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Kaltes Gift

Kaltes Gift

Titel: Kaltes Gift
Autoren: Nigel McCrery
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Fragen?«
    »Fragen über ein paar Frauen, die sie vielleicht kennt.«
    »Vielleicht könnte ich Ihnen helfen. Daisy spricht zwar nicht
viel über ihre Freundinnen, aber vielleicht hat sie ja ihre Namen mal
erwähnt.«
    »Hat sie je eine Wendy Maltravers erwähnt?«
    »Nein.«
    »Violet Chambers?«
    »Ich glaube nicht. Übrigens – lassen Sie Ihren Kaffee
nicht kalt werden.«
    »Alice Connell, Rhona McIntyre, Deirdre Fincham, Kim
Stothard …?«
    »Daran würde ich mich ganz bestimmt erinnern, das sind ja sehr
besondere Namen.«
    Er setzte die Tasse an den Mund. Der Dampf kitzelte seine
Haut. Irgendetwas Scharfes, Würziges war darin. Seine Lippen fühlten
sich heiß und geschwollen an.
    Eunice Coleman beobachtete ihn unverwandt. Sie hatte von ihrem
Kaffee auch noch nichts getrunken.
    »Und was ist mit Madeline Poel?«, fragte er bedächtig und sah,
wie ihre Hand zuckte und Kaffee in ihren Schoß schwappte.

19
    D er plötzliche heiße Schwall auf ihrem Bein
versetzte ihr einen Schock und ließ sie erneut zusammenzucken. Die
Tasse landete scheppernd auf dem Teller. »Oje«, seufzte sie
automatisch, »›es steht viel auf der Kippe zwischen Tasse und Lippe‹,
wie es so schön heißt. Ich gehe und hole ein Geschirrhandtuch. Bin
gleich wieder da.«
    Sie stand auf, zögerte einen Moment, dann stellte sie Tasse
und Untertasse auf das Tablett und ging hinaus in die Küche. »Ich
glaube nicht, dass Daisy jemals eine Madeline Poel erwähnt hat«, rief
sie dabei dem Polizisten zu, der da in Eunices Wohnzimmer saß. »Nein,
ich glaube, die hat sie nie erwähnt. Waren sie Freundinnen?«
    In der Küche angelangt, stützte sie sich einen Augenblick auf
eine der Arbeitsplatten, bemüht, ihre Fassung wiederzugewinnen. Wer
immer dieser Mann von der Polizei war – und er kam ihr
merkwürdig bekannt vor, als wären sie sich schon einmal unter anderen
Umständen begegnet –, er wusste zu viel. Er kannte Namen, von
denen selbst Daisy glaubte, sie hätte sie vergessen.
    Einschließlich den von Madeline Poel.
    Während sie an sich herumwischte, ging sie im Geiste
fieberhaft alles durch, was er gesagt hatte, und suchte nach einer
Erklärung, wie er sie gefunden hatte. Die einzige Möglichkeit war, dass
er die Werbebroschüren für das Kunst- und Antiquitäten-Center in ihrer
Wohnung entdeckt hatte, und das bedeutete, dass sie keinen Zufluchtsort
mehr hatte. Ihr sicherer Hafen war ruiniert, kontaminiert. Sie konnte
nie wieder dorthin zurück. Das Einzige, was sie jetzt noch vor der
Verhaftung rettete, war, dass der Polizist sie für Eunice Coleman
hielt. Doch vielleicht war er sich auch nur nicht sicher, ob sie Eunice
war oder nicht, und wollte es herausfinden. Wie auch immer, sie musste
mitspielen und aus Eunices Haus verschwinden, sobald sie irgend konnte.
    Doch wohin sollte sie gehen? Selbst ihr besonderes Refugium
war jetzt verloren, ihr Garten mit den schönen Düften und Blumen. Sie
musste davon ausgehen, dass die Polizei Bescheid wusste, obwohl sie
sich beim besten Willen nicht vorstellen konnte, wie sie es
herausgefunden hatten. Und das hieß, sie hatten auch ihre kleine
Teeparty entdeckt.
    Alles verloren, alles dahin.
    Schwarze Verzweiflung drohte sie zu überwältigen. Sie lehnte
sich gegen den Kühlschrank, als ihre Beine unter ihr nachzugeben
drohten. Ihr Herz raste, und sie hörte ihren Atem in der Brust rasseln.
Das ganze komplexe Netz aus Konten bei Banken und Bausparkassen nützte
ihr jetzt nichts mehr. All das Geld, all die Sicherheit, all die
Identitäten – alles dahin, fortgespült von der Flut der
Ereignisse.
    Sie musste stark sein. Sie musste voranschreiten. Sie hatte ja
auch nicht erwarten können, dass ihr Glück ewig dauerte: ›Der Krug geht
so lange zum Brunnen, bis er bricht‹, hieß es nicht so? Sie hatte schon
einmal mit nichts angefangen; das konnte sie wieder tun. Sie würde den
Gürtel enger schnallen müssen, es würde eine Zeitlang schwer sein, doch
sie würde überleben. Schließlich folgt auf jeden Sturm Ruhe …
    Während sie die vertrauten alten Sprichwörter heraufbeschwor,
spürte Daisy, wie ihr Herz langsamer wurde und ihr Atem sich annähernd
normalisierte. Dieser Polizist würde nicht lange ein Problem sein: In
dem Moment, wo er ihren Namen erwähnt hatte – nun ja, Daisy
Wilsons Namen –, hatte sie gewusst, dass sie ihn dazu bringen
musste, ins Haus zu kommen und etwas von dem Kaffee zu trinken, den sie
so sorgfältig für Eunice aufgebrüht hatte. Mit einigem Glück würde er
ins
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