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Kalendarium des Todes - Mord am Hellweg VI

Kalendarium des Todes - Mord am Hellweg VI

Titel: Kalendarium des Todes - Mord am Hellweg VI
Autoren: Grafit
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dass wir darüber fast den Jahreswechsel verschwitzen. Erst als die ersten Raketen den Himmel zerschießen und rings um uns herum das Geböllere losgeht, löst sich der Pulk wieder auf und auch die zwei Streithähne lassen voneinander ab. Der Rudi hockt sich erst mal auf einen der Bierkästen und ringt nach Luft.
    »Schön, gell?«, sag ich mit Blick in den Himmel.
    »Geht so«, sagt der Rudi und fummelt an seinem Anzug herum. Ich lass ihn mal lieber und geh ein paar Schritte abseits, damit er sich beruhigen kann. Das Feuerwerk ist klasse, die Stimmung der Hammer und an Lautstärke kaum zu überbieten. Am Ende fallen sich wildfremde Menschen in die Arme und das eine oder andere Pärchen knutscht sich inbrünstig ab. Was wohl meine Susi jetzt grad macht? Ob sie dem blöden Italiener sein lädiertes Händchen hält? Aber was geht mich das an? Schließlich amüsiere ich mich hier mit dem Birkenberger großartig. Wirklich. Die Stimmung ist kaum noch zu toppen.
    Nach dem ganzen Feuerwerkspektakel löst sich die Menschenmenge auf der Halde ziemlich schnell wieder auf und alle machen sich auf den Heimweg. Der Rudi Birkenberger hockt noch immer drüben auf seinem Bierkasten.
    Ich geh zu ihm hin. »Jetzt hab dich doch nicht so«, sag ich und hau ihm auf die Schulter. »War doch alles halb so wild.«
    »Der ganze Abend ist versaut«, sagt er in seinem typisch weibischen Tonfall. Schließlich aber steht er auf, geht ein paar Schritte und schnappt sich den Anorak vom Boden. Wir gehen gerade Richtung Auto und da seh ich den Schaschlik-Jürgen, der noch immer wie angenagelt in seiner alten Position dasitzt.
    »Mensch, Jürgen, das war doch echt wie aufm Kindergeburtstag. Jetzt hab dich doch nicht so«, ruf ich ihm zu. Aber nix. Keinerlei Reaktion. Anscheinend ist der tatsächlich noch mädchenhafter als der Rudi.
    Ich geh mal hin und leg den Arm um ihn. Dann schau ich ihn an. Sein Kopf hängt leicht vornüber und er hat die Augen offen.
    »Du, Rudi«, ruf ich. »Wenn ich’s nicht besser wüsste, dann tät ich meinen, der ist tot.«
    »Wie tot?«
    »Ja, tot halt. Tilt. Game over, quasi.«
    »So ein Quatsch. Fühl mal den Puls.«
    Und ich tu, wie mir geheißen.
    »Nicht vorhanden«, sag ich.
    »Red keinen Schmarrn. Ich hab den doch nicht umgebracht, verdammte Scheiße«, brüllt der Rudi jetzt.
    Ich lege den Jürgen ganz langsam zu Boden und betrachte ihn genau. Er hat ein Einschussloch auf Höhe der Brust. Unglaublich.
    »Er hat ein Einschussloch«, sag ich zum Rudi. Der kommt näher, um es mit eigenen Augen zu betrachten.
    »Verdammt«, knurrt er dann und tastet in den Innentaschen seines Anoraks.
    »Was ist los, Mann?«, frag ich.
    »Meine Waffe, verdammt!«, schreit er.
    »Du hast deine Waffe dabei? Auf einer privaten Silvesterfeier?«, frag ich und kann ein gewisses Entsetzen nicht ganz verbergen.
    »Natürlich hab ich meine Waffe dabei. Die hab ich immer dabei. Als Privatdetektiv kann das Private ganz schnell ins Geschäftliche abdriften«, plärrt er mich an.
    »Und was ist jetzt mit der Waffe? Ist sie weg, oder was?«
    Der Rudi schüttelt den Kopf. »Nein, weg ist sie nicht. Aber sie ist auch nicht da, wo sie hingehört. Innentasche links unten, das ist ihr Platz. Jetzt ist sie Innentasche links oben, verstehst du? Da muss jemand dran gewesen sein.«
    Scheiße! Ich muss nachdenken.
    »Wer wusste davon? Ich meine, wer hat mitbekommen, dass du ’ne Waffe mit dir rumschleppst?«
    Jetzt muss der Rudi nachdenken. Und er fängt an, auf und ab zu laufen.
    »Was ist jetzt, Mensch?«, frag ich nach.
    »Die Tussi von ihm, diese Gabi, die hab ich vorher auf dem Weg zum Klo getroffen.«
    »Weiter!«
    »Ja, keine Ahnung, da hat sie mir halt ein bisschen vorgejammert. Von ihrer Beziehung und so. Dass er ein echtes Schwein ist, dieser Jürgen. Dass er sie ständig bescheißt und ihr Geld durchbringt und wenn sie ihn verlassen will, dann schlägt er sie grün und blau. Lauter so Zeug halt.«
    »Weiter!«
    »Ja, Scheiße, Mann! Und da hab ich sie halt in den Arm genommen und ein bisschen getröstet. Und da hat sie mich dann eben gefragt, was da so Hartes in meiner Jacke ist«, fährt er fort, dieser Vollidiot.
    Ich muss nachdenken. Tausend Gedanken schwirren durchs Hirn. Vom Alkohol mag ich gar nicht erst reden.
    »Ich glaub mal, dass du ziemlich im Dreck steckst, Birkenberger. Der Typ ist aller Wahrscheinlichkeit nach mit deiner Waffe erschossen worden. Hunderte von Menschen haben zuvor euren Streit mitbekommen. Ziemlich miese Aussichten,
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