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Kalter Schlaf - Roman

Kalter Schlaf - Roman

Titel: Kalter Schlaf - Roman
Autoren: A J Cross
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sie Kate stellen wollte. »Wie man hört, soll er lebenslänglich bekommen. Was heißt das wirklich? Bleibt er für immer … weggesperrt?«
    Kate antwortete wahrheitsgemäß: »Harry Creed ist gefährlich. Aber er besitzt trotzdem Menschenrechte. Seine Anwälte werden wahrscheinlich versuchen, ihn in einer geschlossenen Anstalt unterbringen zu lassen. Sollte das klappen, zieht er dort bestimmt eine Schau ab, manipuliert das System in seinem Sinn, meldet sich freiwillig für sämtliche Therapien und kann danach – falls er jemals entlassen wird – Menschen noch besser manipulieren als früher.« Sie verstummte, biss sich auf die Unterlippe. »Entschuldigen Sie, dass ich so pessimistisch rede, denn ich bezweifle aufrichtig, dass er jemals entlassen wird.«
    Dianne nickte. »Ich weiß Ihre Ehrlichkeit zu schätzen. Wie viel Leid er schon verursacht hat! Bevor die Ermittlungen abgeschlossen sind und wir das ganze Ausmaß seiner Verbrechen kennen, weiß wohl niemand, was er anderen Familien zugefügt haben mag.«
    Kate wusste, dass die Ausgrabungen draußen an der Umgehungsstraße fortgesetzt und ausgeweitet wurden. Auch im Park des alten Herrenhauses Winterton wurde gegraben. Wo konnte man Leichen besser verstecken als an einem Ort, an dem Tote legal begraben worden waren? Sobald die Suche abgeschlossen war, sollten Haus und Nebengebäude abgerissen werden.
    Dianne James lächelte Kate zu. »Ich glaube, da sucht jemand Sie.«
    Kate folgte ihrem Blick. Joe.
    In den letzten Tagen des Jahres waren die vier Kollegen wieder in der Rose Road zusammen. In dem Gebäude war seit zwei Tagen die Heizung ausgefallen, sodass es im KUF -Büro unangenehm kalt war. Der große Tisch stand voller deutlich gekennzeichneter Archivkartons. Gander hatte Whittaker abgestellt, der, mit Wollschal und fingerlosen Handschuhen angetan, unermüdlich mitgeholfen hatte, Dokumente zu sortieren und einzuordnen.
    Kate stand am Fenster und starrte über die hübschen kleinen Reihenhäuser auf der anderen Straßenseite. Alles wieder ruhig. Die Anwohner konnten wieder zu ihren Häusern fahren und ungestört parken, ohne dass Übertragungswagen die Straße verstopften. Was in diesem Raum als ein längst zu den Akten gelegter Fall begonnen hatte, war zu einem der größten Kriminalfälle Englands geworden – bestimmt zu dem größten, den die West Midlands Police jemals bearbeitet hatte. Die Oberen ermittelten in dieser Sache weiter. Erst gestern hatte Kate draußen an der Umgehungsstraße hellgelbe Bagger und Planierraupen arbeiten sehen.
    Sie hatte auch Creed gesehen. Vor einigen Wochen. Als der Richter ihn beim Haftprüfungstermin in Untersuchungshaft zurückgeschickt hatte. Dabei hatte sich gezeigt, dass Creed auf verminderte Zurechnungsfähigkeit plädieren würde. Jetzt wartete er im Gefängniskrankenhaus auf seinen Prozess. Irgendwann in den kommenden Monaten würde Kate als Zeugin darüber aussagen müssen, zu welch eiskalter Planung und herzloser Berechnung er fähig war.
    »Kate?« Als sie Joes Stimme hörte, wandte sie sich vom Fenster ab und trat an den Tisch. Die vier nahmen je einen Archivkarton mit und trugen ihn in den Keller hinunter – in die Abteilung für gelöste Fälle. Als der Tisch leer war, verließen sie den Raum und standen auf dem Korridor beieinander. Joe sah von einem zum anderen, als er die Tür zum Büro des Departments für ungeklärte Fälle schloss.
    Bis zum nächsten Mal.
    Er lag auf dem schmalen Bett und drückte auf seiner Fernbedienung den Knopf für aufgezeichnete Sendungen. Als Erstes erschien eine Liste. Er rief sofort eine bestimmte Sendung auf. Eine Reportage von Sky News. Er beobachtete, wie er in Sicht kam: Kopf und Oberkörper unter einer Wolldecke verborgen. Mit zusammengepressten Lippen sah er zu, wie er vom Häftlingstransportwagen zum Seiteneingang des Gerichtsgebäudes geführt wurde. Die Szene war schlecht ausgeleuchtet, das Kamerateam hatte auf der Straße gestanden.
    Plötzlich wechselte der Drehort zum Haupteingang desselben Gebäudes. Er schaltete die Zeitlupe ein. Da war sie in der hellen Wintersonne, auffällig in Kostüm und High Heels, als sie langsam von rechts nach links durchs Bild ging. Er spielte die Szene nochmals ab. Von rechts nach links. Wiederholung. Von rechts nach links. Er starrte ihr Gesicht an, bewunderte ihre schulterlangen dunkelroten Locken.
    Auf seinen Lippen lag ein Lächeln. Er wusste, dass alle aufgezeichneten Sendungen am Ende der Woche kontrolliert wurden. Diese eine
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