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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie
Autoren: Gwen Bristow
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Spielhäuser und Bars. Hatte man Geld genug, dann konnte man bei John Florence zu Mittag essen, am Broadway oder am Parkplatz. Oder man konnte im Park-Theater die bedeutendsten Stars der Welt bewundern. Huldigte man anderen Neigungen, konnte man sein Geld in einem der Spielhäuser riskieren oder sich an leichter Musik und hübschen Mädchen erfreuen. War man selbst ein hübsches Mädchen, fand man vielleicht Gefallen daran, die Ateliers berühmter Künstler zu besuchen und sein Gesicht auf Elfenbein malen und zierlich in Gold fassen zu lassen. Das Vergnügen würde hundert Dollar kosten, aber wenn man hübsch genug war, lohnte der Einsatz wohl. Schließlich gab es da noch Plumbe’s Galerie. Da konnte man seinen Kopf in einen eisernen Kasten stecken und erhielt wie durch Zauberei ein Bild seines Gesichts. Allerdings zeigten die auf diese Weise aufgenommenen Bilder fast alle einen sonderbar starren, erschrockenen Blick. Vielleicht kam das daher, daß man sich jedesmal, wenn man den Kopf in den eisernen Rahmen steckte, mit leichtem Schaudern fragte, was wohl geschehen würde, wenn der Kasten plötzlich Feuer finge. Freilich, die Feuergefahr war nicht groß. In der großen Kuppel oben auf City Hau stand ständig ein Mann, dessen Aufgabe es war, nach Feuer Ausschau zu halten. City Hall war ein fünfzig Fuß hoher Bau; von seiner Kuppel aus vermochte man über die ganze Stadt zu sehen. Erblickte der Wächter irgendwo in der Stadt Brandwolken, begann er eine Glocke zu läuten; die Anzahl der Glockenschläge ließ dann erkennen, wo das Feuer wütete; im gleichen Augenblick setzten sich auch schon die Fahrzeuge der Feuerwehr in Bewegung, um den Brand zu löschen.
    Rund um den Park brauste der Broadway. Sobald man Chambers Street überquert hatte, begann der Lärm nachzulassen. Hier befanden sich die großen Modehäuser der Stadt. Das größte und eleganteste von allen war das von Mr. Alexander Stewart. Ging man an Stewart’s Modehaus vorüber, vernahm man das leichte Trapp-Trapp edler Zuchtpferde und das Gewisper von Damenstimmen. In den von Kristall und Silber blitzenden großen Fenstern sah man kostbare Pelze, Samt-und Seidenstoffe und hauchdünne Tüllgewebe, die im Sonnenlicht wie Wasserfälle glitzerten. Je weiter man nun den Broadway hinaufging, um so ruhiger und vornehmer wurde er; er wandelte gleichsam mit jedem Schritt sein Wesen. Am Union Square vernahm man kaum noch einen Hauch des brausenden Lärms der unteren Stadt.
    Garnet hatte ihre Mutter bei Einkäufen auf dem Broadway begleitet, sie hatte Konzerte und Theatervorstellungen besucht, die für eine junge Dame schicklich erschienen, aber sie war sich klar darüber, nur einen winzigen Bruchteil der Wunderwelt New York kennengelernt zu haben. Sie hätte brennend gern einen Blick in die aufregenden Etablissements rund um City Hall getan und die Geheimnisse der dunklen Straßen ergründet, die von hier aus abgingen. Natürlich äußerte sie keinen dieser Wünsche. Ihre Eltern hätten bei einer Andeutung dieser Art zweifellos höchst erstaunte und indignierte Gesichter gemacht. Garnet war sicher, auch wenn sie einem der für sie ausgewählten Bewerber ihr Ja-Wort gegeben und geheiratet hätte, würde sie keine Chance haben, jemals das Innere eines Spielsaales oder eines fragwürdigen Theateretablissements zu erblicken. New York wimmelte von erregenden Geheimnissen, von denen angenommen wurde, daß sie eine junge Dame nicht interessierten. Augenscheinlich waren auch alle guterzogenen jungen Männer dieser Meinung. Sie setzten als selbstverständlich voraus, daß eine junge Dame an nichts anderem interessiert sei, als mit einem von ihnen vermählt zu werden. Nur ihre gute Erziehung hinderte Garnet daran, diesen vornehmen Nichtstuern zu erzählen, daß sie selbst einem so schwerreichen Manne wie Henry Trellen einen Korb gegeben habe.
    Von Juni bis zum Oktober hatte Garnet auf etwas gewartet, das sich ereignen und ihr Leben verändern möchte. Eines Tages im Oktober geschah es. Oliver Hale, ein unbekannter junger Mann, kam in die Stadt. Weder ihr Vater noch ihre Mutter wußten etwas von ihm. Und dennoch begann dieser junge Mann die glatte und unbewegte Oberfläche von Garnets Leben in heftige Schwingung zu versetzen.
    Sonderbar genug ging es zu. Merkwürdige Fügung: Ohne die skandalöse Mordaffäre, die im letzten Sommer von sich reden gemacht hatte, wären Garnet Cameron und Oliver Hale einander vermutlich nie begegnet.
    Die Mordgeschichte hatte sich im August
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