuste er uns spontan weiter durch den Flur und öffnete schließlich die Tür ins WG-Arbeitszimmer. Dort setzte er mich auf einen Drehstuhl und sah ein wenig hilflos zu mir herunter.
    »Störe ich euch?«, schniefte ich.
    »Ach was, du störst doch nie!« Jans Stimme klang irgendwie nervös. »Aber
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