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Kalte Haut

Kalte Haut

Titel: Kalte Haut
Autoren: Marcel Feige
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Blunt führte sie hinaus in den Garten zu einem Schuppen, der sich halb verborgen zwischen Sträuchern und Bäumen duckte. Drinnen richtete er seine Taschenlampe auf eine Kiste, deren Schlösser aufgebrochen worden waren. In dem matten Lichtschein konnten sie Messer, Skalpelle, Einweghandschuhe, Plastikplanen und eine Menge anderer medizinischer Utensilien erkennen. Noch eindeutiger aber war der Inhalt einer zweiten Box. Getrocknete Haut, sorgfältig zu einem Stapel aufgeschichtet.
    »Wir haben ihn.« Triumphierend marschierte King zurück zur Straße. Inzwischen war das Grundstück abgeriegelt worden. Die Betriebsamkeit der Beamten hatte nun auch die Nachbarn geweckt. In den Häusern brannte Licht, auf den Veranden herrschte reger Betrieb, und einige besonders Neugierige hatten sich bereits bis zur Absperrung vorgewagt. Das Blinken der Einsatzfahrzeuge warf gespenstische Schatten auf ihre von Sensationslust gezeichneten Gesichter.
    »Das war hervorragende Arbeit«, sagte King.
    »Ja«, antwortete Robert.
    Der Special Agent lehnte sich lässig an den rostigen Hydranten. »Ich wusste, dass Sie gut sind.«
    Robert wollte etwas erwidern, doch stattdessen drehte er sich noch einmal zu der rasch größer werdenden Menschenansammlung um. Etwas irritierte ihn. Noch ehe er weiter darüber nachdenken konnte, legte ihm King die Hand auf den Arm.
    »Deshalb habe ich Sie vom ersten Tag an unterstützt.«
    Robert zwang sich zu einem Lächeln. Gleichzeitig wuchs die Unruhe in ihm.
    »Auch in Washington hält man große Stücke auf Sie.«
    Robert überflog die Schaulustigen hinter der Absperrung.
    »Und nach der Sache heute …« King deutete zum Haus, aus dem die Psychologin gerade die schluchzende Ehefrau führte, »stehen Ihnen beim FBI alle Türen offen.«
    Es waren nicht die unverhohlen sensationslüsternen Blicke der Leute, die die Beklemmung in Robert Babicz erzeugten. Aber was dann?
    »Trotzdem wollen Sie zurück nach Deutschland?«, fragte King.
    Robert schnaufte schwer. Jetzt wusste er es. Jemand beobachtete ihn. Nicht das nächtliche Chaos wie die anderen –sondern ihn. Und zwar jemand, der nicht hierhergehörte.
    »Ihr Platz ist hier«, sagte King, während er Robert die Tür zur Limousine aufhielt.
    In dem Moment bog ein Transporter der Spurensicherung auf das Grundstück ein. Robert wich dem blendenden Licht der Scheinwerfer aus, wandte den Kopf zur Seite und zuckte vor der Gestalt zurück, die ihm aus dem verspiegelten Limousinenfenster entgegenstarrte. Herrje, das bist du selbst! Ihm war, als würde er in das Gesicht eines Fremden blicken.
    Robert schüttelte den Kopf. »Danke, aber ich habe den Kollegen in Deutschland meine Rückkehr bereits angekündigt. Es wird Zeit, dass ich heimkehre.«

Berliner Kurier, Donnerstag, 12. April
    Trotz Protesten: Innensenator hält an Forderungen fest
     
    »Wer sich nicht an unsere Regeln hält, ist fehl am Platz!«
     
    Von unserem Chefredakteur
Stanislaw Bodkema
     
    Berlin. Dr. Lothar Lahnstein (CDU), Innensenator der Stadt Berlin, hält trotz zahlreicher Proteste der Ausländerorganisationen an der Forderung nach härterem Vorgehen gegen kriminelle Ausländer fest.
     
    Mehr als 100 Ausländerorganisationen kritisieren die Forderungen des Berliner Politikers nach einem härteren Vorgehen gegen jugendliche Straftäter. Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Osman Alpzoman, wirft dem Senator vor, er schüre rassistische Ressentiments in der Gesellschaft.
    »Diese Politik sollte mit allen Mitteln verhindert werden«, erklärt Osman Alpzoman, Präsident des Aydinlar Kültür ve Dayanısma Dernegi in Berlin.
    Dr. Lothar Lahnstein unterdessen bleibt bei seinen Forderungen: Deutschland habe lange genug ein »seltsames soziologisches Verständnis« für Gruppen aufgebracht, die bewusst als ethnische Minderheiten Gewalt ausüben. Gegenüber dem Kurier bekräftigte der Senator gestern: »Wer sich als Ausländer nicht an unsere Regeln hält, ist hier fehl am Platz!«

1
    »Yanıltmaca! Ofsayt!« Das Geschrei in der Diele konnte einem Ohrenschmerzen bereiten. »Schwalbe! Abseits! Schwa…!«
    »Eldin!« Heftiger als beabsichtigt stieß Sera Muth das Kartoffelmesser durch die Sucuk. Die Klinge grub sich knirschend in das hölzerne Küchenbrett darunter. »Sei bitte nicht so stürmisch.«
    »Evet, Seray Teyze!« Eldin tobte mit noch mehr Radau durch den Korridor. »Ja, Tante Seray!«
    Es war nahezu unmöglich, eine Pfanne Melemem zuzubereiten und gleichzeitig einen
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