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Kali Darad - Königin der Arena (German Edition)

Kali Darad - Königin der Arena (German Edition)

Titel: Kali Darad - Königin der Arena (German Edition)
Autoren: Volker Martin
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weltlichen Besitz zu begaffen? Hatte er zu Lebzeiten nicht schon genug durchgemacht?
    Doch letztendlich siegte die Neugier.
    »Verzeih«, hauchte sie mit vor Anspannung trockenem Mund.
    Ihr Herz begann schneller zu schlagen, als sie die Kordel mit einer ihrer Klingen durchtrennte und den Anhänger behutsam unter den Rippen hervor zog, fast als fürchte sie, er könnte aus seinem ewig währenden Schlaf erwachen. Ein Kratzen von Metall auf Stein, dann hielt sie den handtellergroßen Anhänger in ihrer Hand, so grau wie der Marmor, auf dem er gelegen hatte. Und ihre Unterlippe begann zu beben. In die grob abgeschliffene goldene Medaille war ein Bild eingeritzt. Ein Bild, welches sie schon einmal gesehen hatte. Damals, auf dem Schicksalspass, als ihre Reise begonnen hatte. Es zeigte zwei stilisierte Harpyien, jede nur mit einem Flügel, die einander umarmten und auf diese Weise ein Wesen mit zwei Flügeln formten.
    Den Anhänger noch in der Hand erhob sich Kali Darad wieder und ging nun deutlich langsamer, als würde sie schlafwandeln, weiter auf die beiden Throne zu. Weitere Gebeine lagen auf den Stufen. Doch waren diese klein und zerbrechlich wie... Kinder! Dort auf den Stufen lagen die Knochen von kleinen Harpyienkindern, kaum dem Ei entschlüpft.
    Bestürzt sprang Kali Darad vor und kauerte sich über den Knochen nieder. Die Schädel dieser armen kleinen Wesen waren allesamt zertrümmert worden... Sie hob den Blick... Ein Nest... Zwischen den Thronen... Rauch... Feuer... Schreie...
    Vor ihr, auf den glänzenden Marmorstufen, die den Schein von Fackeln und Feuerschalen reflektierten, lagen drei Kinder. Zwei hatten die aschgrauen Federn ihrer Mutter, während das dritte – der Erbe des Einen und Einzigen - die laubgrünen Federn seines Vaters geerbt hatte. Blut floss ihnen aus Nase, Mund und Ohren. Sechs große runde Augen, die entsetzt, fast flehend zu ihr aufsahen, während sie sich langsam und flatternd, als würden sie gerade einschlafen, schlossen, um sich nie mehr zu öffnen.
    Die Erkenntnis traf Kali Darad wie der Hieb eines Titanen. Mit einem erstickten Schrei nahm sie die drei toten Kinder – ihre Kinder! - auf und drückte ihre leblosen Körper schützend an sich, derweil um sie herum das Chaos tobte. Menschen mit Waffen und Rüstungen hatten die mit einer schweren Statue verrammelte Tür aufgebrochen und richteten nun im Thronsaal, den letzten Unterschlupf der den wenigen verbliebenen Harpyien noch geblieben war, ein wahres Blutbad an. Ihre Kinder hatten sie vor ihren Augen an den Füßen gepackt und ihre Köpfe brutal auf den Stufen des Podestes zerschmettert. Immer wieder und wieder hatten sie ausgeholt und die armen kleinen Körper auf den harten Marmor hernieder sausen lassen, bis dieses abscheuliche Knirschen ertönt war. Ein schreckliches, durch Mark und Bein gehendes Geräusch, das immer wieder durch ihren Kopf hallte und bei jedem Mal lauter wurde, bis es ihre gesamte Wahrnehmung ausfüllte.
    Und sie war dazu verdammt gewesen, untätig zuzusehen. Sie hatte ihnen helfen, ihnen beistehen, ihr eigenes Leben für das ihrer Kinder verpfänden wollen, doch sie konnte es nicht. Dafür hatte ein fürchterlich harter Schlag mit einer Keule gegen ihren Kopf und unzählige Schläge und Tritte in ihren Leib gesorgt. So hatte sie nur völlig machtlos auf dem kalten Marmor gelegen und dabei zusehen müssen, wie ihre geliebten Kinder Sillrai, Niritami und Galliber auf grausamste Weise ermordet wurden.
    Völlig verzweifelt nach Hilfe für ihre Kinder suchend fiel ihr Blick auf eine männliche Harpyie mit laubgrünen Federn und einem prächtigen Federkamm, der in allen Farbnuancen von gelb bis rot leuchtete. Der Eine und Einzige. Die gute drei Schritt hohe Gestalt kämpfte wie ein rasender Berserker, schlug mit seinen scharfen Krallen um sich, öffnete Kehlen, zerfetzte Gesichter und riss mit seinen Fußkrallen Bäuche und Oberschenkel auf. Blut floss in Strömen und in das schrille Lied der sterbenden Harpyien mischte sich nun auch das tiefere Brüllen der verblutenden Menschen.
    Er verlangte den Angreifern einen erschreckend hohen Blutzoll ab, und dennoch kniete er wenig später, geschlagen und blutend, von drei Männern festgehalten, vor ihr am Fuße der Treppe.
    Ein vierter kam hinzu. Im Hintergrund hörte sie wie Nägel, begleitet von gequältem Wimmern, in Holz geschlagen wurden. Ein Rumpeln, ein Fluchen, ein grässliches Klatschen. Dann war es still. Der vierte Mann stellte sich so auf, dass sie ihn, ihren
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