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Kalter Schlaf - Roman

Kalter Schlaf - Roman

Titel: Kalter Schlaf - Roman
Autoren: A J Cross
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abreißen. Die Wahrheit darunter enthüllen.« Kate betrachtete sein starres Gesicht und fuhr sanfter fort: »Er musste seine Mutter finden.«
    Ohne den Blick von ihm abzuwenden, tastete sie nach ihrem Notizbuch und zog etwas daraus hervor. Sie hielt es hoch, damit er es deutlich sehen konnte, und sagte: »Sag hallo zu Mami, Harry.«
    Daraufhin drehte er völlig durch. Von seinen Augen war fast nur noch das Weiße zu sehen, das Gesicht lief rot an, und er hatte Schaum vor dem Mund. Die zu Kates Schutz anwesenden Beamten griffen erschrocken ein und stürzten sich auf ihn. Irgendwo schrillte ein Alarm. Vier weitere Uniformierte stürzten sich ins Getümmel. Sie brauchten über eine Minute, um ihn hinauszuschleppen.
    Kate konnte ihn noch immer hören, aber sein schrilles Kreischen wurde allmählich leiser, als er in seine Zelle zurückgeschleift wurde. Sie blickte auf das vor ihr auf dem Tisch liegende Foto, studierte das kunstvoll gelockte, wasserstoffblonde Haar, das rundliche Gesicht mit zu viel Rouge, die stark geschminkten Augen, die vollen Lippen mit leicht herabgezogenen Mundwinkeln in glänzendem Rot erstrahlend, den säulenförmig dicken Hals, der aus einem Meer von Rüschen aufragte, die einen tiefen Ausschnitt einrahmten, an den die Frau einen kleinen Jungen gedrückt hielt. Unter der ordinär dicken Schicht Make-up und Rouge erkannte Kate auf dem Gesicht dieser Blondine etwas, das sie an Harry Creed als Erwachsenen erinnerte. Gier.
    Sichtlich erschrocken betrat Stirling den Raum und trat an den Tisch, an dem Kate saß. Er setzte sich auf die Tischkante, sah auf sie hinunter und fuhr sich geistesabwesend mit einer Hand übers Haar.
    »Alles in Ordnung, Kate?«
    »Mir geht es gut, Gus«, sagte sie ruhig.
    Er fuhr sich erneut übers Haar. »Welche Erklärung haben Sie für … so was?«
    Kate sah zu ihm auf. »Er hat den Drang, seine Mutter zu beherrschen und zu bestrafen.« Sie stand unbeholfen auf, und er legte eine Hand unter ihren Ellbogen, um mit ihr hinauszugehen. »Sie ist gestorben. Vor zwölf Jahren. Aber er sucht und entlarvt sie noch immer.«

76
    Kate hatte Krankenurlaub. Von beiden Jobs. Für den Rest des Monats. Ihr Bein heilte gut, und der Arzt, der die Wunde genäht hatte, versicherte ihr, die Narbe werde später kaum mehr sichtbar sein.
    Sie lag auf dem Sofa, der Kater zusammengerollt neben ihr. Die beiden sahen sich Inspector Morse an.
    Schritte polterten die Treppe herunter und durch die Diele, dann kam Maisie hereingestürmt.
    »Mom! Joe und Bernie sind draußen. Und Joe hat einen riesigen …«
    Kate sah lächelnd zu ihr hinüber. »Hausaufgaben fertig?« Maisie nickte.
    Unmittelbar nach Chelseys Rettung hatte Maisie wieder und wieder »Es tut mir leid, es tut mir leid« geschluchzt. Kate wusste, dass sie glaubte, an Chelseys Entführung schuld zu sein. Weil sie zugelassen hatte, dass ihre Freundin sich allein in Gefahr begab. Kate hatte ihr erklären müssen, dass es eine kluge Entscheidung gewesen war, nicht mitzufahren, und dass sie Chelsey unmöglich von ihrer falschen Entscheidung hätte abbringen können. Chelsey war jung und naiv genug gewesen, um auf Creeds raffinierte Anmache hereinzufallen, als er sich am Schuleingang herumgetrieben und sie angesprochen hatte. Aber das hatten auch junge Frauen getan, die älter und erfahrener gewesen waren als Chelsey, die bald wieder vollständig hergestellt sein würde. Maisies eigene Genesung war durch eine Karte von Chief Superintendent Gander beschleunigt worden, der ihr für ihre Mithilfe bei der Identifizierung des Täters gedankt hatte.
    Maisie kauerte vor Mugger und kraulte ihn zwischen den Ohren.
    »Du dumme Katze. In Zukunft darfst du’s nicht wieder mit dem Fuchs aufnehmen! So was tut man nicht!« Sie drohte ihm mit dem Finger, dann lachte sie und streichelte seinen Kopf. »Siehst du? Wieder eine Lektion, die du verpasst hast! Aber wenn du ganz brav bist, kann der Kragen morgen weg, sagt der Tierarzt.« Sie wandte sich Kate zu.
    »Mom?«
    »Hm …?«
    »Glaubst du, dass ihm noch was fehlt? Er hat ewig lange in Mrs. Hetheringtons Garten gelegen, bevor Bernie ihn gefunden hat. Vielleicht hat er psychologische Probleme.«
    »Mugger oder Bernie?«
    Maisie sah zu ihrer Mutter auf. »Können wir über Facebook reden, da du wieder normal zu sein scheinst?«
    Die Wohnzimmertür wurde geöffnet, und Phyllis steckte den Kopf herein. Sie hatte mit den Besuchern eine kurze Diskussion über Kates Gesundheitszustand geführt.
    »Die beiden sind da.
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