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Kalteis

Kalteis

Titel: Kalteis
Autoren: Andrea Maria Schenkel
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Wolnzach hätte sie dort gesehen. Soller soll die Gaststätte heißen und sie möchte auch dort nachsehen. Möchte nichts unversucht lassen. Ob ich wisse, wo die Gaststätte sei und ob ich schon einmal darin war. So bin ich mit ihr ins Tal zum Soller. Zuvor haben wir noch beim Metzgerbräu vorbeigeschaut. Auch dort hat die Mutter nach der Kathie gesucht. Sie aber nicht finden können, auch niemanden, der uns weiterhelfen hätte können.
    Auch beim Soller haben wir keinen angetroffen. Keiner hatte die Kathie gesehen.  Nun haben wir nicht mehr gewusst, wo wir noch nach der Kathie hätten suchen können und so sind wir in den Grünen Hof. Die Frau Hertl hatte dort ihr Gepäck eingestellt und dort haben wir nun auch den Kleiderkoffer ihrer Tochter, den wir die ganze Zeit mit uns mitgetragen haben, abgestellt. Auch den Schirm und die Handtasche haben wir dort gelassen. Danach sind wir zum Bahnhof. Die Frau Hertl meinte, der Bekannte aus Wolnzach hätte ihr noch gesagt, er hätte die Kathie am letzten Samstag auch noch auf dem Bahnhof gesehen. Jeden Zug, der aus Wolnzach gekommen sei, hätte sie abgewartet. Die Kathie müsse dort fast den ganzen Tag gewesen sein, da der Bekannte sie bei seiner Ankunft gesehen hat und später, als er wieder mit dem Zug nach Hause gefahren ist, sei sie immer noch dort gewesen. Auf dem Weg zum Bahnhof meinte die Hertl, sie muss noch ein paar Besorgungen machen, hier in München. Ob ich nicht mit ihr mitgehen könnte, da sie nicht alleine gehen, nicht alleine sein möchte. So bin ich mit ihr mitgegangen.
    Vom Bahnhof aus habe ich sie in die Paul-Heyse-Straße begleitet. Dort ist die Frau Hertl in ein Textilgeschäft gegangen. Hofmann ist der Name des Geschäftes. Stoffe einkaufen. Ich habe vor dem Geschäft auf sie gewartet. Nach ungefähr einer halben Stunde ist sie wieder zu mir auf die Straße gekommen und meinte, die Frau im Geschäft hätte ihr erzählt, die Kathie wäre hier gewesen und die Hofmann vermutete, die Kathie wäre bei einem Rechtsanwalt in Stellung getreten. Sie, die Frau Hofmann, hätte der Kathie selbst die Anschrift genannt, sei doch die Frau Rechtsanwalt eine gute Kundschaft von ihr. Ebenso sei sie sich sicher, dass es sich bei dem Mädchen um die Kathie gehandelt hätte. Würde doch die Familie Hertl schon seit Jahren bei ihnen die Stoffe einkaufen, und das Mädchen hat ja auch ihren Namen genannt. Hoffnung habe sie da geschöpft, und die Frau Hofmann wäre dann so nett gewesen, bei dem Anwalt anzurufen und nach der Kathie zu fragen. Aber die Kathie sei nie zu ihm hingegangen.  Ich bin mit der Frau Hertl dann noch zurück in den Grünen Hof. Wir haben die gekauften Stoffe hingebracht und  bei dem restlichen Gepäck eingestellt. Danach habe ich sie noch zur zuständigen Polizeidienststelle begleitet. Dort hat sie die Kathie dann als vermisst gemeldet.
    Mehr kann ich dazu nicht sagen. Ich habe alles berichtet, was mir im Gedächtnis geblieben ist.
    *
    Die Passantin wird später bei der Befragung durch die Polizei sagen, dass das Mädchen mit dem Rücken zum Gitter des Rondells stand. Es blickte in Richtung Sonnenstraße. Sie, die Frau selbst, stand an der Straßenbahnhaltestelle. Zuerst war ihr das Mädchen gar nicht aufgefallen. Erst als sie die Stimme des Mädchens hörte, wurde sie aufmerksam und blickte hinüber.
    »Ich bin erst seit acht Tagen in München.«
    Das Mädchen klein, ein wenig rundlich. 16, vielleicht auch 18 Jahre alt, es trug einen grünen Mantel. Den Mantel, ihn wird sie, die Passantin, später auf der Polizeidienststelle sofort wieder erkennen.
    »Ich gehe nicht mit. Ich möchte nicht.«
    Der Hut des Mädchens, eher eine Kappe, ließ das Gesicht ganz frei. Etwas Helles war um den Hut herum. Vielleicht ein Band. Die Passantin konnte es im Licht der Straßenlaterne nicht erkennen, stand das Paar doch außerhalb des Lichtkegels. Dass etwas Helles um das Gesicht des Mädchens war, dies würde sie später sagen können. Aber ob der gezeigte Hut auch der war, den das Mädchen getragen hatte, kann sie nicht mit letzter Sicherheit bestätigen.
    »Ich bin fremd. Ich kenn mich nirgends aus.«
    Der Mann beugte sich ein wenig zu dem Mädchen hinab, redete auf es ein, gedämpft, die Stimme unhörbar für die Umstehenden. Sein Reden nur erkennbar an der Art seiner Bewegung, seiner Körperhaltung.  Neugierig geworden, beobachtete die Passantin das Paar. Der Mann, 25 Jahre alt, vielleicht jünger. Später wird sie sagen: »Er war gekleidet wie ein Chauffeur,
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