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Kanadische Traeume

Kanadische Traeume

Titel: Kanadische Traeume
Autoren: Quinn Wilder
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abholte. Er wollte Charity sehen. Jetzt, sofort! Warum war sie nicht mit zum Krankenhaus gekommen?
    Weil Sandra mitgekommen war. Matthew erinnerte sich, wie erstaunt und schockiert er gewesen war, als er bemerkt hatte, daß Sandra seine Hand hielt. Er hatte geglaubt, es wäre Charity.
    Sandra, dachte Matthew irritiert, als er die kurvige Oststrecke zum See hin fuhr. Sandra!
    Zuerst war er einfach von ihrer außergewöhnlichen Schönheit, ihrem Lachen, ihrem Charme bezaubert gewesen. Sie hatten eine heiße Romanze gehabt, und nach ein paar Monaten hatte Sandra begonnen, auf einen Verlobungsring anzuspielen.
    Warum nicht, hatte Matthew gedacht. Er hatte noch nie eine Frau gekannt, die ihn so verehrte, und schließlich war er auch nicht mehr der Jüngste.
    Erst nachdem er ihr den Ring gegeben hatte, kam es ihm so vor, als hätte Sandra monatelang eine Rolle gespielt, die ihr zu anstrengend geworden war.
    Mit wachsender Besorgnis bemerkte Matthew, daß Sandra ihn richtiggehend studierte, um sich in sein vermeintliches Wunschbild verwandeln zu können. Was fand er lustig? Was aß er gern? Welche Kleidung bevorzugte er? Was unternahm er am liebsten? Er kam sich wie unter der Lupe vor. Er wollte nicht der einzige Lebensgrund dieser Frau sein.
    Es wurde ihm klar, daß er Sandra nicht kannte. Ihre Aufmerksamkeit hatte ihm so geschmeichelt, daß er sich gar nicht bemüht hatte, sie richtig kennenzulernen. Er versuchte es nachzuholen. Was mochte sie? Was tat sie gern? Aber Sandra behauptete immer, sie wolle nur ihn glücklich machen und was ihm gefalle, gefalle auch ihr.
    Allmählich wurde ihm Miss Bamfields Aufmerksamkeit lästig. Sandra bemerkte die Veränderung in Matthews Beziehung zu ihr sofort, und die Fassade bröckelte noch mehr ab. Sandra wurde unheimlich eifersüchtig, beklagte sich, er liebe sie nicht, und drängte auf Heirat.
    Matthew zog sich immer mehr zurück, und Sandra wurde immer aufdringlicher. Sie erschien unerwartet in den Hotels, in denen er arbeitete. Sie verhörte ihn über Frauen, die sie in der Halle gesehen hatte, als kenne er jede persönlich. Sie überschüttete ihn mit teuren Geschenken.
    Matthew löste die Verlobung auf. Er war bestürzt, wie leicht er sich hatte täuschen lassen; bestürzt, daß er nicht vom ersten Augenblick an gewußt hatte, daß mit Sandra etwas nicht stimmte.
    Nachdem Matthew die Verlobung gelöst hatte, fing die Verrücktheit erst an. Sandra rief ihn zu jeder Tages-und Nachtzeit an. Manchmal schimpfte sie, manchmal weinte sie.
    Sie saß stundenlang in ihrem Auto vor seinem Haus, schickte ihm Briefe und Geschenke.
    Sandra tat ihm sehr leid, aber Matthew wußte nicht, wie er mit ihr umgehen sollte. Es war inzwischen leider nur zu klargeworden, daß ihre seelische Verfassung sehr prekär war, und Matthew wollte nicht dazu beitragen, daß sie womöglich unheilbar krank wurde.
    Die Probleme in Anpetuwi waren nicht so groß, daß eine Reise nach Kanada nötig gewesen wäre, aber Matthew war froh, mehrere tausend Meilen zwischen sich und Sandra zu bringen.
    Sein Selbstbewußtsein hatte auch zu leiden begonnen. Er fühlte sich irgendwie für Sandras Benehmen verantwortlich, dabei hatte er immer geglaubt, Menschen gut einschätzen zu können. Jetzt war er voller Zweifel.
    Dann tauchte Charity Marlowe auf. Er fühlte sich sofort zu ihr hingezogen, traute aber seinen Gefühlen nicht. Er suchte nach Zeichen, ob sein erster Eindruck nun auch wieder falsch wäre. Die Geschichte schien sich zu wiederholen.
    Erstens sah er Charity zum erstenmal, als sie ihn mit dem Fernglas beobachtete, etwas, das er einer mannstollen Frau wie Sandra durchaus zutraute. Zweitens war ihm sofort klar, daß sie keine Kellnerin war, genausowenig wie Sandra ein liebes, normales Mädchen war, das eine Familie gründen wollte.
    Die Ampeln standen für ihn auf Rot, was Miss Marlowe anging, trotzdem faszinierte sie ihn, zog ihn an, machte ihn wütend.
    Matthew hatte das Gefühl, er wäre auf derselben gefühlsmäßigen Achterbahn wie mit Sandra: von einer Gefühlsverwirrung in die andere.
    Zu allem Überfluß erschien dann auch noch Sandra. Er konnte es nicht fassen. Die Gefühle, die er in England um Sandras willen so vorsichtig in Schach gehalten hatte, kamen zum Ausbruch. Leider reagierte Sandra genau so, wie er befürchtet hatte. Sie brach zusammen. Sie weinte, riß sich Haare aus und drohte mit Selbstmord, falls er sie heimschickte.
    Er wollte nett sein und erlaubte Sandra zu bleiben. Er dachte, wenn er sie
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