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KALTHERZ

KALTHERZ

Titel: KALTHERZ
Autoren: Irmgard Schürgers
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kamen auf sie zu und umarmten Katja. „Machst du hier?“, begann Lena in i h rer Sing-Sang-Sprache, und Bärbel erzählte ihr gleichzeitig, was sie in der Werkstatt erlebt hatte, dass es Ärger mit ihren Kollegen g e geben hatte, und dass Herr Reimers dann geschimpft hatte, sie sollten sich vertragen. Katja wurde es warm, als sie se i nen Namen hörte.
    Neue Bewohner waren angekommen, darunter auch Selbe r mann. Sie ging auf ihn zu, begrüßte ihn und fragte, ob sie ihn in sein Zimmer begleiten dürfe. Selbe r mann nickte.
    „Du kennst mich noch, oder?“, begann sie vorsichtig, als Selbermann seine Jacke ausgezogen hatte und sich zu ihr an einen Tisch setzte.
    Selbermann nickte und begann, ihr etwas zu erzählen, was Katja jedoch nur bruchstückhaft verstand. Sie fragte ihn vorsichtig nach seinen Fotos. Selbermann lebte in se i ner eigenen Welt. Mit ihm konnte sie kein chron o logisches Gespräch führen wie mit Stefan. Sie musste versuchen, lan g sam an ihn heranzukommen. Er redete weiter:
     
    "Comeniusstraßenpflaster und Regen, der nicht doll regnen wollte, faul dafür war, um die Judith we g zuwischen. Die schwarze Decke wollte sich nicht beeilen in der Comeniusstraße, und die hat das Kalkkre i denbild trocken da liegen gelassen."
     
    Dann lächelte er sie an. Katja zog das unscharfe Foto aus der U-Bahn-Station aus der Tasche. Es war nur so eine Idee von ihr g e wesen, das Bild Stefan und Selbermann zu zeigen. Selbermann begann aufg e regt und rhythmisch mit seinem Oberkörper hin- und herzuschaukeln, immer bis nahe an ihr Gesicht heran, dann gestikulierte er wild mit den Händen herum und schaukelte unko n trolliert weiter.
    Katja wusste nicht, wie sie reagieren sollte. Sie fühlte sich seinem Gefühlsausbruch gegenüber völlig hilflos. Da r über hatte sie gar nicht bemerkt, dass Stefan Hartmann h e reingekommen war. Er stellte sich neben Selbermann und hielt ihn am Arm fest, was ihn ein wenig zu b e ruhigen schien. Dann starrte er auf das Foto.
    „Kennst du diesen Mann?“
    Stefan nickte. „Das ist Thomas. Er ist böse“, rief er mit erstickter Stimme.
    Selbermann schaukelte stärker.
    „Warum ist er böse, Stefan?“
    „Er war böse zu Lothar. Ich darf nichts sagen.“
    „Du darfst nichts sagen?“
    „Nein, dann ist er genauso böse zu uns.“
    „Wieso war er böse zu Lothar?“
    „Lothar hatte Angst und hat geweint. Er wollte a b hauen.“
    „Woher weißt du das?“
    Er zog einen zusammengefalteten Zettel aus seiner T a sche, den er schon lange herumtrug, so wie er aussah, und gab ihn Katja. Sie faltete den Zettel au s einander.
    ‚ICH HAU AB. ICH HALTE NICHT MEHR AUS’, stand da in ungelenken Buchstaben. Katja war e r schüttert. Lothar hatte weglaufen wo l len?
    „Weißt du, warum er abhauen wollte?“
    „Dürfen wir nicht sagen.“ Stefan blickte Hilfe suchend zu Selbermann, der sich aber wieder schaukelnd in seine Welt zurückgezogen hatte.
    „Du musst es mir sagen Stefan, damit wir euch helfen können. Wer hat Lothar etwas getan?“
    „Magnus“, brach es aus ihm heraus.
    „Magnus?“
    „Magnus und Thomas. Lothar hat geweint, aber Magnus hat g e schimpft.“
    „Wer ist Thomas?“, fragte Katja, aber Stefan reagierte nicht.
    „Sind die drei zusammen weggegangen?“
    Stefan nickte heftig.
    „Und du und Selbermann, ihr seid hinterhergegangen?“
    Stefan nickte wieder.
    „Und dann habt ihr die Fotos gemacht?“ Katja sah die Szene plötzlich vor sich. Stefan und Selbermann hatten L o thar helfen wollen. Dass sie dabei fotografiert hatten, weil sie eben alles und jedes fotografierten, wenn sie unte r wegs waren, war ihnen dann fast zum Verhängnis g e worden.
    „Und dann ist Thomas ganz böse geworden und hat g e sagt, er tut uns weh.“
    „Und die Fotoapparate hat er euch a b genommen?“
    Wieder nickte Stefan.
    Deshalb hatten sie nur Teile der von Stefan und Se l bermann gemachten Fotos auf Magnus Knabs Computer gefunden. Die, die sie zu dritt zeigten, waren gelöscht wo r den.
    „Wo sind eure Fotoappar a te jetzt?“
    „Die hat er uns dann wiedergegeben.“
    „Kannst du dich noch an die Nacht erinnern, als Lothar g e storben ist?“
    „Ja“, sagte er leise.
    „Am Abend vorher, ist Lothar da mit Magnus we g gegangen?“
    „Er wollte nicht. Aber dann ist der Thomas gekommen und hat ihn geholt.“
    „Wer ist Thomas?“, fragte Katja jetzt mit Nachdruck.
    „Wir mussten was trinken, dann ist dem Selbermann schlecht g e worden.“
    Sie hatten es also auch bei Selbermann
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