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Kaltes Gift

Kaltes Gift

Titel: Kaltes Gift
Autoren: Nigel McCrery
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Gebilde, wahrscheinlich
dieses Kunst- und Antiquitäten-Center selbst, und etwa hundert Meter
davon entfernt ein eindrucksvolles Bauernhaus aus rotem Backstein.
    Lapslie schaltete die Zündung aus und stieg aus dem Wagen. Der
Ventilator des Motors lief ein paar Sekunden weiter, störte die
ländliche Stille und verstummte dann. Die einzigen Geräusche waren das
Ticken des abkühlenden Motors und das Singen der Vögel.
    Eunice Coleman hatte es verdient, zu erfahren, dass sie in
Gefahr war, und sie wusste vielleicht, wo Madeline Poel – die
sich jetzt natürlich Daisy Wilson nannte – zu finden war.
Vielleicht war Daisy sogar selbst hier, und Lapslie konnte sich keine
Begleitumstände vorstellen, die ihn daran hindern konnten, sie ohne
Hilfe festzunehmen. Letzten Endes war sie schließlich nur eine alte
Frau.
    Er ging zu der Scheune hinüber. Jetzt, mitten am Nachmittag,
sollte das Kunst-Center laut dem Schild an der Tür eigentlich geöffnet
sein, doch es war geschlossen. Für alle Fälle klopfte er laut gegen die
Tür, spähte durch das verschmierte Glas, aber es war niemand da. Also
wandte er sich dem Haus zu.
    Lapslie läutete an der Tür und wartete. Gerade als er noch
einmal läuten wollte, ging sie auf. Eine Frau blickte ihn fragend an.
Sie trug eine Samtweste über einer Rüschenbluse und einen lilafarbenen
Rock mit fransenbesetztem Saum, der den Boden streifte.
    »Mrs. Coleman? Mrs. Eunice Coleman?«
    Sie nickte. »Genau die«, erwiderte sie. »Kann ich Ihnen
helfen?«
    Er wartete auf den Geschmack von Litschis, aber da war nichts,
allerhöchstens ein Hauch, doch das war vielleicht Einbildung. War dies
dieselbe Frau, die ihm im Vernehmungsraum in Broadmoor eine unsichtbare
Tasse Tee eingeschenkt hatte? Sie war gealtert, und ihr Haar war
anders. Möglich, dass sie es war, es konnte aber auch Eunice Coleman
sein. Er war nicht sicher.
    »Detective Inspector Lapslie«, sagte er. »Ich muss mit Ihnen
reden. Ich suche nach einer Frau namens Daisy Wilson.«
    Sie lächelte. »Daisy ist gerade nicht hier«, sagte sie. »Aber
ich glaube, Sie sollten lieber reinkommen. Ich habe gerade eine Kanne
Kaffee gemacht – möchten Sie einen?«
    Lapslie trat ins Haus. Schatten umhüllten ihn. Ein Geruch nach
Erbrochenem waberte durch die Diele, doch er wusste nicht, woher er
kam. Vielleicht lag Eunice oben im Sterben. Vielleicht war es aber auch
Eunice, die da vor ihm den Korridor entlangging. Er wusste es einfach
nicht.
    Sie führte ihn in einen vollgestopften Raum, in dem Sofas und
Sessel mit niedrigen Tischen und Kübelpflanzen um Platz kämpften.
»Bitte, machen Sie's sich bequem«, sagte sie. »Ich brauche bloß eine
Minute. Tut mir übrigens leid, dass ich ein bisschen verschlafen
bin – ich habe heute Nachmittag so ein merkwürdiges Nickerchen
gemacht.«
    Sie verschwand, in Richtung Küche, wie er vermutete. Er
horchte auf irgendwelche Bewegungen anderswo im Haus, doch es war
nichts zu hören. Noch immer war er sich nicht sicher, und er konnte es
sich nicht leisten, sich zu irren.
    Die Frau, die sich Eunice Coleman nannte, trat mit einer
Kaffeekanne und zwei Tassen auf einem Tablett wieder ins Zimmer. Sie
schien sich zu wundern, dass er immer noch aufrecht dastand. »Sie
machen mich nervös«, sagte sie, stellte das Tablett auf einen
Beistelltisch und deutete auf das Sofa. Er setzte sich, und während sie
zwei Tassen Kaffee eingoss, blickte er sich um. An den Wänden hingen
Bilder unterschiedlicher Art, ein paar waren Landschaften, andere
Porträts oder abstrakte Kunst, und sämtliche Sessel waren mit
gestickten Überwürfen bedeckt. Offensichtlich nahm Eunice ihre
Kunstobjekte mit nach Hause.
    »Milch?« Immer noch diese verdammte Unsicherheit. Schmeckte
ihre Stimme nun nach Litschis, oder hoffte er bloß zu sehr, dass sie es
täte?
    »Bitte.«
    »Zucker nehmen Sie sich ruhig selbst.« Sie stellte die Tasse
auf einen anderen Tisch in seiner Reichweite, dann setzte sie sich in
einen Armsessel, die eigene Tasse in der Hand. »Also, was kann ich für
Sie tun, Detective Chief Inspector Lapslie?«, fragte sie.
    »Es geht um Daisy Wilson …«, begann er und
beobachtete die Tasse in ihrer Hand.
    Sie zitterte nicht.
    »Springlebendig, das liebe Ding«, sagte sie. »Ja, sie hilft
mir in der Galerie aus. Ich glaube, sie ist gerade zur Apotheke
gegangen. Was wollten Sie denn von ihr?«
    »Ich muss ihr ein paar Fragen stellen.« Er hob die Tasse an
die Lippen, hielt jedoch inne und beobachtete ihr Gesicht.
    »Was denn für
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